Dass verbale Anzüglichkeiten nicht ausreichen, um einen langjährigen Mitarbeiter ohne Vorwarnung vor die Tür zu setzen, hat vor Kurzem das Landesarbeitsgericht Hannover (LAG) in einem Urteil klargestellt.
Sexuelle Belästigungen rechtfertigten nur im Fall massiver Entgleisungen Kündigungen ohne vorherige Abmahnung. Ein solcher Extremfall ist laut LAG etwa, wenn die Belästigung zu einem "sexuellen Entgegenkommen" einer untergebenen Person gegenüber ihrem Chef geführt habe.
Wenn die sexuelle Belästigung demgegenüber auf unterschiedliche Weise beendet werden kann, muss der Arbeitgeber dem Urteil zufolge diejenige wählen, die den Täter am wenigsten belastet. Welche Maßnahme im Einzelfall angemessen ist, hängt von Umfang und Intensität der Belästigung ab.
Der konkrete Fall
In dem Fall hatte ein Angestellter eine Kollegin in Worten sexuell bedrängt. Zum Beispiel hatte er geäußert, dass er die Kollegin "nicht von der Bettkante stoßen würde" oder sie "auch gern von hinten ficken" würde.
Gegen seine fristlose Kündigung klagte der Mann und bekam recht. Die Kündigung sei unverhältnismäßig, urteilte das LAG.
Weil sich der Mitarbeiter auf wörtliche Anzüglichkeiten beschränkt hatte und viele Jahre einwandfrei gearbeitet hatte, hätte der Arbeitgeber den Mitarbeiter abmahnen oder versetzen müssen.
(bw)