Der Anlass war eigentlich erfreulich: "Kunden hatten mich und meine Lebensgefährtin zu ihrem Firmenjubiläum eingeladen, berichtet Christian Berger*. Doch als das Fest näherrückte, wurde dem Elektromeister immer mulmiger zumute: "Das ging schon bei der Vorbereitung los: Was für ein Geschenk sollten wir kaufen? Eingeladen hatten uns die jüngste Generation der Familie doch die Eltern gehörten ebenfalls mit zu den Gastgebern. Sollten wir ihnen auch etwas mitbringen? Dann die Glückwunschkarte: Wie persönlich darf der Text sein? Als der Unternehmer schließlich mit seiner Partnerin auf dem Fest ankam, taten sich weitere Fragen auf: "Wen von den insgesamt sechs Gastgebern begrüßt man zuerst? Gibt man allen die Hand? Mit welchen Worten stellt man sich vor?
Sicheres Auftreten ist für Unternehmer unverzichtbar"
"Das sind alles Dinge, die für Führungskräfte eigentlich selbstverständlich sein sollten, sagt der Geschäftsführer der Handwerkskammer Braunschweig und Leiter des Berufsbildungszentrums (BBZ), Harry Kroll. Ein sicheres Auftreten sei für erfolgsorientierte Unternehmer unabdingbar. "Doch immer wieder höre ich von Betriebsinhabern, dass sie in diesem Bereich viele Defizite haben vor allem von der jüngeren Generation.
Um diesem Mangel entgegenzuwirken, hat das BBZ im Frühjahr ein neues Fortbildungsangebot in seinen Seminarplan aufgenommen: "Mit Knigge im Trend. Ob "Vorstellung und Begrüßung, "Gastlichkeit von der Einladung bis zur Verabschiedung oder der richtige Umgang mit Besteck und Gläsern: Auf dem Themenplan stehen zwei Abende lang die wichtigsten Umgangsformen. Angemeldet hat sich auch Elektromeister Berger. Zu diesem Schritt bewegte ihn weniger die Furcht vor einer möglichen Blamage. "Natürlich will ich nicht negativ auffallen. Aber viel wichtiger ist mir etwas anderes: Ich wünsche mir einfach mehr Sicherheit, damit ich lockerer werde. Der 31-Jährige ist genervt von der eigenen Beklommenheit: "Es hemmt mich, wenn ich nicht weiß, wie ich mich zu verhalten habe.
Produktqualität alleine genügt nicht
Zwar entscheidet über den Erfolg eines Betriebes in erster Linie die Qualität seiner Produkte und Dienstleistungen. Doch die alleine reiche nicht aus: "Das Marketing gewinnt immer mehr an Bedeutung. In diesem Bereich ist der Unternehmer sein eigener Verkäufer: Die Sicherheit seines Auftretens wird gleichgesetzt mit der Qualität des Produkts. Der Markt achtet sehr genau darauf, erläutert Kroll. Und in der Geschäftswelt gelten noch immer sehr traditionelle Werte und Normen: Danach wird man beurteilt.
Warum gerade jüngere Unternehmer sich oft unsicher fühlen auf dem gesellschaftlichen Parkett, erläutert der Kommunikationstrainer Kai-Uwe Achilles. "Bei der so genannten 68er-Generation waren Anstand und Benimm verpönt deshalb haben sich in der Folge weder die Familien noch die Schulen darum bemüht, jungen Menschen entsprechende Fähigkeiten beizubringen, erklärt der Referent des Braunschweiger "Knigge-Seminars. "Nun schlägt das Pendel aber wieder um, und es wird zunehmend erkannt, dass gewisse Höflichkeitsregeln das Zusammenleben schlichtweg erleichtern.
Dabei gehe es nicht darum, starre Anstandsregeln zu befolgen: Höflichkeit sei die Kunst, sich in jeder Situation angemessen zu verhalten, betont Achilles.
(*Name von der Redaktion geändert)
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