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Begehrter Ruheständler

Ein Meister für Madagaskar

Ein Arbeitsunfall machte Kfz-Meister Bernd Jüncke zum Frührentner. Jetzt ist er als Senior Experte in aller Welt im Einsatz, besonders in Afrika.

Gruppenbild mit Senior Experte:
SES Schulbau

Mit 70 Jahren den Ruhestand genießen? Das kommt für Bernd Jüncke aus Herzberg im Harz nicht in Frage. Wenn er seinen Koffer packt, dann tut er das nicht, um Urlaub zu machen. Stattdessen reist er um die Welt, um anderen Menschen seine Kenntnisse als Kfz-Meister, Fahrschullehrer und Sprengmeister zu vermitteln.  

Als "Senior Experte" ist er für den in Bonn ansässigen Senior Experten Service (SES) unterwegs und bildet junge Menschen in verschiedenen technischen und handwerklichen Bereichen aus oder hilft beim Bau von lebenswichtigen Einrichtungen wie Schulen oder Krankenhäusern. Gerade der afrikanische Inselstaat Madagaskar ist eines seiner oft bereisten Einsatzgebiete.

Wie vielseitig seine Aufgaben als Senior Experte sind, zeigt sein letzter Madagaskar-Aufenthalt: Er half dabei, eine Schule für die Lepradörfer Belfort und Jules zu bauen, Wasser- und Stromleitungen zu legen und Bäume zu pflanzen. Sein Ziel: Hilfe zur Selbsthilfe.

Was Jüncke vor seinem Ruhestand machte und wie es zu dem Unfall kam, lesen Sie auf Seite 2.

Schon vor dem Ruhestand viel gereist

Bereits vor seiner Zeit als Senior Experte hatte Jüncke viele Jahre im Ausland gearbeitet. Nachdem der gebürtige Hamburger in Deutschland eine Lehre als Kfz-Mechaniker abgeschlossen, seinen Meistertitel in der Tasche und eine Ausbildung zum Fahrschullehrer bei der Bundeswehr absolviert hatte, war er für mehrere Arbeitgeber in verschiedenen Ländern tätig. So reiste er für die damalige "Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit" (GTZ) nach Kamerun und bildete dort Menschen unterschiedlichen Alters in der Straßenmeisterei aus.

Ein Arbeitsunfall änderte alles
Ein Einsatz in Sansibar wurde ihm schließlich zum Verhängnis: Als er dabei half, einen Betontank aufzustellen, rutschte Jüncke aus und stürzte fünf Meter in die Tiefe. Dabei brach er sich mehrere Lendenwirbel. Dieser Vorfall machte den damals 50-Jährigen zum Frührentner. Eine Rückkehr ins Arbeitsleben schien zunächst aussichtslos und die Auslandseinsätze waren beendet. Als Jüncke im Jahr 2000 in Hannover bei der Expo-Weltausstellung auf Freunde traf, die ihm vom Senior Experten Service erzählten, war er sofort Feuer und Flamme.

Was Jüncke an den Auslandseinsätzen besonders gefällt, erfahren Sie auf Seite 3.

Von Russland bis nach Afrika

Sein erster Einsatz mit dem SES führte ihn nach Brest in Weißrussland – für ihn eine besondere Herausforderung: "Ich war ja sonst von Afrika immer nur Hitze und Sonnenschein gewöhnt. In Brest war tiefster Winter", erzählt Jüncke. Die nächsten Einsätze führten ihn wieder nach Afrika. In Madagaskar versuchte Jüncke, der neben Englisch und Französisch auch ein wenig Madagassisch spricht, mithilfe der Handelskammer Hamburg ein duales Berufsausbildungssystem einzuführen. "Einige Menschen besitzen dort zwar die grundlegenden theoretischen Kenntnisse, haben jedoch keine Praxiserfahrung", schildert der Senior Experte das Problem.

Ein Geben und Nehmen
Wie viele Menschen Jüncke bereits ausbildete, kann er nicht mehr sagen. "Es waren  sehr, sehr viele und das zeigt mir, dass man auch als Einzelner etwas bewirken und eine große Anzahl von Menschen ausbilden kann", erzählt Jüncke. Er sieht in dem SES eine gute Möglichkeit, Kenntnisse und Erfahrungen auszutauschen – sowohl für die Senior Experten als auch für die Partner im In- und Ausland.

Lesen Sie auf Seite 4, was der Senior Experte als Nächstes plant.

Viele Kontakte und ständig neue Eindrücke

Während die Partner davon profitieren, qualifizierte Kräfte zu bekommen, die den Nachwuchs ausbilden, hat Jüncke bereits viele Kontakte geknüpft und viele Eindrücke gesammelt: "Vor allem durch den engen Kontakt mit den Menschen kann man feststellen, welche Probleme sie oder das Land haben. Als normaler Urlauber nimmt man so etwas meist gar nicht wahr."

So hat Jüncke zum Beispiel beobachtet, dass besonders in Madagaskar viele Informationen nicht an die Auszubildenden weitergegeben werden. "Viele denken, dass sie sich dadurch selbst Konkurrenz machen", erzählt Jüncke. „Stattdessen gehen so viele Informationen verloren.“

Solange weitermachen, wie es nur geht
Für das kommende Jahr hat Jüncke wieder einen Einsatz in Madagaskar geplant. Dann wird er beim Bau eines Sportplatzes und eines Kinderspielplatzes helfen. Außerdem möchte er sich drei oder vier Wochen Zeit nehmen, um einfach nur das Land zu bereisen. Wie lange er noch als Senior Experte unterwegs sein wird? "Inzwischen spüre ich die 70 Jahre etwas. Aber aufhören? Nein, ich will damit solange weitermachen wie es nur geht."

Genaueres über den Senior Experten Service (SES) erfahren Sie auf Seite 5.

Senior Experten Service vermittelt Fachkräfte

Seit 1983 vermittelt der Senior Experten Service (SES) mit Sitz in Bonn ehrenamtliche Fach- und Führungskräfte, die sich im Ruhestand befinden, in Entwicklungs- und Schwellenländer. Insgesamt sind mehr als 10.000 Senior Experten und Senior Expertinnen im Einsatz. Wer Senior Experte werden möchte, kann sich auf der Homepage des SES registrieren. Die Vermittlung läuft dann so ab: Der SES bekommt eine Anfrage von außerhalb. Im Anschluss wird festgestellt, ob ein Senior Experte vorhanden ist und ob er für die Aufgabe ausreichend Kenntnisse besitzt. Der SES übernimmt die Reisekosten bis zum Projektort. Vor Ort trägt dann der Projektpartner die Kosten für Unterbringung und Verpflegung und stellt ein Taschengeld zur Verfügung.

(akb)

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