Am Tage lässt Frank Goldammer die Farbrolle über Wände gleiten, und abends schreibt er – nicht selten bis tief in die Nacht. Sobald er seine siebenjährigen Zwillinge zu Bett gebracht hat, geht der alleinerziehende Vater in sein „Kämmerlein“ und malt sich Geschichten aus. Perverse, krimininelle, gruselige und traumatisierte Gestalten, verängstigte Opfer, schlaue Kommissare und Helden wider Willen bevölkern seine Mystery- und Kriminalromane. Und auch einige Handwerkerkollegen wie der Zimmermann aus seinem Buch „Nebelgeflüster“. Er heißt darin Hannes Burda, hat sich mit 30 Jahren selbstständig gemacht und leidet unter Zeitdruck und Kunden, deren Zahlungsmoral arg zu wünschen übrig lässt.
„Ich liebe es, Menschen zu erschaffen, die Dinge tun oder denen Dinge passieren, es ist, als läse ich selbst ein Buch, wenn ich es gerade schreibe“, sagt er über das, was ihn antreibt. „Ich plane nicht viel, die Dinge geschehen meist, ohne dass ich sie groß beeinflussen kann.“ Es hört sich so an, als gerate er jeden Abend in einen Phantasiestrudel hinein, der ihn irgendwann wieder ausspuckt.
Wie er auf seine Figuren kommt? „Ich lerne in meinem Beruf natürlich Unmengen von verschiedenen Menschen kennen, die ich dann beim Schreiben vor Augen habe“, antwortet der Malermeister aus Dresden. Zum Teil erkennen sich diese Menschen dann auch wieder: „Lustigerweise hat sich der ein oder andere Kunde mit schlechter Zahlungsmoral beim Lesen ertappt gefühlt und mich sogar darauf angesprochen.“
Hartnäckig und kreativ: Lesen Sie auf Seite 2, wie Frank Goldammer zum Bücherschreiben kam.
Künstlerischer Selbstfindungsprozess
Als Kind hat Frank Goldammer viel gemalt und gezeichnet, war dann aber selbst nicht von seinem Talent überzeugt. Stattdessen habe er erst einmal „etwas Anständiges“ gelernt, nämlich die handwerkliche Malerei, den Beruf seines Vaters. Er arbeitet bei der Dekoma Maler GmbH in Dresden, und sein Vater ist dort Geschäftsführer. Nachdem er sich eine Zeit lang als Modellflugzeugbauer versucht hatte („Auch das gehörte zum Selbstfindungsprozess“), entdeckte er seine Schreibleidenschaft.
Er schrieb im „Zweifingertippsystem“, schickte das Manuskript an einen Verlag („In meiner Naivität, die haben das wahrscheinlich noch nicht einmal angeschaut“), kassierte eine Absage und machte weiter, unverdrossen, Abend für Abend. Zehn Mystery-Romane tippte er für die Schublade, den elften gab er 2006 im Selbstverlag heraus: „Vergißmeinnicht“, eine Gruselgeschichte über einen Serienmörder und Psychopathen. „Ich habe davon 1000 Exemplare verkauft und von dem Geld mein nächstes Buch drucken lassen“, sagt der 39-Jährige.
Nach einigen Jahren riet ihm jemand, Krimis zu schreiben, weil die besser zu verkaufen seien als Mystery-Romane. Er folgte dem Rat, bewarb sich bei einem Verlag für regionale Krimis und bekam sogleich eine Zusage. Im März 2015 ist dort sein drittes Buch namens „Schrammstein“ erschienen. „Man kann es auch als Thriller bezeichnen, denn es geht darin ziemlich hart zur Sache“, sagt der Autor.
Menschenhandel und Rotlichtbanden: Mehr über "Schrammstein " erfahren Sie auf Seite 3.
Menschenhändlern auf der Spur
Der aus anderen Goldammer-Büchern bereits bekannte Hauptkommissar Falk Tauner hat es diesmal mit Menschenhändlern zu tun, die ihre lebende ‚Ware‘ über die sächsische Schweiz einschleusen. Der Kommissar wird zum Spielball rivalisierender Rotlichtbanden und entwickelt sich im Laufe des Romans selbst zu einer gefährlichen Figur. „Das hat etwas mit seiner eigenen Vergangenheit zu tun“, deutet Goldammer an. Mehr will er dem geneigten Leser noch nicht verraten.
Damit die Geschichten glaubwürdig und die Figuren ‚echt‘ wirken, verbringt er viel Zeit mit Recherchen: Für „Schrammstein“ hat er mehrere Leute aus dem Rotlichtmilieu gefragt, wie das Geschäft mit der Prostitution genau läuft. Außerdem hat er seine Kontakte zur Dresdner Polizei genutzt. „In Dresden sind die Reviere abgesteckt, während es in Leipzig richtig Krieg gegeben hat – so etwas erfahre ich dann zum Beispiel“, erzählt Goldammer.
Beim Schreiben sei er mittlerweile sehr routiniert, erzählt der Malermeister weiter. "Aber es gibt natürlich auch schlechte Tage, wo man sich quält und es nicht richtig läuft." Er zwinge sich aber dazu, mindestens zwei Seiten pro Abend zustande zu bringen – auch an den Wochenenden. Einzige Ausnahme: Zwei Wochen Sommerurlaub, die er mit seinen Kindern verbringt. Da lässt er das Tippen sein. „Zum Ende des Urlaubs hin halte ich es aber kaum mehr aus“, sagt Frank Goldammer lachend. Dann zieht es ihn wieder in sein Kämmerlein.
Weitere Informationen: www.frank-goldammer.de
(afu)
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