Sind Sie schon einmal Motorboot gefahren? Nein, ich meine nicht das Schlauchboot des Sohnes Ihrer besten Freunde, mit denen Sie regelmäßig in den Urlaub fahren. Ein richtiges. Eins mit richtig Leistung an den Schrauben. Dann werden Sie wissen, was ich meine, wenn ich von der Freiheit auf dem Wasser schreibe.
Schon beim Start der Maschinen ist es immer wieder ein ganz eigenes Gefühl. Dann, langsam aus dem Hafen heraus. Wellenschlag vermeiden – die lieben Nachbarn und Gastlieger sollen sich schließlich nicht um Ihre Boote sorgen müssen. Und dann – jenseits der Hafenmole: langsam die Leistung steigern. Sanft hebt sich der Bug aus den Wellen. Schließlich kommt das ganze Schiff aus dem Wasser. Die mächtige Heckwelle wird kleiner, je stärker das Boot ins Gleiten kommt. Dann: die Hebel auf den Tisch - und genießen.
Ein einmaliges Gefühl, wenn das Boot die Wellenkämme durchschneidet. Die Dühnung. Der Fahrtwind. Die Sonne. Das Wasser. Die Gischt. Die vergnügten Gesichter von meiner Frau und meiner Tochter – perfekt. Ein Traum von einem Wochenende. Und das mit knapp 100 PS an der Schraube.
Wie sich das dann wohl erst anfühlt, wenn man bei diesem Geschoss hier die Hebel auf den Tisch legt? Vor ein paar Wochen entdeckte ich im Netz das, was sich die Firma Pier57.com unter einem feinen Cruiser fürs wochenendliche Wasservergnügen vorstellt. Und was mir – ganz ehrlich gesagt – wie ein Bobbycar mit Formel-1-Motor vorkommt. 14 Meter misst der Doppelrumpf des schwarzen Geschosses, mit dem die Amerikaner ihrer Sportwagenikone Corvette ZR 1 auch zu Wasser ein Denkmal gesetzt haben. Schaltknüppel, Lenkrad, Scheinwerfer, Sitze – ja sogar das Gaspedal stammt aus dem Regal von General Motors, an dem Corvette steht.
Und auch die gesamte Carbonhülle des Powerboats zitiert die markante Karosserie des Sportwagenklassikers made in USA gleich an mehreren Stellen.
So weit, so schick. Doch die Detail-Verliebtheit geht weiter. Wie weit, lesen Sie auf der nächsten Seite.
Die Detail-Verliebtheit der Konstrukteure reicht bis in den Maschinenraum. Natürlich werkelt auch hier ein V8-Triebwerk. Sogar zwei Biiiiiiiiiiiiig-Blocks sorgen hier für Vortrieb. Doch mit dem Originalmotor der ZR1 haben die so viel gemein, wie der Motor eines VW Polos mit dem eines Bugatti Veyron. Und das ist auch kein Wunder: Denn selbst die hochgezüchteten Renncorvetts, die in wenigen Wochen sicher auch wieder beim 24-Stunden-Rennen von LeMans an den Start gehen, sind einfach zu schwach auf der Brust, um einem echten Powerboat gerecht zu werden. Also griffen die Bootsbauer, wie schon die Macher der AMG Cigarette Co-Produktion auf bewährte Mercury-Technik zurück. Satte 2700 PS leisten die beiden Triebwerke des schwarzen Edelrenners zur See.

Glaubt man den Konstrukteuren, reicht diese Leistung in Kombination mit dem geschickt geformten Doppelrumpf für 280 Stundenkilometer. Und das auf dem Wasser – wo nach meiner Beobachtung schon 80 Stundenkilometer ehrfuchtgebietend sind.
Noch ein Wort zu den Kosten: Gut 1,2 Millionen Euro müssen Sie für den US-Sportwagen der Meere wohl anlegen. Inkludiert ist dabei immerhin schon der passende Trailer, mit dem das 14-Meter-Boot – das passende Zugfahrzeug vorausgesetzt – auch an Land mobil wird. Über die Kosten für Liegeplätze und vor allem Treibstoff möchte ich mich an dieser Stelle am besten gar nicht auslassen – denn so viel Pferdchen haben definitiv Durst, großen Durst. Und außerdem wird Träumen ja wohl noch erlaubt sein.

Was man zudem noch mögen muss: Wir reden hier nicht etwa über ein Cabriolet, sondern um die geschlossene Variante der Corvette. Gut: Bei 280 Stundenkilometern ist das Offenfahren wohl ohnehin so eine Sache. Aber Hand aufs Herz: Auf dem Wasser will ich die Elemente auch erleben. Und das geht in einem offenen Boot oder zumindest einem mit viel Freideck definitiv besser.
(ha)
Themen aus dem Bereich Technik, die Sie auch interessieren könnten:
Ab auf die Rennstrecke: Der Lamborghini Sesto Elemento
Ab in die Berge: Der Donkervoort D8 GTO
An die Arbeit: Das MacBook Pro 17‘‘
Kommentar