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Digitalisierung + IT

Beton-3D-Druck: Löst die Technik den Fachkräftemangel?

Beton aus dem 3D-Drucker? In Deutschland gibt es das noch nicht. Aber ein Wissenschaftler traut der Technologie einiges zu – auch, den Fachkräftemangel abzumildern.

Auf einen Blick:

  • Auch beim Beton-3D-Druck müssen in Deutschland die anerkannten Regeln der Technik eingehalten werden. Druckverfahren brauchen deshalb eine Zulassung, bevor sie flächenmäßig eingesetzt werden können. Doch die gibt es noch nicht.
  • Beim Thema 3D-Druck mit Beton ist momentan viel in Bewegung. Laut Viktor Mechtcherine von der TU Dresden gibt es bislang keine Projekte im öffentlichen Raum, die mit dieser Technik realisiert wurden – auch nicht im Ausland.
  • Doch nach Einschätzung des Wissenschaftlers hat der 3D-Betondruck durchaus Potenzial. Er traut der Technik zum Beispiel zu, das Fachkräfteproblem auf dem Bau abzumildern.
  • Um ihren Job fürchten, müssten Handwerker allerdings nicht. Mechtcherine geht fest davon aus, dass auf der Baustelle auch künftig Fachkräfte gebraucht werden.

Eine Kaserne aus Beton gedruckt – damit sorgten die US Marines im letzten Jahr für Aufsehen. Auch in anderen Ländern gibt es immer wieder Bauprojekte, die mittels 3D-Druck realisiert werden. Und in Deutschland? „Da gibt es leider bisher kein Projekt“, sagt Viktor Mechtcherine, Direktor des Instituts für Baustoffe an der Technischen Universität (TU) Dresden. Dennoch sieht der Wissenschaftler auch hierzulande Potenzial für den 3D-Druck mit Beton. Im Gespräch erklärt er, welche Herausforderungen es bei der Realisierung von Bauprojekten gibt, ob Handwerker um ihre Jobs bangen müssen und ob 3D-Druck mit Beton nur ein Thema für die Bauindustrie ist.

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Sind andere Länder beim 3D-Druck mit Beton wirklich schon viel weiter?

Rein technisch ist der 3D-Druck mit Beton schon heute möglich. Das zeigen diverse Bauprojekte, über die Medien weltweit berichten. Doch Mechtcherine bremst die Euphorie: „Im öffentlichen Raum sind bisher nur wenige dieser Gebäude zu finden.“ Stattdessen seien die meisten von ihnen auf Firmengeländen zu bewundern. „Es handelt sich überwiegend um Pilot- beziehungsweise Demonstrationsprojekte, deren Wirtschaftlichkeit kaum abzuschätzen ist“, betont der Wissenschaftler. Er weist jedoch darauf hin, dass es inzwischen auch statisch geprüfte und zugelassene Objekte gibt. Als Beispiel nennt er eine Fahrradbrücke im niederländischen Gemert, die bereits ganz normal genutzt werden kann.

Welche Herausforderungen gibt es beim 3D-Druck mit Beton in Deutschland?

Wer in Deutschland baut, muss dabei die anerkannten Regeln der Technik einhalten. Das bedeutet: „Beim Bauen mit Beton müssen Betriebe beispielsweise die Beton-Normen einhalten beziehungsweise eine Zulassung beantragen“, erläutert Viktor Mechtcherine. Der Wissenschaftler ist zwar überzeugt davon, dass es mit dem 3D-Druck möglich ist, druckbare Betone nach der gültigen Beton-Norm herzustellen und zu verarbeiten. Doch einfach auf der Baustelle einsetzen darf man die entsprechenden Verfahren dann noch lange nicht. „Dafür ist eine allgemeine bauaufsichtliche Zulassung oder eine Zulassung im Einzelfall notwendig“, betont Mechtcherine. Und das bedeute für Unternehmen, dass sie Zeit und Geld in die Hand nehmen müssen, um diese zu bekommen.

Im Handumdrehen dürfte allerdings kaum jemand eine Zulassung für ein Druckverfahren mit Beton bekommen. „Es gibt in diesem Zusammenhang viele offene Fragen“, sagt der Wissenschaftler. Dazu gehöre etwa, welche Prüfverfahren für Beton aus 3D-Druckern einzusetzen sind. „Genau das muss geklärt werden, bevor die Technik flächenmäßig eingeführt werden kann.“, betont Mechtcherine. Geförderte Pilotprojekte auf Landesebene hält er hingegen kurzfristig für denkbar. „Aber auch die müssen geprüft werden“, so der Wissenschaftler.

Ist 3D-Betondruck nur ein Hype oder tatsächlich Zukunftsmusik?

„Der 3D-Druck mit Beton ist eines der dynamischsten Themen, die ich je in der Bauforschung erlebt habe“, berichtet Viktor Mechtcherine. Da seien momentan viele unterwegs. „Das lässt hoffen, dass langfristig etwas Umsetzbares herauskommt.“ Denn niemand brauche Sensationen, die lediglich im Internet zu bewundern seien. Wichtig sei etwas Nutzbares.

