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Anschluss-Chaos mit der Telekom

Beim Sanitär-Mann kommt kein Anruf an

Der Notdienst von Michael Buitenduif soll Kunden schnell helfen. Wochenlang bekamen seine Anrufer aber nur eines zu hören: "Rufnummer nicht vergeben". Chaotische Zustände. Doch Buitenduif wusste sich zu helfen.

Das Telefon schweigt
Michael Buitenduif

Netz der Zukunft: So nennt es die Telekom, wenn ihre Kunden über das Internetprotokoll (IP) telefonieren und surfen können. Leistungsfähig und zukunftssicher soll dieser neue IP-Anschluss sein. „Alles wird besser“, fasst SHK-Meister Michael Buitenduif das Versprechen zusammen. Da konnte der Chef von neun Mitarbeitern einfach nicht nein sagen.

Konnte er wirklich nicht. Der Telefonvertrag des Emder SHK-Betriebs lief aus – Verlängerung unmöglich. Das Alternativangebot der Telekom: Buitenduif sollte auf den IP-basierten Anschluss wechseln. Denn 2018 soll das alte Telefonnetz komplett abgeschaltet werden. Bis dahin müssen alle Anschlüsse umgestellt sein. Schwierigkeiten tauchen dabei regelmäßig auf. Im Sommer 2015 fragte die Verbraucherzentrale nach Problemen bei der IP-Umstellung. 1349 unzufriedene Kunden meldeten sich – ein Viertel beklagte Ausfälle von mehr als einer Woche.

Plötzlich war der Anschluss tot
Die Emder Buitenduif-HB- GmbH macht da keine Ausnahme. Dabei gingen die Telekom-Techniker anfangs sogar überpünktlich ans Werk. Für einen Freitagnachmittag vereinbarte Buitenduif die Umstellung. „Es war gerade vormittags, ich war am Telefon in einem Kundengespräch und plötzlich war die Leitung tot“, erinnert sich der Unternehmer. Er nahm es gelassen. Nach drei Stunden sollte der neue Anschluss funktionieren.

Doch er blieb tot. Auch am Montag, am Dienstag. „In den ersten Tagen habe ich bestimmt 30 Mal bei der Hotline angerufen“, erzählt Buitenduif, „dort hieß es nur, sie würden daran arbeiten“. Sein Auftrag erhielt ein Nimbus-Ticket – das bekommen bei der Telekom Problemfälle, die von einer Spezialabteilung bearbeitet werden müssen.

In der Meteorologie bedeutet Nimbus Regenwolke. Und so wurde auch der Unternehmer die nächsten zwei Wochen im Regen stehengelassen. Kundenanrufe beantwortete eine Bandansage: „Diese Rufnummer ist uns nicht bekannt.“ Ärgerlich, denn der Betrieb bekommt viele Aufträge auf Zuruf, bietet Notdienste an. Da kostet es bares Geld, nicht erreichbar zu sein. „Bei so einer Bandansage müssen die Kunden ja denken, ich wäre plötzlich bankrottgegangen“, sagt Buitenduif.

Der Unternehmer hat gut reagiert. Wie? Weiter auf Seite 2

Kampf gegen Windmühlen

Buitenduif schaltete Anzeigen in der Lokalzeitung, als Lebenszeichen seines Betriebs und um seine Mobilnummer für Kunden publik zu machen. Schon innerhalb der ersten Tage schaltete er eine Anwältin ein, um bei der Telekom den Druck zu erhöhen. Seine täglichen Anrufe im Service-Center setzte er fort. Immerhin: Nach zwei Wochen ermöglichte die Telekom eine Weiterleitung der toten Festnetznummer auf sein Mobiltelefon. Der neue IP-Anschluss aber blieb tot.

Aus Sicht des Kölner Rechtsanwalts Sven Jansen hat Buitenduif genau richtig reagiert. Jansen hat schon viele ähnliche Fälle betreut. Er rät zur Hartnäckigkeit: „Permanent anrufen und Druck machen.“ Auch wenn das einem Kampf gegen Windmühlen gleicht. Buitenduif etwa kam nie über das Callcenter hinaus – ein direkter Kontakt zu einem Sachbearbeiter: Fehlanzeige. Das wundert Anwalt Jansen nicht. Manchmal aber komme man mit freundlichem Nachfragen weiter: „Man kann sich erkundigen, wer den Fall bearbeitet und den Wunsch äußern von diesem Sachbearbeiter direkt angerufen zu werden.“

Im Fall von Michael Buitenduif führte ein anderer Weg zum Ziel. Nach gut drei Wochen Wartezeit erfuhr er vom Verbraucherservice der Bundesnetzagentur (BNetzA). Die Agentur ist die zuständige Aufsichtsbehörde der Telekommunikationsanbieter. Buitenduif füllte ein Formular aus, die BNetzA leitete es an die Telekom weiter. „Wir haben etablierte Kommunikationswege zu den Providern“, erläutert BNetzA-Sprecher Michael Reifenberg. Im Fall des Emder Betriebs führte das offenbar zum Erfolg. Zwei Tage später funktionierte der neue IP-Anschluss. Mit einer Einschränkung: „Die Qualität der Telefon- und Internetverbindung hat sich keineswegs verbessert – eher verschlechtert“, urteilt Buitenduif.

Schlichtung kann helfen
Bilanz: rund 5000 Euro direkten Schaden inklusive Anwaltskosten und Umsatzausfälle, rechnet Buitenduif vor. Die Kosten hat er aufgelistet und der Telekom zugeschickt. Wie kulant die reagiert, ist noch offen. Mit der außergerichtlichen Einigung gebe es nur selten Probleme, berichtet Rechtsanwalt Jansen. Er sagt aber auch: „Die verlorene Zeit und die Verdienstausfälle werden nicht entschädigt.“ Angeben könne man sie dennoch, „damit die Telekom sie im Sinne einer Gesamtlösung mit dem Kunden berücksichtigen kann“.

Scheitert Michael Buitenduif mit seiner Entschädigungsforderung bei der Telekom, steht ihm seit 1. April ein neuer kostenloser Weg offen, mit mehr Nachdruck auf eine Einigung hinzuarbeiten. Seitdem hilft die Schlichtungsstelle der Bundesnetzagentur Verbrauchern und Unternehmen mit Standardverträgen unentgeltlich, Streitigkeiten mit ihrem Provider beizulegen.

(deg)

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