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Nachfolge

"Ehekrieg" statt Betriebsnachfolge

Streit bei der Übergabe? "Das ist nicht anders als in vielen Ehen", sagt der Psychologe und Unternehmensberater Andreas Kühn aus Osnabrück.

Manch ein Streit beginnt harmonisch: "Ich helfe noch eine Zeit im Unternehmen mit", sagt der scheidende Seniorchef und Junior nickt. Wenn die beiden sich nicht klipp und klar auf Zeitraum, Verantwortungsbereich und Umgang einigen, droht an jedem dieser Punkte Streit. Ein Zerwürfnis droht, die Übergabe ist in Gefahr. Denn Konflikte können bis zur Trennung führen, meint Kühn.

"Nicht auf der betriebswirtschaftlichen, sondern auf der zwischenmenschlichen Ebene entscheidet sich der Erfolg einer Unternehmensübergabe", sagt der Berater Eckard Sudmeyer von der Handwerkskammer Braunschweig. Gerade hat er ein dreijähriges Projekt zum Thema "Generationswechsel im Handwerk" abgeschlossen. Die Ergebnisse mit vielen Tipps für Übergeber und Nachfolger stehen im Internet: www.senior-sucht-junior.de.

Schmutzige Tricks und Sabotage

Das Repertoire an Gemeinheiten, zu denen zerstrittene Menschen greifen, ist groß. "Ein Junior hat das Büro des Seniors geräumt, während dieser im Urlaub war", berichtet Maria Wirtz von der tms-Unternehmensberatung in Köln. Doch auch Übergeber greifen zu schmutzigen Tricks: "Manche Unternehmer sind nicht fähig aufzuhören", erzählt sie. Trotz offiziellen Rückzugs vom Chefposten mischten sie im Tagesgeschäft mit wie eh und je und sabotierten so die Übergabe.

"Der häufigste Fehler von Übergebern ist, dass sie nicht loslassen können", bestätigt Jörg Püschel von der Stadtsparkasse Köln. Die Übergabe eines seiner Kunden scheiterte daran, dass der als Nachfolger auserkorene Sohn mit seinen 63 Jahren in die Rente statt auf den Chefsessel wechselte. Wenn Seniorchefs die Nachfolge herauszögern, "sind das keine rationalen Überlegungen mehr", sagt Püschel .

Uneingestandene Gefühle

Tatsächlich sind viele Gefühle im Spiel und oftmals stürzen sie dammbruchartig auf den Seniorchef ein, meint Werner Freund, Unternehmensberater aus Bonn. "Was erwarte ich noch vom Leben? Was bringt das Alter? Wie verändern sich meine Beziehungen daheim?", listet Freund einige Fragen auf, denen Übergeber aus dem Wege gehen, indem sie im Betrieb bleiben. Die Unternehmens-übergabe müsse nicht nur rational, sondern auch emotional angenommen werden, fordert der Psychologe und Berater Kühn.

Auch für das Verhalten von Nachfolgern, das Seniorchefs auf die Palme bringen kann, gibt es emotionale Hintergründe. Denn Stolz, Ehre und Status spielen nach Meinung der Experten für alle Beteiligten unterschwellig eine große Rolle. Und wenn Junioren nicht den Rat von Senioren einholen, steckt dahinter meist die Angst, sich zu blamieren: "Der Senior hält mich für inkompetent", formuliert Kühn die Ängste von Nachfolgern. "Junior und Senior müssen über ihren Schatten springen", sagt er. Die Gefühle zu benennen, sei bereits die halbe Miete. "Dann entsteht Gemeinsamkeit."

Schwammige Absprachen und nicht offen gelegte Gefühle sind die gefährlichsten Stolperdrähte bei der Übergabe. Transparenz und beiderseitiger Respekt sind für Kühn deshalb die Schlüsselworte für eine erfolgreiche Nachfolge: "Respekt für das Lebenswerk des Übergebers und Respekt für die Kreativität und Kraft des Nachfolgers." Dann können Senior und Junior die Übergabe kooperativ angehen und ihre individuellen Stärken vereinen. Die Unternehmensberaterin Maria Wirtz bringt es auf den Punkt: 2Neue Besen kehren gut, aber die alten wissen, wo der Dreck sitzt."

Weitere Informationen zu diesem Thema:

www.senior-sucht-junior.de

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