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Generation Y: Wie sie tickt und was sie will

Die Ego-Taktiker

Was erwarten die 15- bis 30-Jährigen von Ausbildung und Beruf? Und wie können sich Handwerksbetriebe auf diese „Generation Y“ einstellen? Hilfreiche Antworten liefert der Jugendforscher Klaus Hurrelmann.

Die Generation Y folgt alphabetisch auf die Generation X, die der amerikanische Schriftsteller Douglas Coupland so nannte, weil sie ihm als rätselhaft und schwer zu greifen erschien. Das englisch ausgesprochene Y wie why (warum) steht dabei für die Frage nach dem Sinn.

Der Jugendforscher Klaus Hurrelmann hat sich gründlich mit der Gedankenwelt und Lebenseinstellung der Generation Y befasst. Er ist Professor an der Hertie School of Governance in Berlin und leitete unter anderem die 14. und 15. Shell-Jugendstudie. Für das Buch „Die heimlichen Revolutionäre“ hat er gemeinsam mit dem Journalisten Erik Albrecht auch andere Quellen wie die McDonald’s-Ausbildungsstudie ausgewertet. In einem Interview mit dem Baugewerbe-Verband Niedersachsen erklärte er, wie diese Generation tickt und was das für die Nachwuchsrekrutierung im Handwerk bedeutet.

Ego-Taktiker in Zeiten des Fachkräftemangels
Hurrelmann bezeichnet die 15- bis 30-Jährigen als Ego-Taktiker. Damit meint er, dass die jungen Leute daran gewöhnt sind, sich mehrere Möglichkeiten offenzuhalten. „Es kann durchaus sein, dass sie nach Option A noch auf B, C oder D umsatteln“, sagt er im Hinblick auf den Berufseinstieg. Und vor allem werde den höher Qualifizierten, die mittlerweile rund 60 Prozent eines Jahrgangs ausmachen, bewusst, dass sie als Fachkräfte begehrt sind. Gerade die höher Qualifizierten stellen demnach durchaus Ansprüche an ihre potenziellen Arbeitgeber.

Welche Erwartungen an die Ausbildung und Arbeitsgestaltung das sind, erfahren Sie auf Seite 2.

Duale Ausbildung darf keine Sackgasse sein

Wie kann sich nun das Handwerk im Nachwuchswettbewerb positiv hervortun? „Wer eine Ausbildung im Handwerk beginnt, kann von Anfang an etwas Konkretes produzieren und gestalten. Das muss bei der Werbung in den Vordergrund gerückt werden“, sagt Hurrelmann. Erfolgsentscheidend sei dabei, dass die Unternehmen den Berufsstartern vermitteln, dass die duale Ausbildung keine Sackgasse ist. Denn diese Generation will sich verschiedene Wege offen halten, flexibel sein und ständig neu ihre Chancen ausloten. „Betriebe und auch Verbände sind aufgerufen, weiterführende Karrieren als Techniker oder Ingenieure zu kommunizieren. Junge Leute brauchen diese Optionen für die Zukunft, damit sie überhaupt ins Handwerk einsteigen.“

Berufsausbildung plus Hochschulbildung erwünscht
„Natürlich konkurriert das Handwerk mit dem Studium“, sagt der Jugendforscher. „Es wirkt auf manche der jungen Leute auch deshalb attraktiv, weil es unverbindlicher als der sofortige Eintritt ins Berufsleben erscheint: noch drei, vier Jahre Freiheit, etwas lernen, sich nicht festlegen müssen.“ Gleichzeitig seien sie aber auch bestrebt, eine Ausbildung zu erhalten, die sie berufsfähig macht. Angesichts dieser Mentalität müsse das gesamte duale Ausbildungssystem modernisiert werden. Zukunftsträchtig seien Kooperationen mit dualen Hochschulen und Berufskollegs, um dem Nachwuchs neben der Berufsausbildung auch ein Studium zu ermöglichen. „Unternehmen können auch Co-Finanzierungen von Studiengängen anbieten: Wichtig sind dabei klare Zielvereinbarungen mit den jungen Leuten, was in den Semestern zu schaffen ist, damit die Finanzierung fortgesetzt wird.“

Wie sich Mentalität der 15- bis 30-Jährigen im Arbeitsalltag auswirkt, ist auf Seite 3 zu lesen.