Zusammen mit Kollegen von der TU Dresden plant Mechtcherine derzeit ein Bauprojekt, das mit dieser Technik realisiert werden soll. „Wir wollen ein neues Verfahren umsetzen“, sagt er. Viel mehr will er nicht verraten. Nur so viel: Es wird kein Großprojekt sein, trotzdem sollen dabei alle relevanten baulichen Belange geprüft werden. Details zum Projekt will der Wissenschaftler Ende des Jahres mit seinen Kollegen bekanntgeben.

In welchen Bereichen hat 3D-Druck mit Beton Potenzial?

„Beim Betonbau wird aktuell viel per Hand ausgeführt“, sagt Viktor Mechtcherine. Automatisierung gäbe es bisher kaum. Der Wissenschaftler von der TU Dresden ist jedoch davon überzeugt, dass das Verbesserungspotenzial durch Digitalisierung immens ist. So habe der 3D-Betondruck das Potenzial:

  • die Produktivität zu steigern,
  • die Herstellungskosten zu senken,
  • Bauprozesse zu beschleunigen und
  • neue architektonische Formen zu entwickeln.

Außerdem könnten durch die Digitalisierung auch bestehende Probleme und Herausforderungen am Bau gelöst werden. Dazu gehört für Mechtcherine vor allem der Fachkräftemangel, aber auch die Knappheit an Ressourcen und das Arbeiten in schwer zugänglichen Bereichen.

Wann ist der Einsatz von 3D-Druckern im Betonbau sinnvoll?

Neben einem geeigneten Gerät braucht man für den 3D-Druck mit Beton vor allem eines: Daten. „Sinn macht der 3D-Betondruck deshalb vor allem, wenn bei einem Bauprojekt schon digitale Pläne vorliegen“, sagt Viktor Mechtcherine. Das sei zum Beispiel der Fall, wenn die Pläne mit einem CAD-Programm erstellt werden und bei einem Bauprojekt BIM (Buildung Information Modeling) genutzt wird. Und wenn keine digitalen Daten vorliegen? „Dann ist es sicherlich weniger aufwendig, ein Bauprojekt auf herkömmliche Weise zu realisieren“, so der Wissenschaftler.

Haben Handwerker beim Bauen mit Beton eine Zukunft?

Digitalisierung bietet Chancen, aber einigen macht sie auch Angst. Doch müssen Handwerker wegen des 3D-Betondrucks um ihre Jobs bangen? „Das Problem am Bau ist eher, dass die Betriebe händeringend nach Fachkräften suchen“, sagt Viktor Mechtcherine. Für ihn birgt der 3D-Druck mit Beton daher vielmehr die Chance, den Fachkräftemangel zu entschärfen. „Viele Jobs am Bau sind nicht so beliebt, weil sie körperlich anstrengend und monoton sind“, so der Wissenschaftler von der TU Dresden. „Hier kann es durchaus Sinn machen, durch Digitalisierung Abhilfe zu schaffen.“ Doch selbst, wenn solche Jobs auf dem Bau durch den 3D-Druck wegfallen sollten, hält Mechtcherine qualifizierte Fachkräfte am Bau auch in Zukunft für unverzichtbar. „Die Prüfung, Steuerung und Überwachung wird in Menschenhand bleiben“, ist er sich sicher. „Viele Aufgaben lassen sich außerdem nur mit einem sehr hohen Aufwand automatisieren.“

Hat 3D-Druck mit Beton auch Potenzial für das Handwerk?

Der 3D-Betondruck ist nach Einschätzung von Viktor Mechtcherine nicht nur ein Thema für die Bauindustrie, sondern durchaus auch eines für das Handwerk. „Die Technologie ist kein Hexenwerk“, sagt er. Das könnten auch Zwei-Mann-Betriebe umsetzen. Alles, was sie dafür bräuchten, sei ein Industrieroboter, ein Druckkopf, der die Zufuhr mit Beton ermöglicht, und Daten in passendem Format.

Doch wie könnte der Einsatz eines solchen 3D-Druckers im Handwerk künftig aussehen? Mechtcherine könnte sich beispielsweise einen kleinen Betrieb vorstellen, der sich auf den Bau von Garagen oder Verzierungselementen spezialisiert. „Dazu braucht man lediglich eine plane Oberfläche und einen 3D-Drucker“, sagt der Wissenschaftler. Die Anschaffung der Technik sei allerdings eine recht große Investition. „Die Frage ist daher, ob sich die für einen kleinen Betrieb wirklich lohnt“, meint der Direktor des Instituts für Baustoffe an der TU Dresden. Geklärt werden müsse zudem, wie die Konstruktion und Statik realisiert werden. Dazu sieht er kleine Handwerksbetriebe aber durchaus in der Lage. Tipp: Innovativen Firmen, die ihre Ideen zum Thema 3D-Druck mit Beton umsetzen wollen, bietet Professor Mechtcherine Kooperation an.

Was bringt die Zukunft?

Die Entwicklung lässt sich schwer vorhersagen – also auch, ob eines Tages im Betonbau mehr gedruckt als konventionell gebaut wird. „Eine genaue Jahreszahl vorherzusagen, ist unseriös“, sagt Viktor Mechtcherine. Allerdings ist er sich sicher, dass es eher noch Jahrzehnte als Jahre dauern dürfte, bis der 3D-Betondruck den Bau dominieren könnte.

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