Holz ist ein wertvolles Gut – das zeigte nicht erst die Holzknappheit im Sommer 2201. Entsprechend sinnvoll wäre es doch, aus einem gefällten Baum das Maximum in der Verarbeitung herauszuholen. Ein Forscherteam um Charlett Wenig vom Max-Planck-Institut für Kolloid- und Grenzflächenforschung (MPIKG) hat untersucht, wie sich das Abfallprodukt Baumrinde zu einem neuen nutzbaren Produkt aufwerten lässt – und das ganz ohne Zugabe von Klebstoffen oder Harzen. Immerhin sei Baumrinde als Abfallprodukt der Holzwirtschaft in großen Mengen vorhanden, erklären die Forscher.
Glatte Fläche wie geschliffen
So funktioniert die Fertigung: Zunächst müsse die Rinde vom Stamm abgeschält und getrocknet werden. In den Versuchen seien die Innenseiten der Rinden mit einer hydraulischen Presse bei 90 Grad Celsius gepresst worden. Es seien die heimischen Baumarten Kiefer, Lärche, Birke und Eiche verwendet worden. Die entstandenen Rindenplatten zeigten nach dem Pressen eine glatte Oberfläche, die laut den Forschern geschliffenen Holzoberflächen vergleichbar sei. Auch die mechanischen Eigenschaften wurden an den Platten untersucht: Sie seien vergleichbar mit denen eines Regalbretts.
Die Festigkeit und Querzugfestigkeit der entstandenen Platten seien denen anderer Holzwerkstoffplatten wie Spanplatten ähnlich. Das Quellverhalten habe stark davon abgehangen, bei welcher relativen Luftfeuchtigkeit die Rinde vor der Verpressung gelagert wurde. Rohmaterial, das vor dem Heißpressen bei 65 Prozent relativer Luftfeuchtigkeit im Gleichgewicht gehalten wurde, habe in einer Umgebung von 80 Prozent eine höhere Dimensionsstabilität aufgewiesen (1 bis 4 Prozent statt 20 bis 30 Prozent).
Die Forscher haben die Rinde zudem in verschiedene 3D-Formen gepresst. Eichenrinde etwa ließe sich in Radien von 40 bis 50 Millimeter ohne sichtbare Beschädigung des Rohmaterials biegen. Die Weichholzrindenstücke von Lärche und Kiefer hätten sich zu stabilen 3D-Geometrien mit Radien von 20 bis 50 Millimeter formen lassen, allerdings unter Auftreten erheblicher Strukturschäden. Ein großer Vorteil des Verfahrens ohne Zusatzstoffe, aus dem reine Einkomponentenprodukte hervorgingen, liege darin, dass keine Trennung der Komponenten nach ihrer Lebenszeit erforderlich ist. Auch wenn die Struktur des Rohstoffs verändert wird, blieben die Grundbausteine gleich, was eine Weiterverarbeitung nach der Nutzung problemlos möglich mache.
Nutzung für Innenraum-Möbel denkbar
Die Rindenplatten und geformten 3D-Formen könnten laut den Forschern für Anwendungen ohne Wasserkontakt, etwa für den Innenraum verwendet werden. Die mit geschliffenen Holzoberflächen vergleichbare Oberflächenglätte der Platten ermögliche beispielsweise Anwendungen im Möbelbereich. Am Projekt beteiligt waren auch die Hochschule für Nachhaltige Entwicklung Eberswalde sowie die ETH Zürich.