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Kredit per Kleinanzeige

Die finale Fehlentscheidung

Die Offerten klingen vielversprechend. „Soforthilfe für das Handwerk“ oder „Existenzsicherung bei drohenden Maßnahmen“ steht in den Kleinanzeigen, die in Fachmagazinen immer häufiger zu finden sind. Sind solche Lockangebote seriös? handwerk.com gab sich als Kreditsuchender aus, hat die Angebote getestet und Experten dazu befragt.

Die Offerten klingen vielversprechend. Soforthilfe für das Handwerk oder Existenzsicherung bei drohenden Maßnahmen steht in den Kleinanzeigen, die in Fachmagazinen immer häufiger zu finden sind. Die Hausbank hat den Daumen schon lange gesenkt? Die Zwangsversteigerung droht? Kein Problem. Bis zu 750 000 Euro winken ohne Auskunft.

Die Krise machts möglich: Verzweifelte Betriebsinhaber klammern sich an jeden Strohhalm, sie greifen zum Telefonhörer und lassen sich unverbindlich informieren. Und das könnte dann der finale Fehlgriff in einem Unternehmerleben gewesen sein, sagt Albrecht Huber, Finanzierungsexperte des Bundes Deutscher Unternehmensberater (BDU).

Die Anfrage

Wie seriös kann die seriöse Problemlösung sein, die in den Kleinanzeigen in Aussicht gestellt wird? Gemeinsam mit dem Verein für Kreditgeschädigte und in finanzielle Not geratene Menschen hat handwerk.com drei Nummern von Kreditbeschaffern gewählt. Die Ausgangslage für die Testanrufe: Ein Zimmereibetrieb hat Außenstände von 121.000 Euro, die Lieferanten drängeln, die Sparkasse hat sich aus der Finanzierung verabschiedet.

Die drei Telefonberater locken unisono mit der Zusammenfassung der Verbindlichkeiten. Im Endeffekt sei die Ersparnis höher als die Kosten des Kredites, da der Betreibungskreislauf der Zwangsmaßnahmen durchbrochen werden könne. Das klingt verheißungsvoll. Doch was kostet die Umschuldung? Die offensichtlich gut geschulten Kreditbeschaffer lassen sich ihre Dienste mit Courtagen bezahlen, die zwischen sechs und 7,2 Prozent liegen. Allerdings bleibt die effektive Höhe der Jahreszinsen und der Gebühren im Dunkeln.

Die Maschen der Kredithaie

Zwielichtige Anbieter drücken ihre Konditionen häufig in Monatszinsen aus. Wer das umrechnet, befindet sich schnell im 20-Prozent-Bereich, sagt Finanzierungsexperte Huber. Zudem würden auch Kredithaie ihren Versprechungen zum Trotz nicht auf Garantien für ihre Gelder verzichten. Huber: Es werden nur andere Sicherheiten akzeptiert wie Schmuck oder spezielle Wertpapiere. Freunde und Bekannte werden über Bürgschaften mit in die Probleme der Unternehmen hineingezogen. Eine seriöse Bank lehnt so etwas ab.

Unklar bleibt auch, aus welchen Quellen die Finanzmittel stammen. Mit welchen Kreditinstituten arbeiten Sie zusammen?, fragen wir einen Telefonberater. Mit deutschen, lautet die etwas vage und zögerliche Antwort.

Dass bei solchen Geschäften in den seltensten Fällen tatsächlich Finanzmittel fließen, glaubt Dirk Scheffler, Gewerbekundenexperte der Nord/LB in Braunschweig: Kreditbeschaffer leben von ihren Bearbeitungs- und Prüfungsgebühren. Letztlich kommt dann ein Ablehnungsbescheid. Und das könne in vielen Fällen sogar ein Segen sein, ergänzt Huber. Ein Unternehmen, das in der Krise stecke, müsse ein schlüssiges Konzept für die Zukunft vorlegen können: Ansonsten kann es besser sein, den Betrieb in einer ordentlichen Insolvenz abzuwickeln. Der Schaden ist dann nicht ganz so groß.

Naturgemäß ist es nicht einfach, Unternehmer zu finden, die öffentlich über ihre Erfahrungen mit dubiosen Kreditmittelbeschaffern berichten. Auch dem ehemaligen Glaser W. P. aus Oldenburg fällt das nicht leicht. Weil er retten wollte, was nicht mehr zu retten war, habe er sich ganz bewusst auf einen Kredit mit Phantasiezinsen eingelassen. Das war vor zwei Jahren. Heute sagt er: Normalerweise müsste in jeder Kleinanzeige ein Hinweis wie auf den Zigarettenpackungen stehen: Der Bundesfinanzminister warnt. Dieser Kredit kann ihre Existenz gefährden.

Sanieren ist nicht angesagt

Dass die Hausbanken eine Mitschuld daran tragen, dass Unternehmer auf Kredithaie hereinfallen, glaubt Christa Lobner, Vorsitzende des Vereins für Kreditgeschädigte und in finanzielle Not geratene Menschen. Die Kreditvergabe sei bankenseits zunehmend ein Problemfall: Sanieren ist nicht mehr angesagt, alle wollen nur noch liquidieren.

Wir haben auch eine Verantwortung gegenüber den Unternehmern. Wenn das wirtschaftliche Umfeld nicht stimmt, muss ein Banker zur richtigen Zeit nein sagen können, kontert Dirk Scheffler, Gewerbekundenexperte der Nord/LB in Braunschweig.

Typische Fehler in der Krise

Immer neue Finanzspritzen würden Betrieben nicht helfen, solange sie nicht ihre Defizite auf der kalkulatorischen Ebene im Griff hätten, sagt der Banker. Einer der Kardinalfehler aus Schefflers Sicht: Die sinnvolle Anpassung der Personalstärke findet nicht in dem Maße statt, wie die Qualität der Aufträge nachlässt. Letztlich sei niemandem geholfen, wenn Aufträge nur deshalb angenommen würden, damit das Personal ausgelastet sei.

Die Kundenberater der Banken seien oft in schwierigen Situationen, sagt Scheffler. Bin ich wirklich ein netter Kerl, wenn ich den Kredit eines 60-jährigen Unternehmers mit seiner Rentenversicherung absichere? Wenn die Konjunktur schlecht bleibt, habe ich einen ehemals erfolgreichen Unternehmer zum Sozialfall gemacht.

Christa Lobner lässt Schefflers Argumente nicht gelten: Kein Kreditinstitut ist verpflichtet, einen Betrieb in die Zwangsversteigerung zu jagen. Wenn die Banken nicht so drängeln würden, bräuchten viele Unternehmen nicht zu sterben.

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