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Der Chef? Ist weg!

Einfach den Betrieb schließen. Für mehrere Monate. Endlich mal Träume verwirklichen. Das klingt zu schön, um wahr zu sein? Handwerksmeister Johannes Wittich zeigt, dass die Chef-Auszeit möglich ist.

Von Heiner Siefken

Tausende von Kilometern gehen. Mit jedem Schritt den Alltag weiter hinter sich lassen. Einfach gehen. Es ist zwei Jahre her, dass Johannes Wittich mit seiner Frau über seine geheimen Gedanken gesprochen hat. Über seine Sehnsucht nach einer Auszeit. Und vielleicht wäre der Traum des Freiburger Tischlermeisters nur ein Traum geblieben, wenn ihm Renate Wittich nicht folgende Antwort gegeben hätte: Mensch, mach das doch einfach. Du musst das nur planen. Johannes Wittich hat geplant. Im Mai wird der 41-Jährige seinen Betrieb für vier Monate schließen und auf Wanderschaft gehen.

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Ist so eine kreative Arbeitspause nicht furchtbar teuer? Denn abgesehen von den Reisekosten dürften doch einerseits die Einnahmen ausbleiben und andererseits die Ausgaben weiterlaufen. Wie kann sich ein kleiner Unternehmer mit nur einem Angestellten das leisten? Ich werde die Werkstatt vermieten, die Fixkosten so niedrig wie möglich halten. Meine Frau wird sogar mein Zimmer in unserer Wohnung vermieten, antwortet Wittich. Innerhalb der Kalkulation, über die er seit 2005 nachdenkt, gesteht er sich selbst ein Taschengeld von 4000 Euro zu.

"Man muss Prioritäten setzen"

Das Nachdenken über die finanzielle Machbarkeit seiner Sabattzeit hat seine Einstellung zum Leben verändert. Ich habe die Kosten mit dem Wertverlust eines Mittelklassewagens verglichen, verdeutlicht Wittich. Wenn ein 40 000 Euro-Auto nach einem Jahr verkauft werde oder der Wagen auch nur einen Kratzer im Lack habe, sei auf der Stelle ein irrsinnig großer Geldbetrag verschwunden. Ist das sinnvoll?, fragt Wittich und gibt sich selbst die Antwort: Ich investiere lieber anders in mein persönliches Vergnügen. Man muss Prioritäten setzen.

Auch die Wanderroute hat er sich gut überlegt. Die Stationen der Rundreise Freiburg-Freiburg im Groben: München, Prag, Dresden, vorbei an Berlin Richtung Norden an die Ostsee, über Schleswig-Holstein und Niedersachsen ins Ruhrgebiet, Belgien, Saarland, Schwarzwald. Das sind 2600 Kilometer. Verkehrsmittel will ich wenn überhaupt erst am Ende benutzen. Wenn ichs nicht ganz rum schaffe, dann fahre ich mit dem Zug heim.

Wo wird er übernachten? Ich habe einen Schlafsack dabei und eine Isomatte. Und wenn ich nicht unter freiem Himmel schlafen kann oder will, dann gehe ich in eine Jugendherberge oder ein Naturfreundehaus, sagt Wittich. Vor der möglichen Einsamkeit der langen Reise hat der Tischler keine Angst. Im Gegenteil, er freut sich schon darauf, dass er Zeit haben wird und auch schlechte Tage und Stimmungen annehmen und ins Positive verkehren kann: Von der Wanderung werde ich sicher mit frischem Geist und vielen Anregungen für die Kunden zurückkommen. Im Klartext: Er wird sich nicht von morgens bis abends mit philosophischen Überlegungen beschäftigen, sondern auch mit neuen Entwürfen für seine Massivholzmöbel.

"Ich bin dann mal weg"

Apropos Kunden. Was sagen die eigentlich zu

seinen Plänen? Die bisherigen Reaktionen sind

durchweg positiv und unterstützend, sagt Wittich.

Schon deshalb sei er sich sicher, dass auch

ein Mittelständler den Betrieb mal ruhen lassen

kann.

Mit dem Bestseller Ich bin dann mal weg

will Wittich übrigens nicht in Verbindung gebracht

werden. Das Buch von Hape Kerkeling ist

seiner Ansicht nach grottenschlecht. Kerkeling

sei vielleicht ein guter Komiker, habe aber

nur Belanglosigkeiten zu Papier gebracht. Immerhin:

Seit ich das Buch gelesen habe, bin ich

mir sicher, dass ich selber nichts über meine Reise

schreiben werde. Ich werde einfach nur gehen.

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