Der Russland-Ukraine-Krieg verursacht Engpässe bei der Materialversorgung. Unter den Holzwerkstoffen ist Birkensperrholz besonders stark betroffen.
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Der Russland-Ukraine-Krieg verursacht Engpässe bei der Materialversorgung. 

Holzhelden

Engpass Holzwerkstoffe: die nächste Verschärfung droht

Die russische Invasion hat Folgen für die Rohstoffversorgung, unter anderem bei verschiedenen Hölzern. Im April dürfte sich die Lage weiter verschärfen.

  • Steigende Preise bei Holzwerkstoffen, zum Teil dramatisch abnehmende Verfügbarkeit. Der Russland-Ukraine-Krieg verursacht Engpässe bei der Materialversorgung. Unter den Holzwerkstoffen ist Birkensperrholz besonders stark betroffen.
  • Die genauen Ursachen für die Rohstoffknappheit sind vielfältig. Neben wechselseitigen Sanktionen zwischen Russland und der EU gibt es beispielsweise Hemmnisse bei der Logistik.
  • Eine weitere Verschärfung der Versorgungssituation steht an, wenn russische Hölzer ab April keine FSC-Zertifizierung mehr erhalten. Damit bricht ein wichtiger Nachweis für den legalen Holzimport in die EU weg.

Der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine schlägt sich auf die Materialversorgung im Handwerk nieder. Mit Engpässen im Bereich Stahl, Bitumen und Holz sind im Bau und Ausbau gleich mehrere Branchen betroffen. Ein bundesweit tätiger Holzhändler, der vor allem Handwerker versorgt, zeichnet im Gespräch mit handwerk.com ein düsteres Bild. „Die Lage ist dramatisch, nicht nur bei Birke und Eiche. Wir erleben bei allen Sperrhölzern eine große Unterversorgung. Über Nacht ist ein ganzer Markt weggebrochen. Die Preise zogen um 20 bis 30 Prozent an – Tendenz: steigend!“

 

So bewerten Händler und Importeure die Versorgungslage

Wie angespannt die Lage bei der Holzversorgung ist, wissen die Holzhändler und -Importeure aus erster Hand. Im Gesamtverband Deutscher Holzhandel e.V. (GD Holz) sind 800 von ihnen organisiert. Nils Olaf Petersen, Abteilungsleiter Außenhandel beim GD Holz, tauscht sich regelmäßig mit den Branchenakteuren aus, zuletzt mit einigen Händlern aus der Initiative Qualitätssperrholz. „Die Unternehmen blicken einigermaßen betrübt auf die aktuelle Versorgungslage“, sagt Petersen.

Besonders beunruhigend sei die Verfügbarkeit beim Birkensperrholz. „Birkensperrholz ist von der derzeitigen Situation maßgeblich beeinflusst“, sagt Petersen. Der Werkstoff komme als Multiplexplatten nicht nur im Laden- und Möbelbau zum Einsatz, auch beim Fahrzeugbau und für Spezialanwendungen werde er eingesetzt. Engpässe sieht der GD Holz außerdem beim Nadelschnittholz – hier kämen ungefähr 16 Prozent des nach Deutschland importierten Rohstoffs aus Russland – sowie bei Laubholz. Beispielsweise kämen nennenswerte Mengen an Eichenschnittholz aus Belarus und der Ukraine.

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Drei wesentliche Ursachen für die Engpässe

Die Gründe für die Lieferengpässe im Zusammenhang mit dem Angriffskrieg Russlands sind vielfältig. Große Bedeutung misst Nils Olaf Petersen drei Ursachen zu.

