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Kündigung langjähriger Mitarbeiter

Abfindung: So beugen Sie bösen Überraschungen vor

Sie wollen einen Mitarbeiter kündigen, der schon jahrelang für Ihren Betrieb arbeitet? Hört sich leicht an. Aber in der Praxis sollten Sie einige Punkte beachten, damit Sie nicht in der Abfindungs-Falle landen.

Nach der Kündigung gibt es nicht selten Streit zwischen Chef und Mitarbeiter – im Mittelpunkt steht oft das Thema Abfindung. So auch im Fall des Zahntechnikers (wir berichteten).

Um das zu verhindern, sollten Chefs vorher arbeitsrechtlich „abklopfen lassen“, wie es rund um die Kündigung aussieht, sagt Dr. Nathalie Oberthür, Fachanwältin für Arbeitsrecht in Köln. Denn nicht immer ist für den Chef eine Kündigung gleichzeitig auch eine Erleichterung.

Auf den Kündigungsgrund kommt es an
Haben Sie einen „guten“ Kündigungsgrund, sind Sie auf der sicheren Seite. Aber klagefeste Kündigungsgründe sind selten. Betriebsbedingte Kündigungen wegen des Abbaus von Arbeitsplätzen beispielsweise bieten – richtig vorbereitet - wenig Auslegungsspielraum vor Gericht. Der Arbeitgeber hat inbesondere bei Betriebsschließung eine gute Begründung für die Kündigung von Personal und muss in der Regel keine Abfindung zahlen.

Ausnahme sind hier Betriebe, die einen Betriebsrat haben. Doch das sei im Handwerk selten der Fall, berichtet Oberthür.

Wer Anspruch auf eine Abfindung hat, lesen Sie auf der nächsten Seite.

Generell: Keiner hat Anspruch auf Abfindung


„Generell besteht bei einer Kündigung kein Anspruch auf Abfindung“, sagt sie. Nur eine kleine Ausnahme gebe es: Wenn dem Mitarbeiter die weitere Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar sei. Doch die Voraussetzungen für diese Rechtsprechung werden laut Oberthür nur selten erfüllt.

98 Prozent der Fälle, in denen es um Abfindung geht, seien deshalb reine Verhandlungssache. Das Gericht entscheidet nur über die Wirksamkeit der Kündigung, nicht über eine Abfindung. Diese wird dennoch in vielen Fällen gezahlt, wenn der Arbeitgeber damit rechnen muss, dass der Mitarbeiter anderenfalls auf Weiterbeschäftigung klagt.

Verhaltensbedingte Kündigung
Kündigen Sie einem Mitarbeiter personen- oder verhaltensbedingt, wird eine Abfindungszahlung wegen des hohen Prozessrisikos mitunter sinnvoll sein. „Denn bei der Bewertung des Kündigungsgrundes kommen soziale Faktoren hinzu wie Alter, Betriebszugehörigkeit, Familienstatus, Anzahl der Kinder … Das Gericht hat einen Wertungsspielraum und nutzt ihn oft aus“, sagt Oberthür.

Ausnahme: Bei sehr gravierenden Verhaltensgründen, die eine Kündigung zur Folge haben, werden Sie in der Regel nicht zahlen müssen. Das betrifft beispielsweise Diebstahl, Beleidigung des Chefs oder Straftaten, die zulasten des Arbeitgebers gehen.

Änderungskündigung
Auch bei einer Änderungskündigung sind Sie nicht von der Zahlung einer Abfindung befreit. Der Mitarbeiter hat die Chance, die Änderung abzulehnen oder unter Vorbehalt anzunehmen und sie rechtlich zu prüfen. Verliert der Mitarbeiter, muss er den neuen Vertrag annehmen. Gewinnt er, müssen Sie ihn zu den bisherigen Konditionen behalten. Und lehnt er ab und bekommt Recht, kann es sein, dass Sie eine Abfindung zahlen müssen, wenn Sie an der Kündigung festhalten wollen.

Nächste Seite: Mit diesen Summen müssen Sie rechnen.

