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Fahrbericht: Dacia Logan

Das Lächeln des Monsieur Valin

Der Dacia Logan rollt seit Mitte Juni auf den deutschen Markt. handwerk.com hat den rumänischen Kleinwagen getestet ? auf rumänischen Autobahnen.

Der Dacia Logan rollt seit Mitte Juni auf den deutschen Markt. handwerk.com hat den rumänischen Kleinwagen getestet ? auf rumänischen Autobahnen.

von Heiner Siefken

Geschwindigkeitsbegrenzungen? "Sind hier eher selten", sagt Dina Stoica und legt den Sicherheitsgurt an. Die Pressesprecherin sitzt auf dem Beifahrersitz eines nagelneuen Dacia Logan. Dass sie mich vom Hotel in Bukarest zum Dacia-Werk in Mioveni und wieder zurück fahren lässt, ist kein schlechter Schachzug. Denn jeder Kilometer Autobahn, den wir hinter uns lassen, ist wie eine Feststellung: Die Autos von Dacia müssen robust sein. Ausrufezeichen. 240 Kilometer durch die rumänische Walachei (kein Scherz, so heißt die Landschaft nun einmal), Schlaglöcher wie Vulkankrater - diese Teststrecke hat es in sich. Pannen-Statistiker hätten ihren Spaß in diesem Land.

Seit Mitte Juni lassen der Mutterkonzern Renault und die kleine Tochter Dacia den Logan auf den westeuropäischen Markt rollen. Das Auto, das Stoica mir anvertraut, unterscheidet sich von der West-Version in einem entscheidenden Detail: den Reifen. Was die Autohersteller den osteuropäischen Verbrauchern zumuten, ist robust, aber den Test-Logan lassen die rumänischen Originalreifen über die Autobahn tanzen, als wollten sie persönlich den Schlaglöchern ausweichen.

Frage: Was ist die entscheidende Erkenntnis, für die der Formel 1-Zirkus in den vergangenen Jahren endlose Runden drehen musste? Antwort: Die Bereifung hat gewaltigen Einfluss auf das Fahrverhalten! Und Schumi amp; Konsorten haben nicht einmal mit Straßenunebenheiten zu kämpfen. Für den Export setzt Dacia auf Produkte aus dem Hause Continental.

Als die Tachonadel 150 zeigt, wird Stoica dann doch nervös. "Windig heute", lautet ihr Kommentar. Und zwei Minuten später, bei 160: "Sogar sehr windig." Ich muss an meinen Fahrschullehrer denken. Der hatte so seine Standardweisheiten, etwa: "Der Teufel fährt und wählt links." Und: "Beim Überholen von Lastkraftwagen müsst ihr richtig fest zupacken, wenn ihr den Windschatten wieder verlasst."

Nach dem sechsten Truck schmerzen mir regelrecht die Hände. Auf 175 soll es die stärkere der beiden Motorversionen bringen. 100 ist auch ganz schön. Und es bleibt Zeit, sich umzusehen. Gilt auf rumänischen Autobahnen eigentlich eine Mindestgeschwindigkeit? Das Pferdegespann auf dem Standstreifen würde sie jedenfalls unterbieten. An den Ausfahrten stehen alte Frauen und verkaufen Gemüse.

Stufenheck aus der Walachei

Dass es sich beim Logan nur teilweise um ein rumänisches Auto handelt, wird sofort nach der Ankunft in Mioveni deutlich. Riesige blaue Lettern springen dem Besucher ins Auge: "Dacia groupe Renault." Die Beziehung zwischen Renault und Dacia ist gewachsen, der französische Mutterkonzern vergibt seit automobilen Ewigkeiten die Lizenzen für den Bau ausgemusterter Modelle nach Rumänien.

Nicht einmal der Rotwein in der Manager-Kantine stammt aus hiesigem Anbau: Produktionsabläufe von Renault, Führungskräfte von Renault, Motoren von Renault, Ersatzteile von Renault. Eine Million Trainingsstunden haben die Mitarbeiter in Mioveni hinter sich. In Rumänien scheint sich die kleine industrielle Revolution herumgesprochen zu haben. 2004 hat Dacia 80.000 Fahrzeuge im eigenen Land verkauft, knapp 22.000 mehr als 2003 ? eine Marktabdeckung von 45 Prozent.

Eine Design-Revolution ist Dacia mit dem kantigen Logan nicht gelungen. Die unzähligen älteren Dacias, an denen wir während der Schlagloch-Rallye vorbeiholpern, gehören optisch eindeutig zur nahen Verwandschaft. Der Logan hält am Stufenheck fest. Das Design hat sich bewährt. In Rumänien.

Die Dacia-Modelle der zurückliegenden Jahrzehnte sind mehr oder weniger gelungene Kopien des alten Renault 12. Kennen Sie Menschen, die früher den R12 gefahren sind? Die R12-Fahrer, die ich kannte, entsprachen nicht gerade dem Prototyp des Durchschnittsbürgers. "Irgendwie schrullig." Das galt gleichermaßen für Fahrer und Auto. Von der Form über den enervierenden Blinkerton bis zum ungewöhnlichen Fahrverhalten ? der Logan hat einige der schrulligen Anteile geerbt. Es gibt zur Zeit kein Auto, mit dem er wirklich vergleichbar ist. Eigentlich symphatisch.

Von Zeit zu Zeit überholen wir Brummies, die auf dem Standstreifen stehen. Sind die alle liegen geblieben? "Nein, die parken", sagt Stoica. Ich bin mir nicht sicher, ob sie mich jetzt auf den Arm nimmt.

Unschlagbarer Preis

"Ökonomie, Solidität, extrem große Zuladung, Komfort ? und das alles zu einem unschlagbaren Preis", das sind die Logan-Pluspunkte aus Sicht von Simon Valin, Dacias selbstverständlich französischem "Directeur Industriel". Ob die knapp 7200 Euro, die der Logan in West-Europa kostet, als Argument für den massenhaften Verkauf genügen? Immerhin 200.000 Einheiten will Dacia ab 2006 produzieren, 60 Prozent davon sind für den Export bestimmt.

Vor einem möglichen Verkaufserfolg muss Dacia noch reichlich Image-Probleme des osteuropäischen Automobilbaus über den Haufen fahren. Westliche Auto-Medien haben den Logan in den zurückliegenden Monaten immer wieder ausgebremst, selbst die Rückruf-Aktion wegen der wackligen Schraube eines Wagenhebers fand Verbreitung. Und: Die Zeitschrift Auto Bild ließ einen fünf Jahre alten Golf und einen neuen Logan gemeinsam gegen die Wand fahren. Im Vergleich hat der Logan reichlich Beulen abbekommen. Spötter fragen sich allerdings, ob Auto Bild in der nächsten Ausgabe eine alte S-Klasse und einen neuen Seat einem Vergleichs-Crashtest unterziehen wird.

In seinem Büro in Mioveni entlocken Monsieur Valin die Negativ-Berichte über den Logan nur ein Lächeln. Er steht vor einer Landkarte, die seine Bürowand schmückt. Für ein Foto deutet der Franzose wie selbstverständlich auf West-Europa. "Dort gibt es viele Menschen, für die der Logan das richtige Auto ist. Das richtige Auto für Familien, das richtige Auto für Studenten." Und dann verwandelt sich ein verschmitztes in ein siegessicheres Lächeln.

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