Foto: Gajus - stock.adobe.com
kettenreaktion beenden
Wide view image of businessman stopping domino effect with his hand on rustic wooden desk.

Inhaltsverzeichnis

Gefahren vermeiden vor der drohenden Insolvenz

Die 5 größten Fehler in der Krise!

Was tun, wenn die Insolvenz droht? Rettungsversuche sind anständig, aber extrem riskant. Gehen sie schief, drohen schwere Strafen. Teil 1: Die größten strafrechtlichen Fehler — und wie Sie solche Risiken umgehen!

Auf einen Blick:

  • Strafrechtliche Fehler in der Insolvenz können schlimmstenfalls mit Geld- und Haftstrafen oder auch einem Eintrag im polizeilichen Führungszeugnis geahndet werden.
  • Unternehmer machen sich beispielsweise strafbar, wenn sie die Lohnsteuer und Sozialverversicherungsbeiträge nicht zahlen.
  • Ein weiterer Bankrott-Delikt: Bei drohender Insolvenz noch schnell Vermögen beiseite schaffen und beispielsweise das Haus auf den Ehepartner zu überschreiben.
  • Die praktisch insolvente Firma retten und weiter Waren bestellen? Das kann sich bitter rächen, wenn Unternehmer das bestellte nicht zahlen können, denn dadurch machen sie sich strafbar.
  • Unternehmer, die in der Krise ihren Buchführungspflichten nicht nachkommen, begehen ebenfalls einen Bankrott-Delikt.
  • Wer den Insolvenzantrag zu spät stellt. begeht Insolvenzverschleppung.

Riskante Manöver vor einer drohenden Insolvenz können sehr viel zusätzlichen Ärger erzeugen. Gehen die Aktionen schief, dann drohen Strafverfolgung und Zivilklagen. In zwei Teilen stellen wir die häufigsten Fehler vor einer drohenden Insolvenz vor.

Los geht es mit den größten strafrechtlichen Fehlern. Wer sie begeht, muss mit Geld- und Haftstrafen und einem Eintrag im polizeilichen Führungszeugnis rechnen. Ein Neustart ist danach hierzulande praktisch unmöglich.

Praxistipp: So sind Sie mit den Sozialabgaben auf der sicheren Seite!

Wie schnell bei einer Insolvenz auch strafrechtliche Gefahren drohen, weiß Anita Kriegesmann aus Wirdum. Unverschuldet war vor einigen Jahren der Handwerksbetrieb ihres Mannes in die Insolvenz geraten. "Da behauptete der Insolvenzverwalter, wir hätten Arbeitnehmer-Beiträge zur Sozialversicherung veruntreut."

Doch das konnte Kriegesmann widerlegen: Tatsächlich hatte der Betrieb Beiträge nur teilweise überwiesen. "Aber das waren die Arbeitnehmer-Beiträge, und das hatten wir auch auf die Überweisungen geschrieben." Der Staatsanwalt tobte – doch Betrug war es nicht, der Richter stellte das Verfahren ein. "Ganz wichtig ist es, die Überweisungsbelege aufzubewahren", rät Kriegesmann. "Die Kassen buchen den Hinweis nicht mit und ohne Belege hätten wir keinen Beweis gehabt."

Diese Fehler müssen Sie vor der Insolvenz vermeiden!

Welche großen Fehler Handwerksbetriebe außerdem vermeiden sollten, weiß Dr. Andreas Ringstmeier, Fachanwalt für Insolvenzrecht aus Köln. "Es gibt einige Punkte, die jeder Staatsanwalt im Fall einer Insolvenz sofort prüft, weil sie besonders leicht zu erkennen und anzuklagen sind", sagt der Experte. Um diese Punkte geht es:

Fehler Nr. 1 Unterschlagung von Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträgen

Wer diese Abgaben nicht zahlt, macht sich strafbar. Ein häufiger Fehler ist dabei, dass der Unternehmer nur noch die Netto-Löhne an die Arbeitnehmer zahlt, die Lohnsteuer aber nicht mehr abführt.

Strafrechtlich macht das keinen Sinn “Lohnsteuer wird nur fällig, wenn Löhne gezahlt werden“, sagt Ringstmeier. Je weniger Lohn der Betrieb an die Mitarbeiter auszahlt, desto weniger Steuern schuldet er.

Das gilt allerdings nicht für die Arbeitnehmer-Anteile an den Sozialversicherungsbeiträgen. "Die schuldet der Betrieb unabhängig von der Auszahlung der Löhne, alleine durch den Arbeitsvertrag." Anita Kriegesmann habe es also genau richtig gemacht.

Fehler Nr. 2 Beiseiteschaffung von Vermögen

Liegt die Insolvenz schon in der Luft, dann ist die Versuchung groß: Da werden noch schnell Häuser auf Kinder oder Ehefrau überschrieben, Geld aus dem Betrieb entnommen oder private Konten abgeräumt … "Das ist sogenannte Beiseiteschaffung und ein Bankrott-Delikt, das bei Insolvenz streng bestraft wird", warnt Ringstmeier.