Autoritärer Führungsstil funktioniert nicht

Die Mentalität der Generation Y hat auch Konsequenzen für die tägliche Arbeit im Betrieb: „Ein demütigender autoritärer Führungsstil mit scharfen Anweisungen funktioniert nicht mehr“, betont Klaus Hurrelmann. „Das kann dazu führen, dass diese Ego-Taktiker Option B oder C ziehen und wechseln, wenn sie von ihrer Vorbildung her so aufgestellt sind, dass sie wählen können.“ Die jungen Erwachsenen seien an kooperatives Arbeiten mit ihren Lehrern gewohnt. Wer sie für die Mitarbeit gewinnen und im Unternehmen halten wolle, der müsse Vorgaben und Entscheidungen nachvollziehbar begründen. „Die Glaubwürdigkeit des Ausbilders ist alles entscheidend. Wenn er Druck macht, muss er vermitteln, dass auch er selbst im Terminstress steckt, weil zum Beispiel ein großer Auftrag ansteht, der für das Unternehmen existenziell ist. Solche Ausbilder können ein Team von Ego-Taktikern zusammenschweißen.“

Gestaltungsfreiheit als Leistungsantrieb
Aus den Studien geht auch hervor, dass die Generation Y die Arbeit in Projekten liebt. Damit einher gehen flache Hierarchien, Teamarbeit und flexible Arbeitszeiten. Die jungen Leute an den Büroarbeitsplatz zu fesseln, hält Hurrelmann daher für eher kontraproduktiv. Außerdem rät er zur Vorsicht im Umgang mit dem Wort „binden“. „Ausbilder und Vorgesetzte sollten ihnen vielmehr das Gefühl vermitteln, dass sie wichtige Mitarbeiter sind und an bedeutenden Aufgabenlösungen mitwirken. Die Jugendlichen müssen das Gefühl haben, dass sie freiwillig im Unternehmen sind und theoretisch jederzeit gehen könnten.“

Sicherheitsbedürfnis und Bindung zu den Eltern: Mehr dazu auf Seite 4.

Eltern als wichtige Ansprechpartner

Kennzeichnend für die zwischen 1985 und 2000 Geborenen ist auch eine starke Bindung zu den Eltern, die Kinder ziehen vergleichsweise spät von zu Hause aus. Im unsicheren Kampf um Bildung, Jobs und Partnerschaften sei das Elternhaus für viele ein sicherer Hafen, „um für ein paar Tage vom Stress des Y-Lebens auszuspannen“, heißt es dazu im Buch „Die heimlichen Revolutionäre“.

„ Wir erleben bei den besser Gebildeten, dass viele ihre Optionen genießen und ausschöpfen, statt sich vorschnell festzulegen“, sagt Klaus Hurrelmann im Interview. „Aber es gibt auch viele, die sich gerne irgendwo fest niederlassen möchten. Darin liegt eine Chance für das ortsnahe Handwerk. In der Nachwuchswerbung sollten sich die Betriebe und Verbände sehr viel stärker auf die Eltern konzentrieren – zum Beispiel auch über Elternabende. Denn Mütter und Väter sind die mit Abstand wichtigsten Berater in der Berufsfindung.“

Buchtipp: Porträt der Generation Y
Sie haben eine andere Einstellung zum Beruf, erfinden das Familienleben neu, unterwandern die traditionellen politischen Strukturen und gehen gelassen mit Unsicherheit und Stress um. Und sie sind „online aufgewachsen“, mit Computern, Tablets und Smartphones, im Internet und in sozialen Netzwerken. So beschreiben der Jugendforscher Klaus Hurrelmann und der Journalist Erik Albrecht in ihrem Buch „Die heimlichen Revolutionäre“ die 15- bis 30-Jährigen. Die beiden zeichnen ein Porträt dieser sogenannten Generation Y, das sich auf empirische Studien, Selbstzeugnisse und Interviews mit Jugendlichen gründet. Zum anderen lassen sie auch einige Vertreter dieser Generation zu Wort kommen, die Erik Albrecht für das Buch interviewt hat. So entsteht das Bild einer Generation der „Ego-Taktiker“ und heimlichen Revolutionäre, die neu definieren, was es bedeutet, „gut zu leben“.

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