Klagewelle im nördlichsten Bundesland: 20 Bauunternehmen haben in Schleswig-Holstein rechtliche Schritte gegen die Bau-Berufsgenossenschaft (BG) eingeleitet. Vor den vier Sozialgerichten des Landes wehren sie sich gegen die #8222;ständigen Beitragserhöhungen" durch die BG.
Leistungen für Schwarzarbeiter?
#8222;Wir wollen mit diesen Musterverfahren eindeutig klären, welche Aufgaben durch den Gesetzgeber der Bau-Berufsgenossenschaft rechtmäßig übergeben worden sind und welche Leistungen absolut nicht ins Portfolio reingehören", erklärt Georg Schareck, Hauptgeschäftsführer des Baugewerbeverbandes. Dass die Solidargemeinschaft beispielsweise dafür aufkommen müsse, wenn #8222;ein Schwarzarbeiter vom Gerüst fällt", könne einfach nicht sein. Schareck: #8222;Weniger Versicherungsleistungen bedeuten natürlich auch geringere Beiträge und finanzielle Entlastung unserer arg gebeutelten Mitgliedsunternehmen. Die Unternehmensbeiträge dürfen eine maximale Obergrenze nicht überschreiten."
BG: #8222;Gesetzgebung ist eindeutig ..."
Eine #8222;Klagewelle in diesem Umfang" ist nach Auskunft von Andreas Baader, Pressereferent des Hauptverbandes der gewerblichen Berufsgenossenschaften, bislang einmalig. Aussicht auf Erfolg hätten die Unternehmen allerdings nicht. Die Bauberufsgenossenschaften würden schließlich nicht willkürlich entschädigen: #8222;Der Gesetzgeber regelt das sehr eindeutig." Dass Schwarzarbeiter nach Arbeitsunfällen von den Berufsgenossenschaften entschädigt werden, sei eine sozialpolitische Entscheidung: #8222;Die Beschäftigten sollen nicht darunter leiden, dass ein Arbeitgeber sie nicht gemeldet hat."
Die Bauunternehmen in Deutschland sind nach den Bundessozialgesetzen Pflichtmitglieder der Berufsgenossenschaften. Über die Bau-Berufsgenossenschaft wird eine Vielzahl von Versicherungsleistungen abgedeckt. Der Baugewerbeverband vertritt die Ansicht, dass beispielsweise für Versicherungen wie das Insolvenz-Ausfallgeld die Arbeitsämter zuständig sind. Die Kosten von Wegeünfallen müssten die Krankenkassen tragen.
Bauverband: #8222;... aber nicht rechtmäßig"
#8222;Die gesetzliche Regelung mag eindeutig sein, damit muss sie aber nicht rechtmäßig sein. Es handelt sich hierbei um verfassungsrechtliche Fragen und um Europäisches Recht. Diesem überaus komplexen Vorgang von vornherein ohne intensive rechtliche Prüfung keine Chance einzuräumen, deutet schon auf eine gehörige Portion Arroganz hin", erklärte der Syndikus des schleswig-holsteinischen Baugewerbeverbandes, Jan Jacobsen, gegenüber handwerk.com. Außerdem trage die Bau-BG, nach Angaben von Jacobsen, an der großen Zahl der Verfahren selber Schuld, da sie der Aufforderung nicht nachgekommen sei, eine Erklärung abzugeben, nach der auch Unternehmen ohne Klage im Anschluss an den Richterspruch mögliche Leistungen erstattet zu bekommen. #8222;Dann darf man sich über eine solche Welle nicht wundern", sagte Jan Jacobsen vom BGV in Kiel.
Ausländische Betriebe im Vorteil
Weiterer Kritikpunkt des Baugewerbeverbandes: Während deutsche Unternehmen bei Aufträgen im Ausland sofort von den dortigen Institutionen zur Kasse gebeten würden, hätten ausländische Unternehmen diese Beiträge in Deutschland nicht zu entrichten. #8222;Diese ungleiche Behandlung führt eindeutig dazu, dass den schleswig-holsteinischen Baubetrieben immer noch mehr Lasten unter dem Deckmantel der Sozialversicherungen aufgebürdet werden und die Konkurrenzfähigkeit dadurch noch weiter eingeschränkt wird", meint Schareck. Mit den Klagen der Bauunternehmen wolle der Baugewerbeverband wieder #8222;tragbare und wettbewerbsfähige Zustände" herbeiführen.