Auf einen Blick:
- Bei der Betriebsaufgabe ist auch der Aufgabegewinn aus einem dem Betriebsvermögen zugeordneten häuslichen Arbeitszimmer zu versteuern.
- Abschreibungen sind bei der Betriebsaufgabe selbst dann voll zu berücksichtigen, wenn das Arbeitszimmer während der Nutzung nur begrenzt abzugsfähig war und die Abschreibungen nur zu einem geringen Teil steuerwirksam wurden.
- Klingt paradox? Der BFH hat eine einleuchtende Begründung.
Gehört ein häusliches Arbeitszimmer zum Betriebsvermögen, dann sind die Abschreibungen bei der Ermittlung des Aufgabegewinns im vollen Umfang abzuziehen. Das gilt auch dann, wenn der Betriebsinhaber die Abschreibungen in den Jahren zuvor nicht voll steuerlich geltend machen konnte. Das hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden.
Der Streit: Welche Abschreibungen zählen bei der Betriebsaufgabe?
Ein Selbstständiger hatte sein häusliches Arbeitszimmer dem Betriebsvermögen zugeordnet. Weil der Raum nicht den Mittelpunkt seiner beruflichen Tätigkeit darstellte, erlaubte das Finanzamt nur den begrenzten Steuerabzug von 1.250 Euro pro Jahr als gewinnmindernde Ausgaben. Dadurch konnte der Selbstständige nur einen geringen Teil der jährlichen Abschreibungen auf das Arbeitszimmer steuerlich geltend machen.
Nach rund 14 Jahren gab er die Selbstständigkeit auf. Das Betriebsvermögen besteuerte das Finanzamt wie in einem solchen Fall üblich als Aufgabegewinn. Damit galt auch für das Arbeitszimmer: Marktwert - Buchwert = Aufgabegewinn.
Zum Streit kam es um die korrekte Berechnung des Buchwertes: Der Fiskus zog dabei die gesamten Abschreibungen von den Anschaffungskosten ab. Nach Ansicht des Selbstständigen hätte es jedoch nur jenen kleinen Teil der Abschreibungen abziehen dürfen, die es ihm in den Jahren zuvor als abziehbare Aufwendungen zugebilligt hatte. Nach seinen Berechnungen hätte sich demnach beim Arbeitszimmer ein deutlicher Aufgabeverlust ergeben, statt des vom Finanzamt ermittelten fünfstelligen Aufgabegewinns.
Der Selbstständige sah darin eine Verletzung seines Grundrechts auf Gleichbehandlung gemäß Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes - und klagte gegen den Steuerbescheid.
Das Urteil: Volle Abschreibungen auf Arbeitszimmer sind nicht verfassungswidrig
Der BFH entschied zugunsten des Finanzamtes. Maßgeblich für die Ermittlung des Buchwertes seien die kompletten Abschreibungen. Dass der Selbstständige in den Jahren zuvor steuerlich von den Abschreibungen nur einen geringen Teil gewinnmindernd absetzen konnte, spiele steuerlich keine Rolle und sei auch nicht verfassungswidrig.
Tatsächlich macht das Finanzamt einen einzigen, vom Gesetzgeber gewollten und sachlich begründeten Unterschied bei der laufenden steuerlichen Behandlung häuslicher Arbeitszimmer: Entweder handelt es sich um den Mittelpunkt der betrieblichen Tätigkeit – dann sind die Kosten voll absetzbar. Oder es gibt einen Hauptarbeitsplatz im Betrieb – dann sind nur 1.250 Euro im Jahr für das heimische Büro absetzbar.
Dazu der BFH: Würde das Finanzamt auch bei der Betriebsaufgabe nur die abzugsfähigen Abschreibungen berücksichtigen, würde es damit dieses Abzugsverbot nachträglich rückgängig machen. Denn dann steige der Buchwert wodurch der Aufgabegewinn sinke. Dann ergebe sich „anders als vom Gesetz gewollt“, kein Unterschied zwischen einem voll und einem beschränkt abziehbaren häuslichen Arbeitszimmer.
Hier könne auch nicht von einer Doppelbestrafung die Rede sein: Das Abzugsverbot werde nur bei der Ermittlung des Jahresgewinns angewendet. Bei der Ermittlung des Aufgabegewinns werde es nicht ein zweites Mal angewendet – sondern „lediglich nicht rückgängig gemacht“. (Urteil vom 16. Juni 2020, Az. VIII R 15/17)
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