Völlig egal, ob Sie in Berufsbekleidung in der Fleischerei Ihre Frau stehen oder im Büro erste Ansprechpartnerin für Mitarbeiter und Kunden sind: Auf Ihre Kleidung sollten führende Frauen im Handwerk besonders achten. Dabei gibt Knigge-Berater und Vergolder Hans-Michael Klein als erste Leitlinie aus: "Frauen sind selten overdressed und wenn doch, verzeiht man es Ihnen gerne."
Marion Overmöhle-Mühlbach ist Assistentin der Geschäftsleitung im familiengeführten Steinmetzbetrieb. Mit der Devise "sauber, geruchsfrei, lochfrei" liegt die Unternehmerfrau ganz auf der Linie des Knigge-Beraters.
Drei Stiltipps von Hans-Michael Klein und eine
Liste der 9 typischsten Modesünden im weiblichen Handwerk
Tipp 1: Orientieren Sie sich an Ihren Kunden
Chefinnen im Handwerk haben einerseits Kontakt zu unterschiedlichsten Kunden, andererseits folgen Mitarbeiter auf Baustellen naturgemäß einem völlig anderen Dresscode. Sofern Ihre Arbeitsaufgaben es erlauben, empfiehlt Klein, sich in der Kleidung an den Kunden zu orientieren. "Adrette Chefinnen steigen im Ansehen von Kunden und auch Mitarbeitern."
Marion Overmöhle-Mühlbach bewältigt diesen Spagat mit schicker Bürokleidung, die nicht zu sexy ist, ihr aber auch ausreichend Bewegungsfreiheit lässt. "Mit Röckchen und Pumps auf die Baustelle, das ist keine Option", sagt sie.
Der bekannte Tipp "Kleiden Sie sich nicht für den Job, den Sie ausüben, sondern den, den Sie anstreben" münzt Klein fürs Handwerk auf die Formel um: "Seien Sie ruhig etwas schicker als Ihre Kunden."
Overmöhle-Mühlbach hält das aufgrund ihres Kundenstamms zwar für "finanziell unerreichbar". Mit Qualitäts- und Stilbewusstsein gleicht sie dies aber aus. Eine Bescheidenheit, die durchaus Sympathiepunkte einbringt bei Kunden und auch bei Mitarbeitern. "Eine Chefin, die neureich mit auffälligen Markennamenapplikationen protzt oder dicke Klunker zur Schau stellt, vermittelt den Eindruck, hart erarbeitetes Geld zu verprassen", kommentiert Klein. Und das wird übel genommen.
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Tipp 2: Machen Sie Ihr Büro zur Bank
Klein rät Frauen, die in erster Linie mit Bürotätigkeiten und Akquise betraut sind, sich am strengen Dresscode der Banker zu orientieren. Das heißt vor allem: Kleiden Sie sich dezent und geschmackvoll. Der Grund: So schaffen Sie Augenhöhe und eine gewisse Nähe, denn an der Kleidung erkennt man sich.
Standards dieses Dresscodes sind:
- Hauptelemente: Anzug oder Kostüm
- Rocklänge: Der Rocksaum sollte im Stehen die Knie umspielen, im Sitzen darf maximal eine Handbreit über dem Knie frei sein.
- Strümpfe: sollten Sie selbst im Hochsommer tragen, wählen Sie matte Varianten oder blickdichte Strümpfe.
- Schuhe: sollten geschlossen sein und einen Absatz von 3 bis 5 Zentimetern haben. Tabu sind offene Schuhe, die den Blick auf den Strumpfansatz freigeben.
- Einheitlich: Gürtel, Schuhe und nach Möglichkeit auch die Handtasche sollten farblich aufeinander abgestimmt sein.
- Farben: Wo Männern strengen Regeln unterworfen sind, können Frauen munter aus den Farbpaletten schöpfen. Schwarz, aprikot, ocker – alles möglich. Achten Sie trotzdem auf einen dezenten Gesamteindruck und setzen Sie Farbakzente dosiert ein.
- Frisur: Je höher die Position, desto weniger Freiheit haben Ihre Haare. Hohe Position = hochgesteckte Haare.
Tabus dieses Dresscodes sind
- Nackte Haut und tiefe Einsichten: Vermeiden Sie tiefe Dekolletés, achten Sie auf bedeckte Schultern, und nicht zuletzt gilt bauchfrei = hirnfrei.
- Tatoos: Verdecken Sie sämtliche Tatoos. Denn selten überdauern Sie die Mode Außerdem warnt Klein vor Hautalterungsstücken: "Wer sich mit 20 einen Delfin stechen lässt, trägt mit 40 einen Pottwal."
- Protzige Accessoires: Schwerer Schmuck und vor allem zu viel davon verdirbt den dezenten Eindruck.
- Umhängetaschen: Zum Kostüm oder Anzug passt keine Umhängetasche. Greifen Sie stattdessen zu einer Clutch mit keinen oder nur kurzen Riemen.
Marion Overmöhle-Mühlbach kommt dem ziemlich nahe. Bei Ihr dominieren gedeckte Farben – "viel uni, viel Schwarz" - kombiniert mit farbigen, großen Tüchern. Sie selbst beschreibt ihren Stil als "konservativ mit Augenzwinkern". Wenn nötig, greift auch sie beim Baustellenbesuch zu Gummistiefeln. "Die sind dann aber nicht gelb, sondern zebraartig schwarz-weiß gemustert."
