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Gerichtsstand Spanien

Betriebe kriegen die Rechnung

Das spanische Unternehmen "Medien Aktuell S. L." verunsichert derzeit deutsche Betriebe. Dafür sorgen auch die gewitzten Formulierungen in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Onlineverzeichnis-Anbieters.

Das Telefon klingelt und eine freundliche Stimme fragt Sie nach Ihren Adressdaten. Käme Ihnen das „spanisch“ vor? Damit würden Sie richtig liegen. Dass "Internetverzeichnisse den Marktplatz Spanien entdeckt und von dort aus ihren Geschäften nachgehen“, berichtet die Handwerkskammer Konstanz.

Derzeit sollen Mitarbeiter des spanischen Anbieters „Medien Aktuell S. L.“ verstärkt bei deutschen Handwerksbetrieben anrufen. Die Frage: Sind die Adressdaten für das Internetverzeichnis das-firmenregister.com noch korrekt? Die Bitte: Dürfen wir das Gespräch aufzeichnen? Die Folge: Wer darauf eingeht und die Adressdaten korrigiert, erhält prompt die Auskunft, dass die Daten damit aktualisiert seien und dem Betrieb eine Rechnung über 295 Euro zugesandt werde.

Krasse AGB-Formulierungen – lesen Sie Seite 2.

Es gilt spanisches Recht

Interessant ist der Blick in die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Firma, gleich im ersten Paragraf steht ein Satz, der sich wie eine Drohung liest: Der aufgezeichnete „Quality-Call“ werde in der Kundenkartei gespeichert und „notfalls zur Beweissicherung (eventuelles Mahn- und Gerichtsverfahren) verwendet“. Abgerundet wird diese nette Formulierung durch Paragraf 13: „Es gilt spanisches Recht und der Gerichtsstand ist Las Palmas.“

Las Palmas! Kanarische Inseln! Sonne das ganze Jahr! Den Klageweg dürften Betriebe dennoch scheuen. Sitz, Gerichtsstand oder Bankverbindung im Ausland: Dadurch solle „in vielen Fällen lediglich die Rechtsverfolgung erschwert werden“, sagt Lothar Hempel, Jurist im Fachbereich Wirtschaft und Arbeit der Handwerkskammer Konstanz.

Wie schwierig die Prozessführung gegen Adressbuchschwindler im Ausland ist, mussten unlängst österreichische Betriebe erfahren. Dass Prozesse gegen ein spanisches Unternehmen zu Ungunsten der betroffenen Betriebe ausgingen, berichtet die Wirtschaftskammer Österreich. Und selbst Profis wie die Juristen vom Österreichischen Schutzverband gegen unlauteren Wettbewerb konnten erst nach monatelangen Verzögerungen ein wettbewerbsrechtliches Urteil gegen das Branchenverzeichnis erstreiten.

Nächste Seite: raubwirtschaft.info listet mehr als 30 Anbieter in Spanien.

Die Liste von Anbietern in Spanien ist lang

Nach dem Luganer Abkommen sind Gerichtsstandsvereinbarungen in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen gegenüber Nichtkaufleuten generell unwirksam. „Damit haben die meisten Handwerksbetriebe nichts zu befürchten“, sagt Kammerjurist Hempel. Vor übereilten Vertragsabschlüssen mit Firmen in der Adressbuch- und Werbebranche, die ihren Sitz, Gerichtsstand oder Bankverbindung im Ausland haben, warnt er dennoch eindringlich.

Wir haben „Medien Aktuell S. L.“ in einer Presseanfrage mit den Vorwürfen konfrontiert und – wie so oft in vergleichbaren Fällen – keine Antwort erhalten. Allein die Internetseite raubwirtschaft.info listet übrigens mehr als 30 weitere Anbieter, die von Spanien aus europaweit aktiv sind. Häuftigster Standort für die Firmensitze: Mallorca.

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