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Vor Gericht: Wenn es um die Ehre geht

5 Tipps für stressfreie Bauprozesse

Wie behält man in einem Bauprozess einen kühlen Kopf? Gar nicht so einfach, wenn es nicht nur um Mängel und Geld geht, sondern auch noch um die Ehre. 5 Tipps für jeden Rechtsstreit.

Wer das erste Mal vor Gericht steht, mag kaum glauben, wie es da zugeht. Immer wieder erzählen uns Handwerker von ihren Erfahrungen. Die klingen meist ziemlich ähnlich:

Der Richter? Keine Ahnung von Technik, Kalkulation, kleinen Betrieben …

Der Gegner? Lügt, dass sich die Balken biegen.

Der gegnerische Anwalt? Blufft, provoziert, macht Druck …

Die Beweise? Werden in der Luft zerrissen oder gleich gegen Sie verwendet.

Die Zeugen? Notorisch unzuverlässig, ein Gedächtnis wie ein Sieb.

Der eigene Anwalt? Arbeitet der eigentlich für mich oder für die Gegenseite?

Da liegen auch die besten Nerven schnell blank. Zumal sich so ein Rechtsstreit oft über Jahre hinzieht. Als ob der Handwerker schön langsam auf kleiner Flamme weichgekocht werden soll.

Ist das immer so? Wir haben Rechtsanwalt Bernd Hinrichs gefragt, Fachanwalt für Baurecht aus Aurich. Hier seine Tipps – worauf Sie sich einstellen müssen und was Sie tun können!

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1. Verlassen Sie sich nicht auf Richter und Gutachter!

In größeren Gerichten gibt es spezialisierte Richter, berichtet Hinrichs. „Aber der Normalfall ist das nicht.“ Oft müsse ein Richter sich nicht nur mit Bauprozessen beschäftigen, sondern auch mit Verkehrsunfällen, Erbstreitigkeiten, ärztlichen Kunstfehlern usw. „Das ist für so einen Richter unmöglich, da verlässt er sich auf den Gutachter – obwohl die Gutachten nicht immer hilfreich sind.“

Hinrichs Tipp: Suchen Sie sich einen kompetenten Anwalt. Für viele Rechtsgebiete gibt es Fachanwälte. Sie müssen auf ihrem Gebiet Prüfungen ablegen und sich ständig fortbilden. Damit sind diese Experten den meisten Richtern ein gutes Stück voraus und können auch mit Gutachten entsprechend umgehen.

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2. Verlassen Sie sich nicht auf Absprachen und Zeugen!

Mündliche Absprachen mit Kunden taugen nicht als Beweise. Zeugen leider auch nicht. „Zeugen sind das unzuverlässigste Beweismittel überhaupt. Wer sich auf Zeugen verlassen muss, hat schon fast verloren“, berichtet Hinrichs. „Da erlebt man die tollsten Sachen. In der Vorbesprechung sprudeln die Infos und im Gerichtssaal ist das wie weggeblasen. Die verwechseln ganze Baustellen und können sich oft an nichts mehr richtig erinnern.“

Hinrichs Tipp: Machen Sie mit Kunden alles schriftlich – nur das zählt vor Gericht. Führen Sie außerdem ein privates Bautagebuch. „Da muss man keine Romane schreiben. Stichworte, Termine und bei Bedarf eine Skizze, das genügt.“ So ein Bautagebuch ist zwar kein knallhartes Beweismittel, doch es erhöht die Glaubwürdigkeit enorm, wenn sich ein Handwerker nicht alleine auf sein Gedächtnis verlassen muss. „Gerichte honorieren das“, sagt Hinrichs.

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3. Nehmen Sie nichts persönlich!

Wenn es um Mängel geht, steht automatisch die handwerkliche Kompetenz auf dem Prüfstand. „Die ersten zwei oder drei Schriftsätze vom gegnerischen Anwalt, die erträgt man vielleicht noch – aber irgendwann fühlt man sich wie ein mieser Betrüger.“

Noch schlimmer wird es, wenn es um private Bauvorhaben geht: „Dann kommen oft noch persönliche Kommentare vom Bauherrn hinzu. Dann wird es richtig unangenehm.“ Das gilt ganz besonders, wenn der Gegner im Recht ist. „Das trifft ins Mark.“

Hinrichs Tipp: Nehmen Sie es nicht persönlich. Fehler kommen in den besten Betrieben vor. Und was der Bauherr persönlich denkt, ist völlig egal – das Gericht entscheidet. „Das muss man als Unternehmer durchstehen und den Blick aufs Ganze behalten. Wenn man das nicht kann, sollte man den Betrieb vielleicht lieber einstellen.“

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4. Überlassen Sie den Fall nicht Ihrem Anwalt!

Rechtsstreitigkeiten sind Sache des Anwalts? So einfach ist das nicht, warnt Hinrichs. „Es reicht nicht, dem Anwalt einen Waschkorb voll Unterlagen in die Hand zu drücken und dann auf das Urteil zu warten.“ Das sei zwar sehr verbreitet, „aber das geht immer schief“.

Hinrichs Tipp: Der Handwerker muss sich mit dem Rechtsanwalt durch den Fall arbeiten. Auch durch die Gutachten, um Fehler zu entdecken. Das alles kostet viel Zeit und Geld. „Aber ein Prozess kann nur zu einem guten Ende kommen, wenn der Handwerker ständig mitarbeitet.“

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5. Prozesse dauern ewig – und lassen sich oft vermeiden!

Wie lange dauert ein Bauprozess? „Nicht unter ein bis zwei Jahren – und länger“, sagt Hinrichs. Je mehr Parteien und Gutachter im Spiel sind, desto länger. Geht es um Mängel und offene Rechnungen, dann belastet das die Liquidität. „Mit dem Geld kann man bis zum Urteil nicht arbeiten. Und wenn man am Ende mehr als 50 Prozent seiner Forderung bekommt, ist das gar nicht so schlecht.“

Hinrichs Tipp: Tun Sie alles, um ein Verfahren zu vermeiden. Versuchen Sie lieber, möglichst schnell eine Einigung herbeizuführen – lassen Sie gar nicht erst die Anwälte ins Spiel kommen. „Um den Aufwand zu vermeiden, sollte man auch leicht über die persönliche Schmerzgrenze hinausgehen.“ Denn je länger sich ein Verfahren hinzieht, desto kritischer wird der Bauherr. „Hier in Ostfriesland gibt es ein Sprichwort: Der erste Schaden ist der beste Schaden. Das heißt: Beseitige einen Schaden sofort, bevor er immer größer wird.“


 

(jw)

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