  1. Wechselseitige Sanktionen zwischen Russland und EU: Europäische Marktteilnehmer dürfen laut Petersen keine Einkäufe bei russischen Person und Unternehmen tätigen, die auf der europäischen Sanktionsliste stehen. Das betreffe „nur wenige russische Holzwerkstoffhersteller, dafür aber einen der größten Lieferanten für Birkensperrholz“, sagt Petersen. Russland habe seinerseits 2021 ein Exportverbot auf Nadelrundholz ausgesprochen, das nun auf Furniere und Laubrundholz erweitert worden sei.
  2. Sanktionen gegen Belarus: Gegen Belarus hat die EU am 2. März Handelsbeschränkungen unter anderem für Holzprodukte verhängt. Derzeit dürften nur noch Altverträge erfüllt werden, die vor dem 2. März abgeschlossen wurden, sagt Petersen. Aus dem Land kämen vor allem viel Nadelschnittholz, Holz für Verpackungszwecke und Paletten. „Im Bereich Verpackungsware sprechen wir von nennenswerten Mengen, die allen Produzenten fehlen werden, die etwas verpacken und verschicken wollen“, sagt Petersen.
  3. Logistik-Engpässe: Auch logistische Hürden sind laut Petersen mitverantwortlich für Versorgungsprobleme. So hat Russland laut der EU im Januar die Zahl der Grenzübergänge für Holzexporte in die EU reduziert, was sich nach Petersens Einschätzung auf die Lieferzeiten auswirkt. Zudem habe sich der LKW-Fahrer-Mangel verschärft, da viele Fahrer aus der Ukraine stammen.

Holz aus Russland: Im April verschärft sich die Lage weiter

Bei den Holzimporten aus Russland dürfte sich die Lage kurzfristig weiter verschärfen, fürchtet Petersen. Das liege maßgeblich an künftigen Nachweisproblemen: Ab dem 8. April stoppt die Forest Stewardship Council die Verwendung von Materialien aus Russland und Belarus in zertifizierten Produkten. Dann kann es keine FSC-zertifizierten Produkte mehr aus diesen Ländern geben. Und die Verantwortlichen hinter dem PEFC-Siegel stuften Holz aus Russland und Belarus bereits am 4. März als „Konfliktholz“ ein und stellten die Vergabe des PEFC-Siegels für Holz aus diesen Ländern ein.

„Das Fehlen der Siegel erschwert die Einfuhr in die EU enorm“, sagt Petersen. Die EU-Holzhandelsverordnung (EUTR) schreibt vor, dass Ware, die importiert wird, legal geschlagen worden sein muss. FSC- und PEFC-Siegel seien eines von vielen Elementen, um den Nachweis dafür sicherzustellen. „Künftig müssten andere Nachweise dafür erbracht werden, was kurz- oder mittelfristig sehr schwierig umzusetzen ist“, sagt Petersen.

Wie können Holzengpässe abgemildert werden?

„Die Importeure und Händler sind auf der Suche nach Substitutionsprodukten“, sagt Petersen. Er glaubt, dass der Markt sich anpassen wird, auch wenn alternative Quellen oder Rohstoffe für Werkstoffe wie Birkensperrholz sich schwer finden ließen. „Um Birkensperrholz selbst zu produzieren, fehlen hierzulande die nötigen Anlagen. Im Baltikum, Polen und Finnland gibt es die, aber auch dort mangelt es am Rohstoff.“ Denkbar seien auch Importe aus China, wenn das chinesische Sperrholz nicht von russischen Bäumen stammt.

„Am ehesten kann die Situation entschärft werden, wenn alle Marktteilnehmer weiterhin vernünftig einkaufen und nicht dem Druck nachgeben, sich die Lager mit Krisenvorräten vollzumachen“, mahnt Petersen. Verarbeiter könnten zudem den Einsatz alternativer Produkte prüfen. „Nadelsperrholz lässt sich noch relativ gut mit OSB-Platten substituieren“, nennt Petersen ein Beispiel.

Bei anderen Hölzern könnten nicht zuletzt Produkte aus den Tropen zumindest in vereinzelten Anwendungsbereichen Abhilfe schaffen. Ein Beispiel: „Eine Terrasse aus Lärchenholz muss deutlich schneller ausgetauscht werden als beispielsweise eine aus tropischem Hartholz, welche bei guter Pflege 30 Jahre und länger halten kann“, sagt Petersen. Tropenholz sei aktuell gut verfügbar. „Und es gibt genügend Händler, die zertifiziertes Tropenholz liefern können“, sagt Petersen.

Was kann politisch getan werden?

Der GD Holz unterstützt die Sanktionen gegen Russland. Dennoch müsse die Holzindustrie mit Rohstoff versorgt werden. „Wir fordern, dass der Zugriff auf heimische Hölzer vereinfacht wird“, sagt Petersen. „Außerdem dürfen keine zusätzlichen Handelsbarrieren für den Import von Holz aus Übersee aufgebaut werden, wie es die EU aktuell mit dem Gesetzesvorschlag für entwaldungsfreie Lieferketten plant.“

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