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Nach heimlichen Besuchen

Achtung: Verbraucherschützer mahnen Betriebe ab

Wenn Betriebe ihre Leistungen nicht exakt auszeichnen, droht eine Abmahnung. Nein, das ist kein Scherz: Verbraucherzentralen fordern pauschale Preise für individuelle Arbeiten.

Die Verbraucherzentrale Hamburg hat seit Dezember 2009 zahlreiche Betriebe mit Einheitsschreiben abgemahnt. Grund: Sie hätten keine Preislisten für ihre wesentlichen Leistungen in ihren Schaufenstern aufgestellt oder anderweitig veröffentlicht. Darin sehen die Verbraucherschützer Verstöße gegen die Preisangabenverordnung (PAngV). Für jede Abmahnung sollten die Adressaten rund 160 Euro zahlen. Dazu verlangte die Verbraucherzentrale die Einwilligung in eine Vertragsstrafe bei künftigen Verstößen. Abgemahnt wurden Betriebe wie Friseure, Schneider, Bestatter, Tätowierer und Steinmetze.

Einer von ihnen ist Arnold Meinecke. „Haarverlängerungen haben einen individuell, nach Haarlänge, -qualität und -menge variierenden Preis", sagt der Seniorchef der Meinecke Friseurbetriebs GmbH. Die Preisspanne dafür liege zwischen 50 und 2500 Euro. „Wie ich die Haarverlängerungen auszeichnen soll, konnte mir die Verbraucherzentrale auch nicht sagen.“ Was ihn ärgert: Die Verbraucherzentrale sucht nicht das persönliche Gespräch gerade mit Inhabern kleiner Betriebe, sondern mahnt nach zwei heimlichen Besuchen vor Ort ab. „Eine Unverschämtheit.“

Dass Verbraucherschützer Handwerkern geradezu böse Absichten unterstellen, lesen Sie auf Seite 2.

Pauschalpreis nach Kfz-Unfall?

Weil Meinecke die Unterwerfungserklärung nicht unterschrieben hat, verklagte die Verbraucherzentrale den Unternehmer – und scheiterte in der ersten Instanz, dem Landgericht Hamburg (Az. 315 O 322/10). Doch sie hat Berufung eingelegt, ein Sachverständiger ist eingeschaltet. Auch in einigen weiteren Prozessen ist die Verbraucherzentrale unterlegen. Eine Sammelklage gegen mehrere Bestatter läuft noch.

„Die Herausforderung ist, die Gerichte für die Fragestellung zu sensibilisieren“, sagt der Justiziar der Handwerkskammer Hamburg Dietmar Buchholz. Die Justiz arbeite vorrangig mit Kommentarliteratur und dort stehe zur Anwendbarkeit der PAngV auf das Handwerk nur: „Beim Handwerk wird es schwierig.“

Dass das zu kurz gegriffen ist und auch bisher vernachlässigte Paragrafen der PAngV Beachtung verdienen, zeigt ein Aufsatz des Juristen Hans Joachim Widmann. Dort wird erstmals die Sonderstellung eines nicht unbedeutenden Teils der Gewerke herausgearbeitet. Diese Erkenntnis dringe allmählich auch an die Gerichte vor, beobachtet Buchholz. „Im Grunde genommen muss man von Gewerk zu Gewerk gehen und schauen, welche Leistungen standardisierbar sind und welche nicht“, sagt Verfasser Widmann. Ein Reifenwechsel in einer Kfz-Werkstatt lasse sich im Vorfeld bepreisen, die Beseitigung eines Unfallschadens dagegen sicher nicht.

Der Geschäftsführer der Verbraucherzentrale Hamburg Günter Hörmann lässt nicht gelten, dass Preisauszeichnungen wegen der Gegebenheiten nicht möglich sein können. „In jeder Branche gibt es auch Betriebe, die nach unserer Einschätzung ihre Preisauszeichnung vorbildlich gestalten.“ Dem Handwerk unterstellt er nahezu böse Absichten: „Unsere bisherige Erfahrung geht in vielen Fällen dahin, dass Preisangeben unterdrückt werden und der Verbraucher möglichst in ein persönliches Verkaufsgespräch verstrickt werden soll, ohne vorher etwas über die Preise zu erfahren.“

Justiziar Buchholz hält dagegen: „Wo Werkverträge geschlossen werden, sind Preislisten nicht möglich.“

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(bw)

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