Regelsatz ist das Minimum


Wie die Abfindung vor Gericht berechnet wird, hängt von mehreren Faktoren ab, weiß Oberthür. Haben Sie keinen niet- und nagelfesten Kündigungsgrund, wird das Gericht Ihnen vorschlagen, den so genannten Regelsatz zu zahlen.

Beispiel: Ein Mitarbeiter war 20 Jahre in Vollzeit bei Ihnen beschäftigt und hat 2500 Euro brutto im Monat verdient. Der Regelsatz besagt, dass Sie ein halbes Bruttogehalt pro Jahr der Betriebszugehörigkeit zahlen müssen. In diesem Fall stünden dem Mitarbeiter 1250 Euro mal 20 (Jahre) Abfindung zu – also 25.000 Euro.

Die Höhe der Abfindung sei jedoch letztlich Verhandlungssache. Wurde beispielweise eine nicht haltbare Kündigung ausgesprochen, kann der Anwalt des Mitarbeiters bei mehr als dem Regelsatz ansetzen und Sie müssten um einiges mehr zahlen. Umgekehrt kann die Abfindungshöhe bei guter Verhandlung auf Arbeitgeberseite auch deutlich niedriger ausfallen.

Nach Alternativen zur Kündigung suchen
Wenn Sie jemanden „loswerden“ wollen, gibt es, einigen Experten zufolge, auch andere Wege. Sie können dem Mitarbeiter „das Leben schwer machen“, indem Sie ihn versetzen – beispielsweise in ein anderes Büro oder an einen anderen Standort. Oder Sie geben ihm andere Aufgaben, die er nicht mag. Damit erwecken Sie das Gefühl, dass das Arbeitsverhältnis keine Zukunft hat. Im günstigsten Fall kündigt der Mitarbeiter, aber dann muss die Situation wirklich unerträglich für ihn sein.

Suchen Sie auch nach Fehlern in seiner Arbeit, die einen guten Kündigungsgrund bieten. Bei Mitarbeitern im Außendienst schauen Sie genau auf die Spesenabrechnung oder finden andere Fehler, wenn er Sie macht. Und haben dann einen guten Kündigungsgrund.

Klappt das nicht, können Sie ihm Geld anbieten, damit er geht und lassen sich schriftlich das Einverständnis geben. Dann sind Sie später auf der sicheren Seite.

Nächste Seite: So sichern Sie sich vor der Kündigung rechtlich ab.

Holen Sie sich rechtlichen Rat!


Da gerade in kleinen Betrieben Personalentscheidungen nicht immer aus arbeitsrechtlicher Perspektive betrachtet werden, rät die Expertin dazu, sich vor dem Aussprechen einer Kündigung rechtlichen Rat zu holen.

Bereiten Sie die Kündigung gut vor
Nur wenn Sie einen rechtlich sicheren Kündigungsgrund haben, können Sie auf Nummer sicher gehen, dass Sie nichts zahlen müssen, sagt Oberthür. Mehr können Sie eigentlich nicht machen – vertraglich jedenfalls nicht.

Fachanwälte aus der Region konsultieren
Rechtsberatung kostet Geld. Doch ein verlorener Prozess kostet ein Vielfaches mehr. Deshalb sollten Sie bei heiklen Personalentscheidungen immer einen Fachanwalt aus der Region aufsuchen. „Er kennt sich mit der Rechtsprechung am jeweiligen Gericht aus und hat Erfahrung“, sagt Roman Sommer, Rechtsanwalt in der rls Kanzlei in Dresden. Da in jedem Bundesland vor Gericht anders entschieden wird, sei der regionale Bezug besonders wichtig.

Beratung auch für ein „klagefestes“ Zeugnis einholen
Werden Sie verpflichtet, wie in unserem Beispiel, ein Zeugnis für einen entlassenen Mitarbeiter zu verfassen, holen Sie sich auch hier Rat. Denn Sie müssen nichts schreiben, das nicht auf die Person zutrifft.

„Das Zeugnis muss „wohlwollend“ sein“, sagt Roman Sommer. Das bedeutet: Sie können genau das schreiben, was Sie fachlich von der Person halten. Sie müssen es von Experten nur sprachlich dementsprechend verpacken lassen“, sagt er.


(ja)




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