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Digitalisierung + IT

Datenmonopole: „Wir brauchen faire Wettbewerbsbedingungen“

Wie schaden Datenmonopole Handwerksbetrieben und Verbrauchern? Ein Handwerker und ein Rechtsanwalt ordnen ein.

Auf einen Blick:

  • Handwerksunternehmer Stefan Ellies will sein Unternehmen vom klassischen Handwerksbetrieb zum modernen Dienstleistungsunternehmen entwickeln. Dazu gehören auch moderne Service-Angebote.
  • Problem: Auf Basis von Nutzungsdaten installierter Geräte können Handwerker potenziell keine neuen Dienstleistungen entwickeln. Denn bisher haben nur die Hersteller direkten digitalen Zugriff zu ihrem Produkt und seinen Nutzern, bemängelt der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH). Er sieht dadurch den fairen Wettbewerb in Gefahr.
  • Der Zentralverband der Deutschen Elektro- und Informationstechnischen Handwerke warnt: Verbauen Handwerker künftig vernetzte Geräte, auf die nur der Hersteller Zugriff hat, werfen sich die Betriebe selbst aus dem Servicegeschäft.
  • Nicht nur für das Handwerk entstehen Probleme aus Datenmonopolen. Auch verwehrten sie Endverbrauchern die Chance, selbst zu entscheiden, ob sie Hersteller oder Handwerker als Service-Anbieter beauftragen, warnt der Zentralverband der Deutschen Elektro- und Informationstechnischen Handwerke.

Stefan Ellies hat ein Ohr für seine Kunden. Sein 14-Mitarbeiter starkes Unternehmen, die Wilksch-Ellies GmbH, bietet professionelle Handwerks-Leistungen in Bereichen wie Heizung und Klima, Bäder, Elektro und Smarthome an. Auf gute Beratung legt das Unternehmen aus dem niedersächsischen Uslar dabei besonderen Wert.

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Auf dem Weg zum modernen Dienstleister

„Wir beraten unsere Kunden und entwickeln mit ihnen die für sie ideale Lösung“, sagt Ellies. Denn ein Produktdatenblatt allein verrate nicht, ob ein Gerät für einen Kunden das richtige sei. Man müsse auch im Blick haben, wie es eingesetzt werden soll, welches Budget der Kunde hat und wie zukunftsfähig die Technologie ist. „Eine Wärmepumpe ist zum Beispiel sehr sparsam im Energieverbrauch, aber wenn mein Kunde es liebt, häufig Vollbäder zu nehmen, ist sie für ihn nicht immer gut geeignet“, erklärt der Ingenieur.

Stefan Ellies hat es sich zum Ziel gesetzt, die Wilksch-Ellies GmbH vom klassischen Handwerksbetrieb zum modernen Dienstleistungsunternehmen zu entwickeln. Dazu kann gehören, dass das Unternehmen Kunden auch auf Basis von Nutzungsdaten, die beim Betrieb vernetzter Geräte anfallen, neue Service-Angebote macht. Schließlich verbauen Handwerker immer mehr Geräte bei Endkunden, die während ihres Betriebs Daten erzeugen, die sich auswerten, verarbeiten und für neue Dienstleistungen nutzen lassen.

Problem: Laut Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) drohen Datenmonopole eine Teilhabe des Handwerks an solchen datenbasierten Dienstleistungen zu verhindern. Tatsächlich hätten bisher nur die Hersteller direkten digitalen Zugriff zum Produkt und dessen Nutzern, schildert der Verband. Handwerker, die zu diesen Informationen keinen Zugriff haben, können auf dieser Basis auch keine passenden Dienstleistungen entwickeln und anbieten.

Interessenkonflikt der Handwerker

Hier steuern viele Handwerksbetriebe laut dem Zentralverband der Deutschen Elektro- und Informationstechnischen Handwerke (ZVEH) auf einen Interessenkonflikt zu. „Verbauen Handwerker künftig Produkte mit Sensoren, deren Daten ausschließlich der Hersteller zur Entwicklung von Serviceangeboten nutzen kann, dann werfen sich die Betriebe selbst aus dem Servicegeschäft“, sagt Alexander Neuhäuser, Geschäftsführer Recht und Wirtschaft beim ZVEH.

