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Umbruch im Frisörhandwerk

Branchenreport: Umbruch im Frisörhandwerk

Seit Jahren stagniert der Umsatz in den Frisörsalons. Veränderte Gewohnheiten führen dazu, dass die Verbraucher ihr Geld für andere Dinge, vor allem im Freizeitbereich und für Reisen ausgeben. Die Lage ist nicht dramatisch, doch das deutsche Frisörhandwerk befindet sich in einer Phase der Neuorientierung. handwerk.com zeigt Trends und Strategien auf.

Seit Jahren stagniert der Umsatz in den Frisörsalons. Veränderte Gewohnheiten führen dazu, dass die Verbraucher ihr Geld für andere Dinge, vor allem im Freizeitbereich und für Reisen ausgeben. Die Lage ist nicht dramatisch, doch das deutsche Frisörhandwerk befindet sich in einer Phase der Neuorientierung. Die Zielrichtung heißt: Fort vom reinen Haar-Dienstleister hin zum umfassenden Schönheitsberater. Dessen Arbeit beginnt zwar weiterhin bei Haarschnitt und Haarfarbe. Darüber hinaus bietet er aber auch dekorative Kosmetik sowie Farb- und Stilberatung an - gepflegtes Äußeres als Komplettlösung.

Branchentrend: Sinkende Umsätze bei steigenden Preisen

Gegenstrategie: Kundenwünsche aufgreifen

Gesundheit- und Umweltbewusstsein erlernen

Meisterassistent im Frisörhandwerk

Steigende Ausbildungszahlen

Fortbildung #8211; ein Leben lang

Branchentrend: Sinkende Umsätze bei steigenden Preisen

Der Wandel hat einen Grund: Vom leichten Anstieg des privaten Verbrauchs können die Frisören nicht profitieren. Im Gegenteil. Nach Angaben des Zentralverbandes des Deutschen Friseurhandwerks (ZDF) sank der Branchenumsatz im Jahr 2000 gegenüber dem Vorjahr um 3,3 Prozent auf knapp neun Milliarden Mark.

Vor allem die Häufigkeit der Frisörbesuche geht zurück. Im Durchschnitt ging jede Frau laut einer Verbaucherbefragung der Gesellschaft für Konsumforschung im Jahr 1998 genau 6,8 mal zum Frisör, 1999 waren es nur noch 6,4 mal. Die Frisörbesuche der männlichen Kunden gingen im selben Zeitraum um 4,9 Prozenz zurück. Gleichzeitig ziehen die Preise an: Jeder Frisörbesuch kostete die Damen in 2000 durchschnittlich 55 Mark, im Vorjahr waren 51,55 Mark, Männer gaben ebenfalls fast zehn Prozent mehr aus und kamen im Durchschnitt auf rund 32 Mark.

Zu schaffen macht der Branche zudem der sinkende Anteil der Bevölkerung, der überhaupt noch zum Frisör geht. Vor allem Männer zog einer Studie des Zentralverbandes des Deutschen Friseurhandwerks zufolge seltener in die Frisörsalons. Gingen 1999 noch 75 Prozent aller Männer zum Frisör, waren es im vergangenen Jahr nur noch 70 Prozent. Ein leichtes Plus erreichte die Branche bei den Frauen mit knapp 80 Prozent (1999: 79,2 Prozent.) Die Do-it-Yourself-Methode - beispielsweise mit Haarfärbeprodukten aus dem Einzelhandel - und die Schwarzarbeit dürften nach Expertenmeinung im selben Umfang wachsen.

Diese Stagnation steht jedoch im Gegensatz zum kontinuierlich steigenden Schönheitsbewusstsein der Bevölkerung. #8222;Der Markt wird enger, und man muss mit marktwirschaftlichen Mitteln dagegenhalten", beurteilt Obermeister Karl-Heinz Gottschling aus Magdeburg die Lage.

Manchen angestammten Salons machen zudem Frisörketten das Leben schwer. #8222;Durch ihre Struktur können sie Probleme in einem Betrieb durch den anderen überbrücken und haben so die Möglichkeit zu Dumpingpreisen, meint Karl-Heinz Goedecke, Vorsitzender des Verbandes der Haarformer in Sachsen-Anhalt.

Gegenstrategie: Kundenwünsche aufgreifen

Ein weiteres Problem haben die Marktforscher von Burge Infratest aufgespürt. Ihre Diagnose: #8222;Strukturelle Defizite im Bereich der kundenorientierten Beratung, also der Kommunikation, und der Preistransparenz".

