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Was denn noch?

GEMA-Falle: Ich glaube, ich hör nicht richtig

Schalten Sie gerne bei der Arbeit das Radio ein? Dann sollten Sie vorsichtig sein! Es könnte sein, dass die GEMA mithört – und abkassieren will. Ein Handwerksunternehmer hat genau das erlebt.

Wenn Henning Sandvoß Fahrräder repariert, läuft in der Werkstatt das Radio. Die Reparaturecke des Ein-Mann-Betriebs „Fahrrad-Service24“ in Hildesheim ist Teil des Ladengeschäfts. Eine Tür oder eine Wand als Abtrennung gibt es nicht.

Jetzt hat Sandvoss Besuch von einem Menschen bekommen, der die Lauscher weit aufgesperrt hat: ein Mitarbeiter der GEMA (Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte) stand im Laden.

Nächste Seite: Komische Fragen, wilde Notizen – und eine Rechnung.

Sandvoß soll GEMA-Lizenz erwerben

Der GEMA-Mann kam Sandvoß merkwürdig vor: „Er hat nichts Konkretes gefragt, zog aber plötzlich einen Block und einen Stift hervor und machte sich wilde Notizen.“

Sandvoß hatte den Kontrolleur längst vergessen, als ein Schreiben der GEMA im Briefkasten lag: „Das war ein Vertrag, in dem genau abgefragt wird, wie groß der Verkaufsraum ist, ob ich Radio oder CDs höre, für welchen Zeitraum ich eine Lizenz erwerben möchte.“

Sandvoß fiel aus allen Wolken. Schließlich habe er die Musik leise und „für sich“ gehört und nicht laut für die Kunden abgespielt. Dass er dafür auch noch extra zahlen soll, sieht er nicht ein. Etwa 55 Euro im Quartal würde ihn das kosten, hat er anhand des Formulars errechnet. Doch das ist ihm zu viel. Die Rundfunkgebühren seien schließlich auch nicht gering.

Ob laut oder leise, spielt für die GEMA keine Rolle. Rechtlich ist sie auf der Siegerseite. Denn wer Musik öffentlich abspielt, muss zahlen. Ausnahmen gibt es nur wenige, bestätigt ein Jurist, der sich auf das Thema spezialisiert hat.

Nächste Seite: Bei Argumenten stellt sich die GEMA taub.

Unternehmer will "die Sache" aussitzen


„Wenn jemand die Musik des Unternehmers mithören kann, braucht der Betrieb eine Lizenz“, bestätigt Till Jäger. Der Berliner Rechtsanwalt ist auf Urheber- und Medienrecht spezialisiert.

Hintergrund: Was ist die GEMA (Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte) eigentlich und was macht sie? Auf ihrer Internetseite heißt es: „Als staatlich anerkannte Treuhänderin verwalten wir die Rechte von über 65.000 Komponisten, Textautoren und Musikverlegern sowie von über zwei Millionen Rechteinhabern aus aller Welt.“ Die GEMA schütze das geistige Eigentum von Musikschaffenden und entlohne sie für die Nutzung ihrer Werke. Profit erwirtschafte die Gesellschaft nicht. Vielmehr schütte sie alle Einnahmen an die in- und ausländischen Urheber aus, deren Rechte genutzt wurden. „Die GEMA selbst macht dabei keinerlei Gewinn.“

Laut Rechtsanwalt Jäger gibt es nur selten Ausnahmen von der GEMA-Gebühr.  Betriebe, die Rundfunkgeräte reparieren und zu Testzwecken im Verkaufsraum anschalten müssen, gehören dazu.

„In dem konkreten Fall kann es sein, dass der Betroffene nur einmalig zahlen muss. Das setzt voraus, dass er der GEMA erklären kann, dass das Radio normalerweise nicht läuft, wenn Kunden im Laden sind“, sagt Jäger. Da aber der Arbeitsbereich von Sandvoß nicht vom Verkaufsraum abgetrennt ist und die Musik von anderen gehört werden kann, werde er um eine Zahlung kaum herumkommen.

Sandvoß selbst will die Sache aussitzen, die Kosten für die GEMA nicht extra zahlen. Das hat er der Gesellschaft schriftlich mitgeteilt. Er lasse das Radio künftig lieber aus oder höre nur vor und nach Feierabend Musik. Schade, eigentlich.

PS: So sieht der GEMA-Fragebogen „Musiknutzung in Handel und Handwerk“ aus.

(ja)


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