Der Mann ist gut im Geschäft. Das lässt sich aus der "Gegnerliste" ableiten, die Lankes auf seiner Homepage veröffentlicht hat. Von A wie Allgemeiner Branchenfirlefanz bis Z wie Zentrales Datenblabla – dazwischen stehen mehr als 150 kleine und große Fische aus dem Haifischbecken namens Wirtschaft.
Herr Lankes, wie kommt es eigentlich, dass Sie sich vor allem mit Firmen beschäftigen, die Betriebe abzocken?
Lankes: Das ist tatsächlich ein Zufall. Ich hatte einen Mandanten, der bei einem Branchenbuchabzocker ein Formular unterschrieben hat. Ich habe mich in das Thema eingearbeitet, ihn vertreten. Der hat dann ein Anwaltsschreiben von mir ins Internet gestellt – und schon wurde ich über Google zu diesem Thema gefunden. Das war 2006. Dann hat sich ein Betrieb nach dem anderen bei mir gemeldet – es gibt ja immer neue Abzocker.
Sind unter den Schwindlern auch Leute, die Sie über die Jahre begleiten?
Lankes: Ja, wobei das oft schwierig zu beweisen ist. Gleich meine erste Gegnerin war eine Firma aus Rostock. Und der vermutliche Hintermann dieser Firma gründet immer wieder neue Firmen. Mit dem Mann hatte ich auch schon persönliche Rechtsstreitigkeiten, Unterlassungserklärungen und so weiter. Oliver H. begegne ich immer wieder.
Alte Unbekannte: Wer steckt wirklich hinter den Firmen? Lesen Sie die nächste Seite.
Alte Unbekannte vor Gericht
Wie kann es sein, dass solche Leute über Jahre erfolgreich arbeiten?
Lankes: Oft ist es so, dass die Namen der Personen, die tatsächlich hinter einer Abzock-Firma stehen, nicht bekannt sind. Das kennen Sie ja von den Auftragsvermittlern. Und was dort die Regel ist, ist auch bei Branchenverzeichnissen häufig. Deshalb kann man oft nichts unternehmen, man kann dann nur Strafanzeige gegen Unbekannt erstatten. Die betroffenen Handwerksunternehmer sagen zwar, dass da einer am Telefon war, der Müller, Meyer, Huber hieß, aber wer das wirklich war, weiß der Teufel. Eine Staatsanwaltschaft kann dann wegen Betrugs nicht wirklich sinnvoll ermitteln.
Und wenn die Namen bekannt sind…
Lankes: … dann haben meine Mandanten ja in der Regel einen Vertrag unterschrieben, in dem – wenn man ihn aufmerksam durchliest – relativ viel drinsteht. Das sind dann die Worte der Staatsanwaltschaften: „Sie hätten’s ja lesen können, die Kosten einsehen, die Auflagen, alles schwarz auf weiß.“ Da ist strafrechtlich nicht viel zu machen. Da gibt es bisher nur eine Ausnahme, Ron T. ist richtig verknackt worden – da ging es um rechnungsähnliche Formulare und der Vorwurf ist bis zum BGH durchgegangen. Aktiv ist Ron T. trotzdem noch.
Können Sie denn die Argumente der Staatsanwaltschaft nachvollziehen?
Lankes: Ja, aus strafrechtlicher Sicht ist das korrekt. Und zivilrechtlich kann man ja gegen diese Firmen vorgehen. Die allerwenigsten Firmen, die auf meiner Gegnerliste stehen, gehen vor Gericht – maximal zehn Prozent. Und es gibt nur zwei Firmen gegen die ich vor Gericht jemals verloren habe.
Böse Gerüchte über hohe Gerichte – lesen Sie Seite 3.
Abzocker mit guten "Beziehungen"
Was ist denn der besondere Trick der Firmen, gegen die Sie verloren haben?
Lankes: Schwer zu sagen. Da geht es um bestimmte Gerichte und Gerüchte. (Lankes lacht) Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass die Gerüchte stimmen, dass es wirklich diese Beziehungen zwischen Gerichtspräsidenten und Firmenbesitzerinnen gibt. Aber man kann diese Branchenbuchfirmen natürlich schon empfindlich treffen – so lange sie ihren Sitz in Deutschland haben.
In der handwerk.com-Redaktion bekommen wir immer mehr Hinweise auf Anbieter in Spanien.
Lankes: Ja, da können Sie wieder gar nichts machen, das sind reine Telefonfirmen. Aber die klagen ihrerseits auch nicht.
Auf keinen Fall zahlen? Ist das die Empfehlung, wenn ein Handwerksunternehmer bei so einer Firma unterschrieben hat?
Lankes: Richtig. Die Unterschrift bei einer der klassischen Branchenbuchfirmen führt nach der aktuellen Rechtsprechung des BGH nicht zu einem kostenpflichtigen Vertrag. Klare Sache. Wenn die Entgeltklausel versteckt ist, muss man nicht zahlen.
Und was ist mit den 10 Prozent der bösen Buben, die doch klagen?
Lankes: Auch dann sagen die Gerichte in aller Regel, dass der Vertrag unwirksam oder zumindest nicht kostenpflichtig ist. Bei der Kölner Masche und den Anzeigen in Werbebroschüren und dergleichen sind die Firmen oft nicht einmal in der Lage, ihre eigene Vertragspflicht zu erfüllen. Da sollen meinetwegen 10.000 Stück verteilt werden, aber das schaffen die gar nicht.
Es geht um Millionen: Mit harten Bandagen gegen Journalisten und Anwälte.
Wehrhaft bleiben lohnt sich
Das Fazit lautet also: Wer unterschrieben hat, kann sich wehren.
Lankes: Er muss sich wehren. In der Regel muss er nur seinen Anwalt bezahlen. Aber er kommt damit meistens günstiger davon, als wenn er den Leuten das Geld in den Rachen schmeißt. Und das nervt die Abzocker ganz offensichtlich. Die gehen mit harten Bandagen gegen Journalisten und Rechtsanwälte vor, die ihnen im Weg sind. Ich bekomme hier Anrufe, in denen ich aufgefordert werde, dass ich meine Gegnerliste löschen soll, weil ich doch eine so nette Familie hätte und sicher nicht wolle, dass der etwas zustößt.
Da zuckt man dann schon zusammen, oder?
Lankes: Ja, allerdings, man zuckt zusammen und wundert sich über solche Menschen. Aber das gehört offensichtlich zu meinem Beruf.
Haben sie eine Vorstellung davon, wie viel Geld mit solchen Methoden verdient wird?
Lankes: Ja, das kann ich sogar relativ konkret sagen. Da gab es den Fall des Geschäftsführers eines Branchenverzeichnisses, der Mann wurde in erster Instanz strafrechtlich verurteilt. Aus den Akten ging hervor, dass die unterschriebenen Formulare in der Summe zu einer Forderung von mehr als 6 Millionen Euro geführt hätten. Wenn nur 10 Prozent der Betriebe davon zahlen – und das ist ein realistischer Wert, der eher höher liegen dürfte – können Sie sich ja ausrechnen, woraus der Antrieb solcher Leute besteht.
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(sfk)