Mehr Gefühl statt Fakten: Wer Frauen als Kundinnen gewinnen will, braucht eine weibliche Marketingstrategie.
Endlich weibliche Ansprechpartner im Handwerk! diese Reaktion bekommt sie häufig von Kundinnen zu hören, berichtet Annette Albinus, Geschäftsführerin der von ihr mitgegründeten Handwerkerinnen-Agentur Perle. Die Kundschaft der Hamburger Frauen-Kooperation, zu der weit über 50 Betriebe aus drei Dutzend Gewerken gehören, ist zu zwei Dritteln weiblich.
Dass Männer und Frauen unterschiedlich ticken, spricht sich nur langsam unter Marketingexperten herum. Frauen sind anders als Männer. Ganz anders, schreibt die amerikanische Trendforscherin Faith Popcorn in ihrem Buch Evalution die neue Macht des Weiblichen, einem der wenigen Titel, der Strategien für ein frauenorientiertes Marketing vorstellt.
Der Punkt ist, dass wir Frauen Informationen anders verarbeiten, weil unsere Gehirne anders verkabelt sind, erläutert Popcorn. So seien Frauen in der Lage, Informationen schnell auf vielen verschiedenen Ebenen aufzunehmen, wobei sie sehr viel aufmerksamer als Männer auch auf Nuancen und Feinheiten achteten. Frauen wögen die verschiedenen Informationen gern gegeneinander ab, bevor sie sich für das eine oder das andere entscheiden. Vor diesem Hintergrund könne eine Marketingstrategie, die auf eine männliche Zielgruppe zugeschnitten ist, an der Zielgruppe Frauen nur vorbeilaufen, folgert Popcorn.
Wichtig bei der Werbung ist, dass sich der potenzielle Kunde in der Ansprache wiederfindet. Und hier gibt es Unterschiede: Männer finden sich eher in technischen Beschreibungen wieder, Frauen in Situationsbeschreibungen, sagt auch Yvonne Buttstädt, Betriebs- und Marketingberaterin beim Landesinnungsverband des Augenoptikerhandwerks Niedersachsen und Bremen. So empfehle es sich zum Beispiel, in einem Mailing, das sich an Frauen wendet, an den Erfahrungshorizont der weiblichen Kundschaft anzuknüpfen: Ohne ein Klischee bedienen zu wollen die Frage ,Können Sie beim Handarbeiten immer schlechter die Maschen erkennen? ist eine Ansprache, die bei Frauen gut ankommen kann.
Männer interessiert eher der rationale Aspekt: Am liebsten ist ihnen eine multifunktionale Gleitsichtbrille für etliche Einsatzmöglichkeiten auf einmal. Gleiches gelte auch für die Beratung der Kunden. Das Optikerhandwerk habe allerdings kaum Schwierigkeiten, hier den richtigen Ton zu treffen: In unserer Branche arbeiten zu 77 Prozent Frauen. Und die wissen, wie man Frauen anspricht.
Doch Frau sei nicht gleich Frau: So stellt etwa eine Hausfrau ganz andere Ansprüche an ihre Brille als eine Sachbearbeiterin, die ihren Arbeitstag am Computer verbringt. Buttstädt rät daher, mit Hilfe einer leistungsfähigen Kundendatenbank in sich stimmige, zu einem jeweiligen Produkt passende Teilzielgruppen zu bestimmen. Deren unterschiedliche Bedürfnisse müsse berücksichtigen, wer seine Kundinnen individuell ansprechen will.