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Inhaltsverzeichnis

Keine Kasse mehr?

Schritt für Schritt zum bargeldlosen Betrieb

Bargeldloses Bezahlen – können Handwerker ihren Kunden das zumuten? Kommt darauf an, um was es geht und wie sie kassieren. 4 Fragen helfen beim Wechsel.

Auf einen Blick

  • Neue mobile Bezahlsysteme drängen auf den Markt, während gleichzeitig die Bereitschaft der Deutschen zum bargeldlosen Bezahlen steigt.
  • Eine gute Gelegenheit für Handwerksbetriebe, die Bargeschäfte zurückzufahren.
  • Wo es nur um gelegentliche Bar-Umsätze geht, gehört die Kasse abgeschafft. In anderen Branchen ist es Zeit für den schrittweisen Einstieg. Auch hier hilft neue Technik.
  • Entscheidend sind vor allem: Akzeptanz der Kunden, Kosten, Kompatibilität – und die Einhaltung der GoBD.

Längst braucht heute nicht mehr jeder Handwerksbetrieb noch eine Kasse für Bargeschäfte. Doch in der Praxis gebe es die Kasse in „überraschend vielen kleinen Betrieben“, sagt Steuerberater Armin Schiehser aus Lohr am Main. Überraschend findet Schiehser das angesichts von Aufwand und Risiken ohne Not: „Bargeschäfte sind aufwendiger als bargeldlose Transaktionen, denn Sie müssen täglich den Tagesendbestand ermitteln, einen Kassenbericht erstellen und für eine sichere Logistik und Verwahrung sorgen.“ Zudem locken Kassen Diebe an, sind fehleranfällig, stehen unter Geldwäscheverdacht und können vom Fiskus während einer unangemeldeten Kassennachschau kontrolliert werden. Entdeckt ein Betriebsprüfer dabei Fehler, drohen Steuerschätzung und -nachzahlungen.

Wer sollte auf bargeldloses Bezahlen umsteigen?

Chefs im Handwerk sollten die Möglichkeiten prüfen, ob sie Bargeld in ihrem Betrieb abschaffen können. Schiehser denkt dabei vor allem an die Bau- und Ausbaugewerke. „In diesen Gewerken wird fast alles auf Rechnung gemacht und eine Kasse oft nur noch aus Gewohnheit geführt, obwohl sie für den Umsatz keine Rolle mehr spielt.“ Die Kasse diene nur noch für gelegentliche Barverkäufe von Material und die Bezahlung von Kleinstrechnungen. Sein Rat: „Steigen Sie so schnell wie möglich um.“

Anders sehe es in bargeldintensiven Branchen mit oft kleinen Rechnungsbeträgen aus. „Wer als Bäcker oder Fleischer viel Laufkundschaft hat, kann nicht von heute auf morgen auf Bargeld verzichten – das machen die Kunden nicht mit.“

Dennoch empfiehlt Schiehser, auch in solchen Branchen bargeldlose Bezahlmöglichkeiten anzubieten. Die Gründe: Bei den jüngeren Generationen geht der Trend vom Bargeld zur Kartenzahlung. Zudem gewinnt das bargeldlose Bezahlen von Klein- und Kleinstbeträgen an Bedeutung. Techniken wie das kontaktlose Bezahlen mittels Near Field Communication (NFC) machen das schnell und einfach möglich: Einfach die EC-Karte oder das Smartphone an das Terminal halten, schon werden Rechnungsbeträge bis 25 Euro direkt abgebucht, ohne PIN oder Unterschrift. Ab 2020 sollen zum Beispiel fast alle EC-Karten der Sparkassen NFC-fähig sein.

Schiehsers Rat: „Ich würde für meinen Betrieb genau prüfen, in welchem Umfang ich heute schon bargeldloses Bezahlen anbieten kann und damit anfangen.“ Denn mit jeder bargeldlosen Transaktion würden Aufwand und Risiken sinken, deswegen sei auch ein schrittweiser Wechsel sinnvoll.

Welches bargeldlose System ist das richtige?

