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Foto: handwerk.com

Leben mit der Natur

Bauen ohne Ballast

Mit Naturprodukten, Upcycling und vielen frischen Ideen werkeln diese Bauherren an ihrem umweltfreundlichen Landhaus-Traum.

Solaranlage auf dem Dach

badeteich

Ein hölzerner Gartentisch, drei alte weiße Stühle – mitten auf der grünen Wiese. So nah an der Natur brunchen die Ewalds am liebsten. Das Wasser kommt aus der Karaffe, Brot und Brötchen sind aus Vollkorn. Insekten fliegen surrend vorüber. „Ich liebe das“, sagt Jörg Ewald und beißt in ein veganes Mettbrötchen. Den Belag hat Silke Ewald frisch aus Reiswaffeln, Tomatenmark und allerhand Gewürzen zusammengemischt. Es schmeckt überraschend gut. „Wir sind absolute Genussmenschen“, sagt Silke Ewald. Und beim Genießen sind die beiden anspruchsvoll: „Wir wollen mit der Natur leben, nicht gegen die Natur.“

Ein ungewöhnliches Hobby
Nach diesem Grundsatz bauen die Hannoveraner ihren Landsitz in Mecklenburg-Vorpommern aus: ein 200 Jahre altes Bauernhaus auf einem 6500 Quadratmeter großen Grundstück. Gefunden haben sie es durch Zufall. Dabei half ein ungewöhnliches Hobby des Dachdeckermeisters Jörg Ewald: Seit 20 Jahren pachtet er Dächer, um sie mit Photovoltaik-Anlagen zu bestücken. So will er seine Umgebung lebenswerter machen. Als es in Hannover keine freien Dächer mehr gab, hat das Unternehmerpaar seinen Suchradius erweitert. Und ist östlich der Elbe fündig geworden. Ihr Landhaus steht in einem kleinen Dorf hinter Dannenberg. „Erst wollten wir es nur für die Solaranlage nutzen“, erinnert sich Ewald. „Aber es hat in uns gebrodelt, hier konnten wir so viel gestalten.“

Damit legten die beiden gleich los. Zunächst haben sie den alten Dachstuhl mit zusätzlichen Balken stabilisiert. Die Dachflächen des Hauses haben eine Ost-West-Ausrichtung – beide Seiten hat der Dachdecker fast vollständig in effiziente monokristalline Solarmodule gehüllt. Sie sind ganz in das Dach eingelassen und ersetzen die Dachziegel. Rund um die schwarz-glänzenden Solarpaneele schließen schwarze Schieferplatten das Dach ab. 34 Kilowatt leistet die Solaranlage. Das reicht für die halbe Nachbarschaft.
Unabhängigkeit ist den beiden Bauherren wichtig. Das fängt bei der Energie an. Strom kommt nur aus dem öffentlichen Netz, wenn die Solaranlage gerade keinen liefert. Mobile Solarleuchten sorgen im Außenbereich für Licht. Und das Brot wird im Garten gebacken – im selbstgebauten Lehmofen.

Gesunde Baustoffe aus der Natur
Lehm spielt auch im Haus eine wichtige Rolle. Sechs Tonnen haben die Ewalds davon schon verarbeitet. In den bereits sanierten Räumen hat Silke Ewald so die Wände verputzt. Damit der Lehm nicht von der Wand rieselt, hat die Maurerin ihn mit einer Mischung aus Magerquark und Weißkalkhydrat angestrichen. Das soll Bakterien und Schimmel fernhalten. „Deswegen wurden mit dieser Mischung früher Stallungen gekalkt“, sagt sie. Für das Landhaus ist Lehm der ideale Baustoff. Das viele verbaute Holz quillt, schrumpft und arbeitet – das ist für statische Baustoffe wie Zement ein Problem. Lehm wird damit problemlos fertig. Auch kann er Feuchtigkeit gut aufnehmen und so das Wohnklima regulieren.

Zwei Zimmer haben die Ewalds bereits von Grund auf neu aufgebaut. „Da fiel man vorher direkt in den Dreck“, sagt der Hausherr. Sie haben dem Boden eine dämmende Schicht aus Glasschotter spendiert und neue Dielen verlegt. Auch haben die Räume eine Geschossdecke bekommen, die vorher fehlte. So sind neue bewohnbare Räume entstanden. Raum für Raum arbeiten sich die beiden nun vor. Im Kuhstall haben sie ihr Sommerschlafzimmer auf dem gepflasterten Steinboden ausgebaut – worauf früher die Kühe standen, steht heute ein Doppelbett. Vieles, was das Paar im Haus nutzt, hat es aus Wohnungsauflösungen oder vom Sperrmüll getrödelt. Mancher Einrichtungsgegenstand kommt direkt aus dem Wald, die Möbelbezüge werden selbst genäht. Das passt zum Stil des Hauses. Hier spart das Paar Geld.

An anderen Stellen nicht: Steckdosen und Lichtschalter sind hochwertig aus Keramik gefertigt, die Kabelführungen aus Metall, statt aus Plastik. „Wo es geht, nutzen wir Naturmaterialien statt Kunststoff“, sagt Ewald. Unterm Strich kommen die Bauherren im Jahr mit einem kleinen vierstelligen Betrag für die Sanierung aus. Unschätzbar ist der Wert der eigenen Arbeitsleistung, die im Grundstück steckt.

Obst ohne Ende
Im Sommer fahren die Ewalds praktisch jedes Wochenende von Hannover nach Mecklenburg. So hat sich der große Außenbereich in einen Wohlfühlgarten mit vielen Rückzugsmöglichkeiten entwickelt. Himbeeren, Äpfel, Pflaumen und Sanddorn wachsen hier in Fülle. Die Ewalds nutzen, was die Natur gibt. Das Obst wird pur vertilgt oder kommt ins Müsli. An heißen Tagen gibt es selbstgemachtes Pflaumeneis.

Das gibt Kraft für die nächsten Projekte. „In zwei Jahren fällt hier die Bombe“, sagt Jörg Ewald. Dann werden die nächsten Räume grundsaniert. Mit neuen Böden, Holzdämmung, Solarthermieanlage und einem Lehmofen für Heizung und Warmwasser. Danach wird das Paar den Bau und Ausbau der nächsten Etagen angehen. Und wann wird das Bauprojekt abgeschlossen sein? „Niemals“, sagt der Unternehmer mit einem Lächeln. „Wir schaffen hier ein Projekt fürs Leben.“

Neues Leben für altes Material: Wie Ewald Upcycling im Hausbau einsetzt, sehen Sie hier im Video.

(deg)

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