Die Tür ist ins Schloss gefallen, der Schlüssel liegt noch auf dem Wohnzimmertisch #150; die Tücken des Alltags können manch einen ganz schön dumm dastehen lassen. Doch zum Glück gibt es für den Fall der Fälle Notdienste, rund um die Uhr, praktisch an jeder Ecke. Das dachte auch eine Rentnerin in Springe (nahe Hannover), nachdem sie zum Ende des vergangenen Jahres einen Blick in die Gelben Seiten geworfen hatte.
Gleich elf Dienstleister mit der lokalen Ortsvorwahl 0 50 41 buhlten dort um ihre Gunst. In ihrer Not wählte die ältere Dame die erste Nummer in der Liste #150; eine Entscheidung, die sie stolze 205,32 Euro kosten sollte. Was die Frau nicht wissen konnte: Per Anrufweiterschaltung war sie mit ihrem Hilferuf bei einem Anbieter im Raum Bremen gelandet, und der veranschlagte allein für die Anfahrt mehr als hundert Kilometer.
Absurder Streit um den besten Plätze
Die Rentnerin hätte auch in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft einen Dienstleister fragen können, der etwas von seiner Sache versteht. Allerdings steht der ortsansässige Unternehmer Otto Schwarz #150; in Springe besser bekannt unter #132;Fritze Flink #147; #150; in den Gelben Seiten an letzter Stelle.
Weil jeder der Anbieter auf den heißumkämpften Notdienstmärkten der erste im jeweiligen Branchenbuch sein will, hat sich ein absurder Streit um den besten Namen entwickelt. Um beim Beispiel Springe zu bleiben: Dort hat sich die
A.!A.B.O.S.S-Schlossnotdienst GmbH geschickt den Spitzenplatz erkämpft, dicht gefolgt vom A.A.A.Absicherungs amp; Aufsperrdienst, der A.A.A. AS Schlüsseldienst rangiert an dritter Stelle.
Damit guckt Schwarz in die Röhre: #132;Dabei wären bei mir selbst an einem Feiertag nicht mehr als 80 Euro zusammengekommen, an einem Wochentag hätte ich knapp 40 Euro genommen. #147;
Was Rolf Sierung, Rechtsanwalt der Rentnerin, besonders aufregt: #132;In der Telefonrechnung meiner Mandantin ist die Anrufweiterschaltung auch noch als Ferngespräch abgerechnet worden. #147; Auf die 202,32 Euro könne der Schlüsselnotdienst jedenfalls lange warten. Trotz mehrfacher Nachfrage von handwerk.com hat der überregionale Schlüsseldienst, der zwischenzeitlich #150; so Siering #150; unter neuem Namen firmiert hat, bislang keine Stellungnahme zu den Vorwürfen abgegeben.
Marktführer mit 7000 Anrufweiterschaltungen
Bei den Schlüsselnotdiensten haben einige Anbieter die Möglichkeit der Anrufweiterschaltung auf die Spitze getrieben. Einer der Marktführer soll bundesweit gleich 7000 Anrufweiterschaltungen in den Gelben Seiten platziert haben.
Aber auch andere Branchen leiden mittlerweile unter dem überzogenen Wettbewerb um Aufträgen und Kunden: #132;Frisöre, Containerdienste, selbst Rechtsanwälte haben ihre Chance gewittert #147;, sagt Carola Siglreithmaier, Abteilungsleiterin Datenerfassung in der Schlütersche Verlagsgesellschaft GmbH. Der hannoversche Verlag, der auch das Internetprotal handwerk.com betreibt, realisiert die Gelben Seiten in den meisten Regionen Niedersachsens und Sachsen-Anhalts. Im Interesse der Nutzer und Gewerbetreibenden vor Ort recherchieren die Mitarbeiter des Verlages derzeit mit einem hohen finanziellen und zeitlichen Aufwand die Einträge innerhalb bestimmter Branchen und Vorwahlbereiche.
Kostenfrei sind nur Grundeinträge der örtlich vertretenen Gewerbetreibenden. #132;Wer die örtliche Ansässigkeit nicht nachweisen kann, der muss den Eintrag kaufen, und Anrufweiterschaltungen künftig mit einem entsprechenden Hinweis versehen #147;, sagt Siglreithmaier. Im Gelbe Seiten-Bereich 21 (Raum Hildesheim) sei der Zusatz #132;automatische Weiterleitung zu unserer Zentrale #147; bereits zu finden: #132;Es kann schließlich nicht angehen, dass ein Kunde eine Nummer in Oldenburg wählt und ohne sein Wissen in München landet. #147;
Das meint auch Unternehmer Otto Schwarz aus Springe. Und mit einem Augenzwinkern setzt er hinzu: #132;Wenn die gute Frau mich gerufen hätte, dann hätte sie auch kein neues Schloss bezahlen müssen #150; so etwas knacke ich normalerweise in drei bis vier Minuten. #147;