Neben Kartenlesegeräten für EC- und Kreditkarten sowie NFC gibt es noch eine Vielzahl weiterer Anbieter und Verfahren für bargeldloses Bezahlen. Welche dieser Dienste Bestand haben werden, lässt sich nicht vorhersagen. Das macht die Auswahl für das optimale bargeldlose Angebot nicht einfacher: Mobile Zahlungsmethoden per Smartphone oder Smartwatch sprießen derzeit jedenfalls in allen möglichen Variationen, andere sind schon wieder verschwunden. Und auch die neuen Angebote machen es den Kunden nicht leicht: Aktuell ist gerade Google Pay in Deutschland gestartet, funktioniert aber nur mit Kreditkarten und nicht mit EC-Karten. Die Mobile-Bezahlen-App der Sparkassen ist seit Ende Juli am Start – aber nur für Android-Nutzer, eine IOS-Version für Apple steht noch aus. Und Apple Pay ist zwar in vielen Ländern verfügbar – aber nicht in Deutschland.

Auch vor diesem Hintergrund hält Armin Schiehser derzeit Kartenlesegeräte für die einfachste und effektivste Lösung, um Barkassen abzuschaffen. „Fast jeder Kunde hat mindestens eine Karte.“ Sein Tipp: „Das Gerät sollte EC- und Kreditkarten gleichermaßen akzeptieren, damit kann man den größten Teil der Bargeschäfte abdecken“.

Achten sollten Betriebe bei der Auswahl des Systems nicht nur auf die Akzeptanz der Kunden, sondern auch auf

  • die Kosten,
  • Schnittstellen und Kompatibilität zur Buchhaltung,
  • die Einhaltung der Grundsätze ordnungsgemäßer digitaler Buchhaltung (GoBD).

Was kostet bargeldloses Bezahlen?

Mobile Kartenlesegeräte für EC- und Kreditkarten kosten zwischen 70 und 80 Euro. Mobil sind sie dank Bluetooth oder anderer Verbindungen mit einem Smartphone. Pro Transaktion werden bis zu 1 Prozent bei Girokarten und bis zu 3 Prozent bei Kreditkarten fällig. Der Vorteil dieser Lösung: Die fixen Kosten sind relativ gering. So können bei Bedarf auch mehrere Mitarbeiter mit Kundenkontakt mit solchen Geräten ausgerüstet werden.

Deutlich höher sind die Kosten für EC-Kartenterminals mit autarker GPRS-Verbindung. Die Anschaffungskosten liegen bei 500 bis 700 Euro. Alternativ können Betriebe die Terminals auch dauerhaft für eine feste Laufzeit mieten. Hinzu kommen weitere Gebühren für SIM-Karten und Netzbetreiber sowie Transaktionskosten pro Buchung. In der Summe sind die Kosten pro Transaktion jedoch geringer als bei Kartenlesegeräten. Daher lohnen sich solche GPRS-Terminals eher für Betriebe mit in der Summe hohen Bar-Umsätzen. „Für Bau- und Ausbaubetriebe ist das in der Regel zu teuer“, sagt Schiehser.

Wie reagieren die Kunden?

Nach Schiehsers Erfahrung tun sich viele Firmeninhaber schwer, Bargeld im Betrieb abzuschaffen. „Wichtigstes Argument sind die Gewohnheiten vor allem älterer Kunden“, berichtet der Steuerberater.

Doch auch dafür gebe es einfache Lösungen:

  • Handelt es sich um bekannte Kunden mit zuverlässigem Zahlungsverhalten? „Solchen Kunden können Sie die Ware auf Rechnung mitgeben.“
  • Bei Stammkunden mit wiederkehrenden Aufträgen rät er zum Abbuchungsauftrag. Das sei zum Beispiel bei Wartungsaufträgen sinnvoll.
  • Bei Kunden mit bekannt schlechter Zahlungsmoral wie auch bei Neukunden empfiehlt Schiehser hingegen klare Kante: Ware gibt es nur noch gegen sofortige Bezahlung per Karte.
  • Und wenn ältere Kunden hartnäckig auf Barzahlung bestehen? „Das kommt vor, die bekommt man von der Barzahlung auch nicht weg. Aber alle anderen Kunden kann man daran gewöhnen, und deswegen muss man damit anfangen.“

Und wie geht es weiter? Perspektivisch sei jedoch die Zahlung per Karte nicht nur bei Materialverkäufen ideal – sondern bei jeder Leistung: Die Leistung ist erbracht, der Kunde zufrieden, die Rechnung wird gleich vor Ort am Tablet ausgestellt, per Mail verschickt – und sofort digital abkassiert. Auch darum sei es wichtig, die Kunden an bargeldloses und mobiles Bezahlen zu gewöhnen. „Damit sinken die Zahlungsausfälle und die Liquidität steigt“, betont Armin Schiehser.

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