Der Fall: Eine dreifach geimpfte Mitarbeiterin reist Ende Januar 2022 in die Dominikanische Republik. Kurz vor der Abreise gilt das Land laut Robert-Koch-Institut als Hochrisikogebiet. Die Inzidenz liegt dort am Abreisetag bei 377,7 und in Deutschland bei 878,9.
Direkt nach der Rückkehr wird die Mitarbeiterin positiv auf das Coronavirus getestet. Sie ist symptomlos, erhält aber eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung. Die erkennt ihr Arbeitgeber nicht an und leistet keine Entgeltfortzahlung. Daraufhin verklagt die Frau das Unternehmen auf Entgeltfortzahlung.
Das Urteil: Das Landesarbeitsgericht (LAG) entscheidet zu Gunsten der Mitarbeiterin. Ein Arbeitnehmer sei auch dann arbeitsunfähig ist, wenn er symptomlos Corona-positiv getestet ist und nicht im Homeoffice arbeiten könne. Die Mitarbeiterin habe gegenüber ihrem Arbeitgeber zwar geäußert, dass „es ihr ganz gut gehe“. Doch dadurch entfalle der hohe „Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung“ nicht.
Aus Sicht des LAG hatte die Frau ihre Arbeitsunfähigkeit auch nicht verschuldet. Ein Verschulden setze einen „groben Verstoß gegen das Eigeninteresse eines verständigen Menschen voraus“. Den konnten die Richter in diesem Fall jedoch nicht erkennen. Denn eine Reise in ein Hochrisikogebiet, in dem die Inzidenz niedriger sei als am Arbeits- oder Wohnort, führe zu keiner selbstverschuldeten Arbeitsunfähigkeit.
Wegen der grundsätzlichen Bedeutung des Fall hat das LAG die Berufung zugelassen. (Urteil vom 27. Juni 2022, Az.: 5 Ca 229 f/22)
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