Eine feste Frist für die straffreie Übertragung von Vermögen gibt es nicht. "Strafbar macht sich, wer Vermögen zu einem Zeitpunkt beiseiteschafft, zu dem die Absicht erkennbar ist, es den Gläubigern zu entziehen."

Das bedeutet: Ist ein Betrieb noch leidlich gesund? Hat der Eigentümer keine Erkenntnisse, die ihn eine baldige Insolvenz befürchten lassen? Dann sind Vermögensübertragen und Entnahmen in strafrechtlicher Hinsicht unproblematisch – selbst wenn es kurz darauf unerwartet zur Insolvenz kommt.

Fehler Nr. 3: Eingehungs- und Kreditbetrug – Wirtschaften auf fremdes Risiko

Immer wieder versuchen Handwerker eine praktisch insolvente Firma noch zu retten. Und weil der Betrieb weiterlaufen muss, bestellen sie zwangsläufig Waren oder Dienstleistungen.

Doch was passiert, wenn der der Handwerker nach einem gescheiterten Sanierungsversuch nicht zahlen kann? Dann hat er sich durch die Bestellungen strafbar gemacht, wenn er bei der Bestellung erkennen musste, dass er nicht wird zahlen können. Gleiches gilt, wenn der Betrieb noch einen Kredit aufnimmt.

Anders sieht die Lage aus, wenn der Handwerker den Lieferanten oder Kreditgeber vorher über das Risiko informiert. "Aber das funktioniert in der Praxis natürlich nicht", weiß Ringstmeier.

Die Alternative: Einkauf per Vorkasse

Sein Rat: "Bestellen Sie nur gegen Vorkasse, das ist nicht strafbar." Das bedeutet allerdings, privates Geld einzusetzen oder Freunde und Verwandte um Kredit zu bitten. "Wenn die das Risiko kennen, ist alles in Ordnung."

Noch wichtiger sei es allerdings, mit dem Insolvenzantrag nicht zu lange zu warten: Zwar haben Unternehmer nach dem Eintritt der Insolvenzreife maximal drei Wochen Zeit, um einen Betrieb zur Insolvenz anzumelden, dies schützt vor dem Vorwurf des Eingehungsbetruges nicht. In einer solchen Situation sollte sich jeder Unternehmer unbedingt insolvenzrechtlich beschlagenen Beistand suchen.

Fehler Nr. 4: Verletzung der Buchführungspflichten – das sieht der Staatsanwalt sofort

Unternehmer sind rechtlich zu zeitnaher und vollständiger Buchführung verpflichtet und müssen sich je nach Rechtsform an Fristen für Jahresabschlüsse und Steuererklärungen halten.

Doch "in Krisen kommt es häufig vor, dass Unternehmer gegen diese Buchführungspflichten verstoßen – und das ist besonders schlimm", berichtet Ringstmeier. "Da werden Einnahmen und Ausgaben nicht mehr regelmäßig gebucht oder der letzte Abschluss liegt schon drei Jahre zurück."

Dabei wolle der Gesetzgeber mit den Buchführungspflichten ja gerade das Gegenteil erreichen: Unternehmer sollen jederzeit ihre wirtschaftliche Lage kennen und nicht blind Risiken eingehen, die anderen schaden. "Darum ist das ein Bankrott-Delikt und wird besonders hart bestraft", warnt der Anwalt.

Fehler Nr. 5: Insolvenzverschleppung – nicht jeder fällt darunter

Unternehmer sind gesetzlich verpflichtet, einen Insolvenzantrag unverzüglich zu stellen, spätestens jedoch innerhalb von drei Wochen. "Aber die drei Wochen hat man nur bei Sanierungsaussichten", betont Ringstmeier. Wer gegen diese Meldepflicht verstößt, begeht Insolvenzverschleppung.

Das gilt allerdings nicht für Einzelunternehmer, da sie persönlich voll haften. Eine Insolvenzverschleppung können nur Geschäftsführer und Vorstände von Unternehmen begehen, deren Haftung auf das Firmenvermögen begrenzt ist, also Kapitalgesellschaften wie eine GmbH oder eine GmbH & Co. KG mit einer GmbH als voll haftendem Kommandantisten.

"Das bedeutet rein rechtlich, dass ein Einzelunternehmer keinen Insolvenzantrag stellen muss", erklärt Ringstmeier. "Das ist aber auch die einzige Ausnahme für Einzelunternehmer. Für alle anderen genannten Tatbestände würden sie dennoch angeklagt."

Gelungene Sanierung: der große Freifahrtschein?

