Nissan Navara WEB-2
Meine Kollegen von den Tischler-Medien hatten neulich wieder einen Testwagen. Einen Nissan Navara. Der mächtige, fast 5,40 Meter lange Pick-up, war auf dem Parkplatz unseres Verlages kaum zu übersehen. Noch dazu, weil der Pack-Esel in Quietschrot lackiert war.
"Lass mir mal die Schlüssel da. Den nehme ich gern am Wochenende mit." Wenn ich gewusst hätte, in welches Gefühlschaos ich meine Tochter mit dem Pick-up stürzen würde, wären mir diese Worte nicht so leicht über die Lippen gegangen. Man muss dazu wissen, dass meine 4-Jährige wohl ganz offensichtlich meinen Autotick geerbt hat. Sowohl auf Oldtimer-Treffen als auch bei edleren Sportwagen, die sich in unsere Straße verirren, ist sie meist ebenso aus dem Häuschen wie ich. Entsprechend begeistert ist unsere kleine Dame, wenn Papa aus der Redaktion mal wieder ein Testauto mitbringt – noch dazu in ihrer Lieblingsfarbe. Also: Kindersitz umgebaut und ab ins Wochenende.
Was schon auf den ersten Metern mit dem Nissan Navara positiv ins Auge fällt, ist die exzellente Ausstattung. Vieles erinnert weit mehr an eine Oberklasse-Limousine als an ein Arbeitstier. Touchscreen-Navigation ist ebenso an Bord, wie ein Autotelefon, ein Bordcomputer, ein Soundsystem mit mächtig Bumms von Bose, Sitzheizung bis hin zu einem auf Knopfdruck zu öffnenden Sonnendach.
Tempomat mit Mehrwert – lesen Sie Seite 2.
Tempomat mit Mehrwert
Klasse ist der Tempomat. Der ermöglicht nämlich nicht nur entspanntes Dahingleiten im sechsten Gang bei einer vorgewählten Geschwindigkeit. Vielmehr kann man den Helfer auch dazu nutzen, um den beachtlichen Vorwärtsdrang des Riesen bei einer vorgewählten Geschwindigkeit ganz sanft einzubremsen. Stadtverkehr und Flitzerblitzer sind für den Navara auf Knopfdruck also kein Thema mehr.
Was ebenfalls verblüfft: der komfortable Einparkhelfer. Legt man bei dem Geländegänger den Rückwärtsgang ein, erscheint auf dem großen Display in der Mitte des Armaturenbretts das Bild der Rückfahrkamera. Gestrichelte Linien zeigen – je nach Lenkeinschlag – an, wo der Riese sich hinbewegt. Damit verlieren auch enge Tordurchfahrten und vor allem Parkplätze ihre Schrecken.
Was sonst gefällt, ist die angenehme Sitzhöhe im Navara. Die ist zwar nicht ganz so beachtlich wie bei anderen Pick-ups, reicht aber dennoch locker aus, um im Stadtverkehr die Übersicht zu waren und auf dem Weg zum Kunden im noch unbefestigten Baugebiet nicht aufzusetzen.
Überhaupt macht der große Fernostler auch abseits der Straße eine gute Figur. Loser Sand auf einer Großbaustelle? Kein Problem. Allrad-Antrieb aktivieren – normal sorgen nur die Hinterräder für Vortrieb – Kupplung langsam kommen lassen und genüsslich wird auch weiches Gelände durchpflügt. Und wenn der Allrad allein nicht reicht, stellt der Japaner auch noch eine Geländeuntersetzung bereit. Außerdem lässt sich auf Knopfdruck das hintere Differenzial sperren. So untersetzt, begrenzt bald nur noch der eigene Mut den Vorwärtsdrang des Geländegängers.
Gewöhnungsbedürftig und alles andere als Oberklassen-like ist die herzlich direkte Federung. Straßenbahnschienen, die die Fahrbahn queren? Aua. Das merkt man bis ins Kreuz. Bei näherer Betrachtung des Fahrwerks ist das auch kein Wunder. Denn die Hinterachse ruht auf soliden Blattfedern. Und da die bis zu 1000 kg Nutzlast locker schultern, wird es ruppig, wenn der Geländeriese leer oder nur mit leichtem Gepäck unterwegs ist.
Die fünf Sack Zement, die ich mit meiner Tochter aus dem Baumarkt geholt habe, fielen jedenfalls weder optisch noch im Fahrverhalten auf. Erkenntnis: 200 Kilo mehr oder weniger fallen im Nissan Navara wahrlich nicht sonderlich ins Gewicht.
Alles super? Die Schattenseiten der Größe auf der letzten Seite.
Spritsparen versus Nutzlast
Was dagegen sehr wohl ins Gewicht fällt, ist der Verbrauch. Denn der pendelt munter um die Zehn-Liter-Marke. Und das bei wirklich zurückhaltender Fahrweise. Geht das für den Stadtverkehr angesichts der schieren Größe des Navara noch in Ordnung, ist der Wert für die Landstraße im Vergleich zu anderen Fahrzeugen dieses Kalibers schon ziemlich happig. Viel weniger Verbrauch ist nicht drin, bestätigte mir inzwischen mein Kollege, der das Fahrzeug eigentlich testet.
Zeit für ein Fazit: Der Nissan Navara macht was her. In der getesteten Version mit der 190 PS starken, 2,5 Liter-Maschine mit edler Ausstattung fühlt man sich an Bord wie in einer Sänfte. Zugegeben: Träger der Selbigen könnten bei Unebenheiten sanfter zu Werke gehen. Aber wir reden hier eben doch nicht über eine Oberklasse-Limousine, sondern über ein Nutzfahrzeug mit Lkw-Zulassung. Das Design des Japaners ist gefällig, wenn man das für ein Auto diese Größe so überhaupt sagen kann. Einen etwas merkwürdigen Eindruck hinterlässt das "Gebälk" auf dem Dach. Das ist fest verbaut, sorgt für einen schlechteren Cw-Wert und lässt sich auch bei Nichtgebrauch leider nicht entfernen.
Nissan Navara WEB-12
Meiner Tochter ist der "Jeep", wie sie den Nissan nennt, übers Wochenende ans Herz gewachsen. Der Abschied am Montagmorgen vor dem Kindergarten war lang und für sie nicht leicht. Und auch ich müsste lügen, wenn ich meine Begeisterung für das Lasttier verschweigen würde. Einzig der Verbrauch hinterlässt bei mir einen etwas zwiespältigen Eindruck. Von dem abgesehen, stellen die Japaner mit dem Navara für rund 40.000 Euro einen ziemlich gelungenen Pick-up mit guten Manieren auf die Räder. Nützliche Details, wie ein variables Spannsystem auf der Ladefläche und die exzellente Ausstattung, lassen einen sehr guten Eindruck zurück.
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