Solche Accessoires dürfen sein, solange Sie bewusst eingesetzt sind und das Gesamtbild stimmig ist. Selbst ein rosa Handy darf unter diesen Voraussetzungen sein.
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Tipp 3: Arbeiten in Berufskleidung – mehr sein als Schein
Wer klassische Berufsbekleidung trägt, muss sich darin nicht zwingend von seinen Mitarbeitern unterscheiden. Viel wichtiger ist, dass Sie in Ihrem Auftreten, Ihrem Verantwortungsbereich und in Ihrer Kundenorientierung als Chefin erkennbar sind.
Vorschriften in puncto Hygiene und Sicherheit sind ohne Einschränkungen einzuhalten. Weitergehende Knigge-Tipps gibt es in diesem Bereich nicht, informiert Klein.
Die 9 typischsten Modefallen im Handwerk
1. Duftwolken: Wer Mitarbeiter und Kunden in Duftwolken erstickt, verkauft sich immer unter Wert. Dabei tappen viele ganz natürlich in diese Falle, weil sie sich schnell an die eigene Duftnote gewöhnen und dann automatisch die Dosis erhöhen. Wechseln Sie alle drei Tage die Duftnote, um diesen Automatismus auszuhebeln. Als Faustformel gilt: Ihr Parfüm sollte erst ab einem Abstand von 60 Zentimetern wahrnehmbar sein.
2. Schminken nach dem Motto "Viel hilft viel": Einer der häufigsten Fehler ist es, sowohl Augen als auch den Mund stark zu betonen. Also kirschroter Lippenstift kombiniert mit hellblauem Lidschatten. Weniger ist mehr, betont Klein. Wer sich für starke Lippenstiftfarben entscheidet, sollte besonders dezentes Augenmakeup auflegen und umgekehrt.
3. Zu viel des Guten: Behängt zu sein wie ein Weihnachtsbaum vermittelt den Eindruck, es nötig zu haben. Beschränken Sie sich auf maximal fünf Schmuckstücke. Brille, Ehering und Uhr zählen nicht extra sondern gehören dazu. Auch bei Ihrer Farbwahl gilt: machen Sie klare, dezente Aussagen.
4. Extreme Outfits: Mit Ihrer Kleidung werben Sie zugleich für Ihre Produkte? Für Optiker und Kunsthandwerker wie zum Beispiel Goldschmiede ist das naheliegend. Hier gilt: Je künstlerischer Ihr Gewerk ist, desto mehr Freiheiten haben Sie, sich mit Ihrer Kleidung in Szene zu setzen. Allerdings sollten Sie auch Ihren Kunden noch Gelegenheit lassen, selbst zu glänzen.
Ein Optiker mit extrem schriller Brille taugt kaum noch als Vorbild für den Kunden. Darum: "Geben Sie lieber ein gutes, dezentes Beispiel", sagt Klein. Damit bauen Sie Ihrem Kunden eine Brücke. Wer grell trägt und dann empfiehlt "Sich mehr zu trauen", verschreckt Kunden schnell.
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Von A wie abgetragen bis Z wie zerknautscht und zeltähnlich
5. Zerknitterte Outfits: Eins ist klar: Sie können weder den ganzen Tag bügeln noch häufig Ihre Kleidung wechseln. Umso wichtiger ist es, schon beim Kauf auf gute und möglichst knitterfreie Stoffqualität zu achten.
Jackettjacken schonen Sie, indem Sie sich nicht darauf setzen. Wer länger im Auto oder in der Bahn sitzt, sollte sein Jackett aufhängen.
6. Ungepflegte Schuhe: Dreckige Schuhe vermitteln einen ungepflegten Eindruck. Abgewetzte Hacken aber auch! Die leiden am meisten beim Autofahren, weil Sie sich durch Sand auf der Fußmatte abreiben. Darum: einfach ein Extrapaar fürs Autofahren bereithalten. Schuhspanner halten das Leder faltenfrei.
7. Handtasche auf dem Tisch: Die Handtasche auf dem Tisch verstößt klar gegen die Etikette. Aber auch auf dem Boden macht sie sich schlecht. Dort ist sie nicht nur Stolperfalle, sondern wird auch leicht in Mitleidenschaft gezogen. Ein probates Hilfsmittel sind kleine Handtaschenaufhänger für die Handtasche. Die kleinen, faltbaren Halter lassen sich unauffällig an der Tischplatte befestigen und halten die Handtasche stabil über dem Boden und in Ihrem Sichtfeld.
8. Zelte tragen: Weite Klamotten sind komplett aus der Mode gefallen. Schon lange geht der Trend zu engen Schnitten, beobachtet Klein. Leicht spannende Anzugjacken gehen inzwischen offiziell in Ordnung. Wer also riesiges Schulterpolster trägt und um seine Figur herum erst viel Luft, dann Kleidung, fällt aus der Zeit.
9. Den Auftritt ruinieren: Zu einem besonderen Anlass tragen Sie ein Sommerkleid? Dann lassen Sie ihrem sommerlichen Auftritt auch die Leichtigkeit. In diesem Ausnahmefall sollten Sie keine Strümpfe tragen. Und auch offene Schuhe sind erwünscht. Dann aber bitte mit Blick auf gepflegte Füße und lackierte Fußnägel.
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(kö)