Eine Ausnahme gibt es allerdings, die vor Strafverfolgung in jedem Fall schützen würde: "Die Staatsanwaltschaft verfolgt alle diese Taten nur dann, wenn es wirklich zur Insolvenz kommt", sagt Ringstmeier. Gelingt hingegen die Sanierung, dann interessiert sich für die Straftaten niemand mehr. Das gelte jedoch nur dann, wenn das Insolvenzverfahren gar nicht erst eröffnet wird.

Doch darauf sollten Unternehmer keine allzu großen Hoffnungen setzen: "Die Phase nach Eintritt der Krise bis zur Insolvenz ist die gefährlichste Zeit, die ein Unternehmer erleben kann. Die Fallstricke sind so vielfältig, das macht man nicht mal eben nebenbei."

Darum rät der Experte, sich bei Eintritt einer Krise sofort mit dem Steuerberater zu beraten, statt sich still und leise durchzuwurschteln: Ist eine Sanierung möglich, oder sollte sofort ein Insolvenzantrag gestellt werden?

Wie wichtig kompetente Hilfe ist, bestätigt Anita Kriegesmann. Ihr Rat: Betriebe sollten sich rechtzeitig einen Fachanwalt für Insolvenzrecht suchen. "Das hat uns viele Fehler, Geld und Strafen erspart – ein Vielfaches dessen, was der Anwalt gekostet hat."

Auch interessant: [embed]https://www.handwerk.com/insolvenzrecht-mehr-rechtssicherheit-bei-ratenzahlungen-fuer-betriebe[/embed]

Rettung nach Pilotenplan – aus der Insolvenz geflogen

Fliegerei und Handwerk: Für Frank Meyer ist das die perfekte Kombination. Sogar aus der Insolvenz hat er sich so befreit – mit einer Notfalllehre für Piloten.
Artikel lesen

Vorsicht mit Subunternehmen - diese Fehler kosten Existenzen

Sozialversicherungsprüfung, Horrornachzahlung, Insolvenz: Gregor F. hat Subunternehmer beschäftigt und den Höchstpreis gezahlt. Vorwurf: Beschäftigung Scheinselbstständiger. Wie Sie rechtssicher mit Subunternehmen arbeiten, lesen Sie hier.
Artikel lesen

Frustriert von der Mitarbeitersuche?

handwerk.com und die Schlütersche helfen Ihnen Ihre offenen Stellen einfach, zeit- und kostensparend mit den richtigen Kandidaten zu besetzen! Mehr als 500 Betriebe vertrauen uns bei der Mitarbeitersuche!

Jetzt Bewerber finden!

Wir haben noch mehr für Sie!

Praktische Tipps zur Betriebsführung und Erfahrungsberichte von Kollegen gibt es dienstags und donnerstags auch direkt ins Postfach: nützlich, übersichtlich und auf den Punkt.
Melden Sie sich jetzt für unseren Newsletter an - schnell und kostenlos!
Wir geben Ihre Daten nicht an Dritte weiter. Die Übermittlung erfolgt verschlüsselt. Zu statistischen Zwecken führen wir ein anonymisiertes Link-Tracking durch.
Eigenhändiges Testament: Auch Anhänge müssen laut einem BGH-Urteil handschriftlich sein, wenn darin die Erben aufgelistet werden.

Recht

7 Fehler: So ruinieren Handwerker ihr Testament

Mit Zettel und Stift kann jeder selbst ein Testament verfassen. Doch wenn Sie wollen, dass Ihr letzter Wille umgesetzt wird, sollten Sie diese Fehler vermeiden.

    • Recht, Steuern, Strategie
Versicherungspflichtgrenze steigt 2024: Wer in die private Krankenversicherung wechseln will, muss deutlich mehr verdienen.

Politik und Gesellschaft

Sozialversicherung: Für Gutverdiener steigen 2024 die Abgaben

In der Sozialversicherung steigen 2024 die Beitragsbemessungsgrenzen und die Bezugsgröße. Welche Folgen hat das für Selbstständige?

    • Politik und Gesellschaft, Recht
Wer ungefragt Zeitungs- oder Online-Artikel auf die eigene Website stellt, riskiert Abmahnung und Schadensersatzforderung.

Recht

Abmahnung für Zeitungsbericht auf der Website?

Wer Texte und Bilder fremder Autoren, Fotografen oder Agenturen auf seiner Website veröffentlicht, riskiert teuren Rechtsstreit. So vermeiden Sie Ärger.

    • Recht, Marketing und Werbung
Sie verhandeln trotz zusätzlicher Kundenwünsche nicht nach? Dann können Sie Ihr Geld auch direkt anzünden.

Strategie

3 Fehler in Verhandlungen, mit denen Sie Ihr Geld verbrennen

Klappern gehört zum Handwerk – geschicktes Verhandeln oft nicht. So vermeiden Sie 3 typische Fehler.

    • Strategie, Preise