Der ZVEH sieht die Elektro- und Informationstechnischen Handwerke von dieser Entwicklung potenziell stark betroffen. „In unserer Branche gab es schon immer viele IT-Anwendungen und aktuell werden immer mehr Geräte vernetzt“, sagt Neuhäuser. Der ZVEH unterstützt daher die ZDH-Forderung nach einer fairen Datenökonomie und war an der Entwicklung der Forderungen beteiligt.

Datenmonopole: Gefahr für Verbraucher

Eine wachsende Zahl industrieller Hersteller entwickelt laut Neuhäuser derzeit eigene Cloud-Plattformen, auf denen Daten gesammelt und ausgewertet werden. Dass nur die Hersteller selbst darauf Zugriff haben, sei nicht nur aus Sicht des Handwerks bedenklich, sondern auch aus Sicht der Verbraucher. „Der Kunde soll entscheiden können, ob er Hersteller oder Handwerker als Service-Anbieter beauftragen will“, sagt der ZVEH-Rechtsanwalt. Diese Wahlmöglichkeit fehlt, wenn allein der Hersteller Zugriff auf die Betriebsdaten eines Produkts hat.

Die Folge solcher Datenmonopole: Sie führten laut ZVEH zu einer Monopolisierung des Service-Angebots, in der der Verbraucher sein Mitspracherecht verliere. „Vereinfacht gesagt kann ein Endkunde nach dem Kauf eines vernetzten Gerätes die Nutzungsbedingungen des Herstellers akzeptieren oder das Gerät wegwerfen“, erklärt Neuhäuser.

Handwerker und Verbraucher durch Regulierung schützen

Daher brauche es eine gesetzliche Regulierung. Dazu gehöre unter anderem, dass Hersteller verpflichtet werden müssten, ihre Plattformen, auf denen die Nutzungsdaten zusammenlaufen, zu öffnen. So würden sie Handwerkern ein Servicegeschäft ermöglichen und Kunden die Wahlmöglichkeit im Service-Bereich lassen. „Wir brauchen faire Wettbewerbsbedingungen“, sagt ZVEH-Rechtsanwalt Neuhäuser.

Zudem müsse sich laut ZVEH technisch einiges tun, damit die Vielzahl an Geräten, die derzeit an jeweils unterschiedlichste Plattformen angebunden sind, einheitlich verwaltet werden können. Das würde gewährleisten, dass das Handwerk mitgenommen und der Endkunden nicht überfordert wird. „Es ist schließlich die Stärke des Handwerks auf Kundenbedürfnisse zu reagieren und Produkte verschiedener Hersteller zu Lösungen aus einer Hand zusammenzuführen“, erklärt Alexander Neuhäuser.

Fairer Wettbewerb als Basis für Entwicklung

Unternehmer Stefan Ellies begrüßt den Einsatz der Verbände für eine faire Datenökonomie. Kunden müssten die Wahlmöglichkeit zwischen Handwerk und Industrie als Service-Anbieter behalten. Ist diese Basis gegeben, können Handwerksbetriebe ihrer Aufgabe nachkommen, Kunden davon zu überzeugen, dass sie vom Service durch einen Handwerker am meisten profitieren. „Wir richten uns allein nach den Bedürfnissen des Kunden“, sagt Ellies. Ein industrieller Hersteller hingegen werde in erster Linie versuchen, seine neueste Produktentwicklung an den Endverbraucher zu verkaufen. Dennoch gebe es laut Stefan Ellies für Handwerker einiges zu tun, um erste Wahl bei ihren Kunden zu bleiben. „Wir müssen ihnen zeigen, dass wir und unsere Mitarbeiter die Kompetenz haben, die Digitalisierung voranzubringen“, sagt der Unternehmer.

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