Die Auftragsvergabe im Internet: ein durchgängiger, papierloser Prozess. An der Verwirklichung dieser Vision arbeitet zur Zeit eine Reihe von Beschaffungsexperten in Ämtern und Ministerien. Unternehmen, die einen Auftrag der öffentlichen Hand ergattern wollen, sollen künftig die kompletten Leistungsverzeichnisse aus dem Netz ziehen, ihre Angebote digital erstellen und via Internet zurücksenden können.
Zu Verzögerungen führen dabei insbesondere die technischen Sicherheitsstandards, die der Gesetzgeber bei der elektronischen Angebotsabgabe verlangt. Laut Vergabeverordnung müssen solche Angebote nämlich verschlüsselt und mit einer digitalen Signatur versehen sein. Das Beschaffungsamt des Bundesinnenministeriums arbeitet im Rahmen des Projektes Öffentlicher Einkauf Online gerade intensiv an einer gesetzeskonformen Lösung. Noch in diesem Jahr will die Behörde eine erste Pilotausschreibung nach VOB abwickeln, und bis zum Ende des ersten Quartals 2003 sollen sämtliche Ausschreibungen des Beschaffungsamtes über die Plattform www.e-vergabe.bund.de laufen. Unternehmen, die Angebote abgeben wollen, benötigen dafür einen Internetanschluss, eine Signaturkarte und ein Kartenlesegerät. Wir erhoffen uns da eine rege Beteiligung vom Mittelstand, hebt Projektmitarbeiterin Miliana Romic hervor.
Bremen startet mit eigener Lösung
Nach Ende der Testphase möchten die Initiatoren möglichst viele Vergabestellen von Bund, Ländern und Gemeinden sowie öffentliche Betriebe für das Geschäftsmodell gewinnen. Einige Kommunen wollen darauf jedoch nicht warten und experimentieren statt dessen bereits mit eigenen Lösungen. Dazu gehört zum Beispiel das Land Bremen, das zu diesem Zweck eine eigene Gesellschaft, die Bremer Online Services GmbH amp; Co. KG gegründet hat.
Im Rahmen des Projektes E-Einkaufsmanagement will die Gesellschaft zunächst Pilotversuche in den Bereichen Bundeshochbau, kommunaler Straßenbau und Bundesstraßenbau durchführen. Die erste Auftragsvergabe soll zum Jahreswechsel erfolgen, interessierte Firmen können unter www.bremen.de/ausschreibungen die Ausschreibungsunterlagen einsehen.
Nach Angaben von Karen Vogel-Krawczyk, die das Teilprojekt VOB leitet, wird die Pilotvergabe parallel zum Papierverfahren laufen, über eine Hotline können Bieter Hilfe bei der elektronischen Angebotsabgabe erhalten. Die Unternehmen sollten das als Chance begreifen, diese Zukunftstechniken zu nutzen und dabei erste Gehversuche zu machen, sagt die Vergabe-Expertin.
Weitere Informationen zu diesem Thema:
Beschaffungsamt des Bundesinnenministeriums: www.bescha.bund.de
Ausschreibungen des Beschaffungsamtes: www.e-vergabe.bund.de
Bremer Online Services: www.bremer-online-service.de
Ausschreibungsunterlagen der Bremer Online Services: www.bremen.de/ausschreibungen
Buchtipps
Leitfaden E-Vergabe
Einen umfassenden Überblick zum Thema elektronische Ausschreibung und Vergabe liefert der Leitfaden E-Vergabe. Der Jurist und Vergabe-Experte Rudolf Weyand informiert darin unter anderem über die rechtlichen Rahmenbedingungen, über besondere Ausprägungen der E-Vergabe wie inverse Auktionen oder Nachfragebündelung und über die Angebote diverser Dienstleister. Der Leitfaden ist nur als CD-ROM erhältlich und kostet 16 Euro. Er kann direkt beim Verfasser über die Fax-Nummer (0 68 06) 30 68 10 oder
im Internet unter http://home.t-online.de/home/rudolf.weyand/ bestellt werden.
Virtuelle Marktplätze
Das Institut für Mittelstandsforschung der Uni Mannheim hat eine Broschüre über die wichtigsten mittelstandsrelevanten Marktplätze im Internet herausgebracht. Die Publikation steht unter www.ifm.uni-mannheim.de/ifm/web/unter/emarkt.html zum kostenlosen Download bereit.
Stichwort Elektronische Angebotsabgabe
Seit dem Inkrafttreten der neuen Vergabeverordnung (VgV) am 1. Februar 2001 sind mit einer digitalen Signatur versehene und verschlüsselte Angebote, die über das Internet an den Auftraggeber weitergeleitet werden, rechtsverbindlich.
Nähere Angaben finden sich in den Verdingungsordnungen für Bauleistungen (VOB/A 2000), für Dienstleistungen (VOL/A 2000) und für freiberufliche Leistungen (VOF 2000), die zusammen mit der neuen Vergabeverordnung verabschiedet wurden.
Die Zulassung digitaler Angebote ist eine Kann-Bestimmung, das heißt der Auftraggeber entscheidet selbst darüber, ob er diese Form der Angebotsabgabe zulassen will oder nicht. Über die rechtlichen Details informiert das Bundeswirtschaftsministerium.
Stichwort Digitale Signatur
Eine wesentliche Voraussetzung für die Vertrauenswürdigkeit von Online-Transaktionen ist die digitale Signatur. Nach § 2 Absatz 1 des im Mai 2001 in Kraft getretenen Signaturgesetzes ist darunter ein eindeutiges Signal zu verstehen, das die Unversehrtheit und Echtheit von digitalen Daten beim Empfänger nachweist. Die digitale Unterschrift wird damit der eigenhändigen Unterschrift gleichgestellt.
Wer die Möglichkeit des elektronischen Signierens nutzen möchte, benötigt dafür eine Signatur-Chipkarte mit PIN-Nummer (Geheimzahl zur Identitätsprüfung), ein Kartenlesegerät sowie eine spezielle Software. Erhältlich ist diese Grundausstattung bei den so genannten Trust Centern (Zertifizierungsstellen für Signaturschlüssel), die unter anderem von der Telekom und der Post betrieben werden.
Das Signaturgesetz kann nachgelesen werden unter www.iid.de/iukdg.