Dabei geht es oft schon um ganz einfache Dinge: #8222;Wenn ich in einem Restaurant gefragt werde, ob ich mein Steak medium oder gut durchgebraten hätte, stellt mir der Kellner dafür auch nicht einen höheren als den in der Speisekarte ausgewiesenen Preis in Rechnung," macht Wolfgang Tödt, Geschäftsführer der niedersächsischen Landesinnung des Frisörhandwerks, die Frustration der Kunden deutlich. Tödt rät deshalb zum Komplettpreis. Darüberhinaus empfiehlt er verstärkte Beratung, etwa durch den Einsatz von Frisursimulatoren, mit deren Hilfe sich die Kundin einmal mit einer völlig neuen Frisur auf einem Foto begutachten und so besser entscheiden kann, ob ihr diese Veränderung gefällt. Positive Trends sieht Tödt bei Frisören, die ihre eigene Persönlichkeit vermarkten und diese Dynamik auf die Mitarbeiter übertragen. Denn die müssen mitziehen, damit die gesamte Atmosphäre im Salon stimmig ist.

Gesundheit- und Umweltbewusstsein erlernen

Der ZDF ist angesichts der Lage in der Branche nicht untätig: #8222;HAIR Q - die Qualitätsoffensive für das Handwerk" lautet seine Antwort auf die Probleme. Startschuss war die neue Ausbildungsordnung, die seit August 1997 in Kraft ist und Frisörhandwerkliche Fähigkeiten mit kosmetischen Behandlungsformen und Beratungskompetenz verbindet. Hinzu kam eine Neueregelung der überbetrieblichen Unterweisung zu Themen wie Dauerwellen- und Schnitttechniken sowie eine Weiterentwicklung der Meisterprüfung. #8222;Die gesamte Aus- und Weiterbildung ist marktgerechter geworden", betont Dirk Kramperech, der für die Öffentlichkeitsarbeit des Zentralverbandes verantwortlich zeichnet. So sei die Kommunikationsfähigkeit gestärkt worden. #8222;Kunden wollen heute auch in Fragen der Umwelt und der Gesundheit beraten werden. Deshalb muss man - wenn man im Frisörhandwerk erfolgreich bestehen will - in Menschen investieren, also die Grund- und Weiterbildung stärken".

Meisterassistent im Frisörhandwerk

In dieses Konzept passt das Pilotprojekt #8222;Meisterassistent im Frisörhandwerk", womit eine neue Ebene zwischen Geselle und Meister und damit eine neue Aufstiegsmöglichkeit geschaffen wird. In Zusammenarbeit mit der Universität Köln werden den jungen Frisören besondere Kompetenzen für die Bereiche Ausbildung und Betriebswirtschft vermittelt, mit denen sie die Leitung des Salons entlasten können.

Doch muss dazu auch das Konzept des Betriebs stimmen. Krambrecht rät deshalb zur Standortanalyse: Wie ist meine Klientel strukturiert und wie kann ich die einzelnen Kundenkreise gezielt ansprechen? Diese Fragen müssten klar beantwortet sein. #8222;Ich glaube, dass sich unsere Branche ähnlich wie die Gastronomie entwickeln wird", meint ZDF-Präsident Alfred Preußner. #8222;Da gibt es das ganze Spektrum von der Kneipe über das gutbürgerliche Lokal bis zum Gourmettempel."

Steigende Ausbildungszahlen

Mit insgsamt 43 839 Auszubildenden im Jahr 1999 stieg die Zahl der Auszubildenden Mit insgsamt 43 839 Auszubildenden im Jahr 1999 stieg die Zahl der Auszubildenden nach Angaben des ZDF im Vergleich zum Vorjahr um 5,7 Prozent. #8222;Go ahead! Trendmacher Frisör/in. Der Beruf für Kopfarbeiter" lautet der Slogan, mit dem die Branche um motivierte Jugendliche mit guter schulischer Qualifikation wirbt. Doch die Zunahme des Nachwuchses birgt auch Gefahren, warnt Obermeister Karl-Heinz Gottschling: #8222;Eine unwahrscheinliche Menge von Lehrlingen wird in unseren Bereich hineingepumpt. Die kann das Handwerk später gar nicht aufnehmen, und damit ist Schwarzarbeit vorprogrammiert."

Fortbildung #8211; ein Leben lang

Doch mit dem Abschluss der Lehre ist es gerade in dem stark an der Mode orientierten Frisörberuf nicht getan. Das Angebot an Seminaren, auch durch Betriebe der Fachindustrie wie Goldwell, L´Oreal, Schwarzkopf und Wella, sei sehr umfassend, sagt Wolfgang Tödt. #8222;Doch das geht nach dem Motto, es ist Krieg, und keiner geht hin," kritisiert er die aus seiner Sicht mangelnde Bereitschaft der Branche zur Weiterbildung. Denn nur 10 bis 20 Prozent der Betriebe nähmen diese Angebote auch wahr. #8222;Dabei lassen sich die Kosten dafür doch steuerlich anrechnen", unterstreicht er. #8222;Wir haben zwar auch Spitzenkräfte, aber bei der breiten Masse des Nachwuchses gibt es wenig Bereitschaft, sich zu entwickeln", meint Obermeister Gottschling. #8222;Wir sind aber ein Beruf, bei dem man sein Leben lang lernen muss. Sonst geht es nicht."

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