Einen erbitterten Kampf mit dem hannoverschen Ordnungsamt führt die Bäckereikette Göing. Der Grund: Die Ausstattung einzelner Filialen genügt nicht den behördlichen Ansprüchen. Reine Schikane? Oder halten sich die Beamten nur an ihre Vorschriften? Wie sind Ihre Erfahrungen mit dem Verwaltungsapparat in Deutschland? Schreiben Sie an die Redaktion.
"Wie in einem Überwachungsstaat"
Waren Sie gerade beim Bäcker? Vielleicht bei der Bäckerei Göing in Hannover? Dann könnte es gut sein, dass Ihr Name in einem Protokoll der örtlichen Behörden auftaucht. Die Bäckerei liegt nämlich mit der Stadtverwaltung im Clinch. Der Grund: Die mit so genannten Hockhilfen ausgestatteten Filialen sind in den Augen des Ordnungsamtes als Gaststätten anzusehen. Doch als solche ist der Handwerksbetrieb nicht eingetragen. Also schlagen die Behörden Alarm.
#8222;Der Streit begann im Juno vergangenen Jahres. Mittlerweile kontrollieren Spione der Stadt unsere Kunden #8211; wie in einem Überwachungsstaat", berichtet Bäckermeister Friedrich Göing auf Nachfrage von handwerk.com. Obgleich es die Hockhilfen schon seit Jahren in den Filialen des rund 200 Mitarbeiter zählenden Bäckereibetriebes gegeben hat, nahmen die städtischen Kontrolleure erst jetzt Anstand daran.
Die Position der Stadt: Betreiben Bäckereien oder andere Lebensmittelgeschäfte einen Verkauf von Speisen und Getränken zum direkten Verzehr, ist eine Erlaubnis nach dem Gaststättengesetz nötig. Die habe Göing nicht, moniert die Verwaltung und verweist darauf, dass es vor dem Hintergrund der geltenden Rechtsprechung keinerlei Ermessensspielraum gebe.
"Längst überholte Rechtsprechung"
Gegen den Vorwurf, die Kundschaft des Bäckers auszuspionieren, verwehrt sich die Stadtverwaltung. Die Prüfer hätten lediglich die auf der Kleidung einzelner Kunden aufgenähten Firmenbezeichnungen notiert, um für etwaige Bußgeldverfahren beweiskräftige Unterlagen zu haben, heißt es in einer Pressemitteilung der Stadtverwaltung.
Auf die #8222;längst überholte Rechtsprechung" in diesem Punkt verweist Walter Heitmüller, der als Präsident der Handwerkskammer Hannover als Vermittler hinzugezogen wurde. Als das Gaststättengesetz verabschiedet worden sei, habe die Situation im Bäckerhandwerk noch ganz anders ausgesehen. Heute verlange der Kunde Snacks wie belegte Brötchen oder eine Tasse Kaffe für zwischendurch. Er wolle dazu aber nicht erst eine Gaststätte aufsuchen. #8222;Wir machen unseren Hauptumsatz morgens in der Zeit zwischen sieben und elf Uhr, also zu einer Zeit, in der gar keine Gaststätte geöffnet hat", fügt der aufgebrachte Bäckermeister hinzu.
Die Lösung des Konfliktes soll nun ein #8222;Runder Tisch" bringen, auf die sich die Kontrahenten mittlerweile verständigt haben. Wann die Streitparteien sich dazu allerdings zusammensetzen werden, ist derzeit noch unklar. Klar ist nach Göings Worten indes, dass sich auch das Niedersächsische Wirtschaftsministerium mit der Thematik befasse und Anfang Mai prüfen wolle, ob es einen entsprechenden Änderungsbedarf beim Gaststättengesetz gebe.
Lesermeinung:
"Die Höhe ist entscheidend"
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