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Der verflixte Briefumschlag

Als hätte der Teufel seine Finger im Spiel. Ob Chef oder Mitarbeiter: Kaum dass der kleine Umschlag unten am Bildschirm erscheint, zuckt auch schon die Maus. Was tun gegen die elektronische Versuchung?

Jeder weiß es: Längst nicht alle geschäftlichen E-Mails müssen prompt berarbeitet werden. Doch der Posteingang wird fast ständig im Auge behalten auf dem PC im Büro, dem Blackberry auf der Baustelle und sogar dem Laptop zu Hause. Betriebe kann das teuer zu stehen kommen.

Experten sprechen von einer "Zerstückelung der Arbeit". Je mehr E-Mails, desto öfter wird die Arbeit unterbrochen. Die Konzentration sinkt, Fehler häufen sich, und es geht Zeit für Kernaufgaben verloren. Wie sehr sich das E-Mail-Problem zugespitzt hat, zeigt eine Studie der Technischen Universität Freiberg. Mehr als 300 PC-Nutzer, ein Drittel davon aus kleinen und mittleren Betrieben, haben die Arbeitswissenschaftler befragt. Ergebnis: 30 Prozent aller E-Mails sind nicht sonderlich wichtig, knapp die Hälfte wird als störend empfunden.

"Die Mehrzahl der Befragten sieht in der E-Mail-Kommunikation einen Hauptgrund für eine zunehmend belastende Informationsflut", betont der Leiter der Studie, Michael Nippa. Als Erklärung verweist er auf den Zeitgeist. "Kunden erwarten von Firmen heute, dass sie quasi rund um die Uhr erreichbar sind. Und Vorgesetzte erwarten dies von ihren Mitarbeitern." Dazu kommt, dass ein Großteil der elektronischen Post für unnötigen Wirbel sorgt. "Schlecht oder missverständlich geschriebene Mails lösen häufig erhebliche Konflikte und unnötige Aktivitäten aus", beschreibt Nippa ein weiteres Ergebnis.

Im Schnitt 20 Prozent ihre Arbeitszeit verwenden Chefs und Fachkkräfte im Büro laut Studie für das Bearbeiten von Mails. Zum Vergleich: Für die eigentliche Arbeit wenden sie ein Viertel der Arbeitszeit auf. Besprechungen verschlingen durchschnittlich etwa 16 Prozent. "Die Vernachlässigung der organisatorischen Kommunikation in Betrieben und Behörden schlägt Jahr für Jahr mit Millionen zu Buche", schätzt der Professor.

"Wir leben davon"

Thorsten Ußkurat bekommt E-Mails manchmal "im Minutentakt". Und sie sind ihm alles andere als lästig. "Wir leben davon, dass wir schnell reagieren", betont der Geschäftsführer einer Siebdruckerei in Sarstedt. Die Kunden mailen ihm Korrekturen, Terminwünsche, und sie erwarten sofort Antwort auf ihre Fragen. "Die Welt ist schnelllebiger geworden."

50 Mails landen durchschnittlich pro Tag auf Ußkurats PC. Teils nimmt er nur kurz Notiz davon und leitet sie weiter. "Bei uns gibt es klare Absprachen, wer sich um welche Anfragen kümmert", sagt der Handwerksunternehmer. Um die E-Mail-Flut zu kanalisieren, hat er Konten für die Abteilungen der Firma eingerichtet: Grafik, Buchhaltung, Geschäftsführung. Daneben gibt es die obligatorische "info@...-Adresse". Eine gute Lösung, wie Experten bestätigen.

Ußkurats Betrieb gehört zu den Ausnahmen. Laut Studie wird das Thema in kleinen und mittleren Betriebe stark vernachlässigt. Nur 18 Prozent der Chefs treffen organisatorische Regelungen für ihren E-Mail Verkehr. Betrachtet man alle Unternehmen, sind es fast ein Viertel.

Ping Pong mit E-Mails

Nippa empfiehlt Handwerkern, sich mit den Mitarbeitern zusammenzusetzen und gemeinsam einen Strukturplan für der E-Mail-Verkehr im Unternehmen zu erarbeiten. "Der Chef muss auch delegieren können." Mitarbeiter müssten sich in der Verantwortung fühlen. Nur so ließe sich ein "Management by Ping Pong" verhindern. Die Praxis zeige, dass Forward- und Cc-Buttons genutzt werden, sich Aufgaben vom Hals zu schaffen. Effekt: "Kundenanfragen werden so lange per E-Mail weitergeleitet, bis sie sich von selbst erledigen." Wichtig sei es, Mitarbeiter im Umgang mit E-Mails zu schulen: "Man kann lernen, wie man einen "treffenden" Betreff formuliert und wann jemand auf Cc zu setzen ist."

Nippa warnt jedoch vor Schnellschüssen bei der Organisation der Bürokommunikation. E-Mails gelte es, im Verbund mit anderen Kommunikationsmedien zu bewerten. "Schreibt der Chef weniger E-Mail, greift er in der Regel öfter zum Telefon. Untersuchungen belegen, dass dies vielfach zu einer massiveren Arbeitsunterbrechung führt", gibt der Experte etwa zu bedenken.

7 Tipps für die Praxis

Der Experte gibt Handwerksbetrieben sieben einfache Tipps für die Praxis:

Mail-Pause: Wenn der Chef ein Angebot schreibt, sollte er sich konzentrieren und nebenbei keine Mails abrufen. "Das ist ein Frage der Selbstdisziplin", betont Nippa. Je nach Aufgabenstellung kann es völlig genügen, nur ein paar Mal am Tag gebündelt den Posteingang zu bearbeiten. Von einem "E-Mail-freien" Tag, der oft in Ratgeberliteratur nahegelegt wird, rät Nippa ab.

Vorschau-Funktion: Viel Zeit lässt sich sparen, wenn man nicht jede E-Mail öffnen muss. Bei gängigen Programmen lässt sich die "Vorschau" so einstellen, dass man die wichtigsten Informationen sofort im Blick hat. In vielen Fällen reichen "Absender", "Betreff" und "Datum" für eine erste Bewertung. Auch das zusätzliche Vorschau-Fenster empfiehlt es sich auszublenden.

Betreff-Zeile: Sie lässt sich für kurze Anfragen, Antworten oder klare Ansagen nutzen. Der Empfänger muss dann die E-Mail nicht öffnen. Wenn Mails mehrfach beantwortet werden, sollten Betreff-Zeilen aktualisiert werden.

Mail-Ordner: Die eingehende Post sollte nach Wichtigkeit sortiert werden. Nur die dringenden oder sehr wichtigen E-Mails empfiehlt es sich im persönlichen Postfach zu lassen.

Regeln: Outlook bietet die Möglichkeit, eingehende E-Mails über Kriterien, die sich frei definieren lassen, automatisch an Postfächer weiterzuleiten. Übers Rechnernetzwerk lässt es sich einrichten, dass Mitarbeiter auf die für sie relevanten Postfächer zugreifen.

Mail-Anhänge: Wenn Nachrichten mit Anhängen wiederholt weitergeleitet oder beantwortet werden, sollten nicht immer wieder neue Dateien angefügt werden.

Automatische Antworten: So praktisch "Autoreply-Mails" sind, so leicht können Kunden damit vergrault werden, wenn man nicht hält, was in der Mail steht. Wer angibt, sich binnen 24 Stunden zu melden, sollte das auch tun.

(mfi)

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