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Abgezockt vom eigenen Nachfolger!

Ein netter Kerl schien der Nachfolger und so engagiert - zuversichtlich übergab Gerd B. (65) seinen Betrieb an den jungen Mann. Ein Jahr danach wartet B. immer noch auf sein Geld, während der Betrieb langsam verkommt.

von Jörg Wiebking

Wütende Kunden, Briefwechsel mit dem Rechtsanwalt und ein dickes Loch auf dem Konto - so hatte sich Gerd B. (Name von der Redaktion geändert) seinen Ruhestand eigentlich nicht vorgestellt. Dabei ist sich der Handwerksmeister nicht einmal sicher, was ihn mehr stört: dass er mit ansehen muss, wie sein früheres Unternehmen langsam den Bach runter geht oder dass ihm sein Nachfolger noch immer gut 20 Prozent des Kaufpreises schuldet. Dabei sah anfangs alles so gut aus, "der Käufer war voller Elan, man konnte sehen, dass er arbeiten wollte", berichtet B. Nur mit der Finanzierung hatte der junge Mann Probleme, darum war B. bereit, ihn einen Teil des Kaufpreises ratenweise abbezahlen zu lassen. "Die ersten Raten hat er noch gezahlt, doch seit einem Jahr kommt hier nichts mehr an." Dafür rufen den Rentner nun seine ehemaligen Kunden an und klagen über den Pfusch des Nachfolgers. "Und von außen verkommt die Werkstatt auch." Auf seine Anrufe reagiert der Käufer nicht, ebenso wenig auf Briefe vom B.s Rechtsanwalt. Dennoch will Rentner lieber nicht vor Gericht: "Dann habe ich am Ende noch die Anwaltskosten und weiß nicht mal, ob überhaupt etwas zu holen ist."

Ob Gerd B. ohne das Darlehen für seinen Käufer besser gefahren wäre? "Häufig scheitern Übergaben an der Finanzierung, weil die Nachfolger kaum Eigenkapital und keinen Zugang zu Krediten haben", berichtet Eckhard Sudmeyer von der Handwerkskammer Braunschweig. Oft bleibe dem Inhaber nichts anders übrig, als einen Teil des Kaufpreises als Darlehen zu gewähren, weil manche Banken dem Käufer nur dann einen Kredit gewähren.

So schützen Sie sich
Um so wichtiger ist es, sich gut abzusichern, rät Rechtsanwalt Rembert Brieske aus Bremen:

Bürgschaft: Lassen Sie sich eine Bürgschaft geben, rät Brieske, entweder von der Bank des Käufers oder von einem zahlungsfähigen Dritten, "aber bitte nicht von einem vermögenslosen Angehörigen".

Unterwerfungsklausel: Nehmen Sie in den Kaufvertrag eine sogenannte Unterwerfungsklausel auf und lassen Sie das Ganze notariell beurkunden. Damit unterwirft sich der Käufer automatisch einer Zwangsvollstreckung, wenn der Betrag fällig ist. "Dann genügt es, dem Käufer diese Urkunde vom Gerichtsvollzieher zustellen zu lassen, um vollstrecken zu können. Das spart den langen Rechtsweg und man weiß schneller, wie es um den anderen steht", sagt Brieske.

Endstation Rechtsstreit
Wer auf solche Vorsichtsmaßnahmen verzichtet, dem bleiben später nur unangenehmere Lösungen. Will sich der Verkäufer von dem Vertrag lösen, dann sei zu klären, in welchem Zustand sich das Unternehmen befindet und was sich das auf einen möglichen Schadensersatz auswirkt, sagt Brieske. Ganz zu schweigen von der zu erwartenden Gegenwehr des Käufers: "Häufig behaupten Käufer, dass sie über den Zustand des Unternehmens getäuscht wurden, um Rückforderungen zu kontern."

Andernfalls bleibt noch der Rechtsweg: "Aber wer weiß, wie lange der dauert und was dabei übrigbleibt", warnt der Rechtsanwalt. Schließlich drohe am Ende die Insolvenz des Käufers, dann stehe der Verkäufer plötzlich in einer Reihe mit anderen Gläubigern. Oder sogar am Ende der Schlange:, denn wenn es sich um eine GmbH handele, könne ein Verkäuferkredit als Eigenkapital ersetzendes Darlehen gelten, berichtet Brieske. "Dann wäre sogar noch zu klären, ob nicht alle anderen Gläubiger vor dem Verkäufer zu bedienen sind."

Käufer auf Herz und Nieren prüfen

Wer einen Käufer für sein Unternehmen sucht und ihm ein Darlehen gewähren will, sollte den Kandidaten genau prüfen, rät Eckhardt Sudmeyer von der Handwerkskammer Braunschweig:

Bonität: Dass ein Existenzgründer über wenig oder kein Eigenkapital verfügt, ist nicht ungewöhnlich, bedeutet jedoch ein Risiko. Einen ersten Bonitäts-Check können Sie bei den einschlägigen Wirtschaftsauskunfteien wie der Schufa oder mittels Bankauskunft bekommen. Würde die Bank dem Käufer für die Übernahme ein Darlehen gewähren, wenn Sie selbst ein Verkäuferdarlehen einräumen, so spricht das zumindest für eine gewisse Mindestbonität des Käufers.

Qualifikation: Prüfen Sie die Eignung des Käufers: Ist er fachlich qualifiziert und bringt er die richtigen Eigenschaften mit, um die Wünsche Ihrer Kunden zu erfüllen und Ihre Mitarbeiter erfolgreich zu führen? Hat der Nachfolger entsprechende Erfahrungen, ist er wirklich ein Unternehmertyp, oder sucht er nur aus der Not heraus die Selbstständigkeit? Der Neue sollte auch kaufmännisch fit sein, denn davon hängt ebenso ab, ob er Ihr Darlehen später abbezahlen kann.

Umfeld: Überzeugen Sie sich davon, dass auch das persönliche Umfeld Ihres Nachfolgers stimmt: Wissen seine Partner und die Kinder, was auf sie zukommt und unterstützen sie den Gründer in seiner Entscheidung? Denn auf diesen Rückhalt ist er besonders in den ersten Jahren angewiesen.

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