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Wareneinkauf
Dieser Einkauf geht ins Geld
Angebote zur Vorfinanzierung des Wareneinkaufs geben sich günstig. Was sie wirklich kosten, erfahren Sie hier.
Die Offerten klingen interessant. Sie kommen per E-Mail, finden sich auf Internet-Marktplätzen oder auch mal im redaktionellen Teil von Zeitschriften: Handwerker können sich ihren Wareneinkauf vorfinanzieren lassen – ganz ohne Hausbank. Das Modell: Die Anbieter treten als eine Art Zwischenhändler auf. Sie kaufen die vom Handwerker benötigte Ware bei dessen Lieferanten, bezahlen die Rechnung sofort und kassieren dafür Skonto. Der Handwerker erhält seinerseits die Ware direkt vom Lieferanten und zahlt dafür den vollen Rechnungsbetrag – ohne Skonto – nach 30 Tagen an den Zwischenhändler. Entsprechend werben die Anbieter damit, dass sie „nur“ vom ausgehandelten Skonto profitieren. Hinzu können je nach Anbieter weitere Kosten kommen, zum Beispiel für eine Bonitätsprüfung, Versicherungsgebühren oder längere Zahlungsziele.
Teurer Einkauf
Verzichtet ein Handwerker auf drei Prozent Skonto, dann ist das „im Prinzip ein sehr teurer Kredit“, warnt Wolfgang Miethke von der Handwerkskammer Hildesheim-Südniedersachsen. „Drei Prozent für 30 Tage entspricht einer rechnerischen Verzinsung von 36 Prozent pro Jahr.“ Zum Vergleich: Ein überzogener Kontokorrentkredit kostet 16 bis 19 Prozent pro Jahr.
Keine Dauerlösung
Für Betriebe wäre es günstiger, das Skonto selbst zu ziehen. Das bestätigt ein Mitarbeiter der CompPart Handelskontor GmbH in Frankfurt, die sich auf solche Leistungen spezialisiert hat: „Wer in der Lage ist, Skonto zu ziehen, sollte das unbedingt machen. Der braucht uns nicht." Doch wenn es einmal eng wird, sei das Modell eine Lösung. Zum Beispiel bei hohen Außenständen oder wenn ein großer Auftrag greifbar ist und die Liquidität für den Materialeinkauf nicht reicht. Das Angebot sei jedoch „keine Dauerlösung“.
Hürde Bonitätsprüfung
Für die meisten Betriebe kommen solche Angebote allerdings nicht in Frage, sagt Jürgen Herzig, Finanzierungsberater aus Waiblingen. Herzig vermittelt seinen Kunden bei Bedarf zwar selbst entsprechende Kontakte. „Doch die meisten Anfragen scheitern schon an der Bonitätsprüfung.“ Interessant sei das Angebot „nur für wachstumsstarke Unternehmen, bei denen das Umlaufvermögen von Jahr zu Jahr wächst“. In solchen Fällen gingen die Anbieter manchmal auch dann noch ins Risiko, wenn sich die Hausbanken schon nicht mehr trauen.
Finanzierungsalternativen suchen
„Betriebe mit guten Zukunftsaussichten und kurzfristigem Liquiditätsengpass können im Einzelfall vielleicht auf solche Angebote zurückgreifen“, ergänzt Unternehmensberater Oliver Borgmann aus Oldenburg. „Aber wer so ständig eine Finanzierungslücke vor sich herschiebt, sollte sich eine Finanzierungsalternative suchen. Sonst setzt man seine Rendite dauerhaft aufs Spiel.“