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Sorgen?

Entrümpel endlich Deine Firma, Chef

Die Kreditlinie: aus fadenscheinigen Gründen gekürzt. Der Auftraggeber: lässt Sie am ausgestreckten Arm verhungern. Und Sie? Sie müssen weiterarbeiten. Allen Sorgen zum Trotz. Wie kann das funktionieren?

Stefan Merath ist der Chef der Unternehmercoach GmbH. Er berät mit seinem Team die Inhaber und Geschäftsführer kleiner und mittlerer Unternehmen. Und er ist Autor des Sachbuchs „Der Weg zum erfolgreichen Unternehmer“.

Im handwerk.com Interview verrät der Experte, wie Sie auf der Erfolgsspur bleiben, indem Sie Ihr Leben und Ihre Firma entrümpeln – auch wenn Sie von Sorgen geplagt sind.

Herr Merath, eigentlich müsste jedem Unternehmer klar sein, dass es in einem Unternehmerleben Hürden geben wird. Wieso werden viele Unternehmer dann so "völlig kalt" erwischt?
Merath: Weil sich viele Unternehmer, auch die des Handwerks, keinen Freiraum schaffen, in dem sie ihre Unternehmeraufgaben erledigen und Hürden aus dem Weg räumen können. Sehr viele Unternehmer haben schlicht keine Zeit, ihre Unternehmeraufgaben richtig zu machen, ja, sie kennen diese nicht einmal. Bittet man sie, ihre Aufgaben als Unternehmer aufzuschreiben, kommt in der Regel eine hübsche Liste von 15 bis 40 Aufgaben zusammen. Kennen Sie irgendeine Person, die 40 unterschiedliche Aufgaben in Spitzenqualität ausführen kann und dabei zumindest noch gelegentlich Familie oder Bett zu Gesicht bekommt? Nein? Ich auch nicht.

Die etwas andere Entrümpelungsaktion – lesen Sie Seite 2.

Überflüssig? Weg damit!

Was sind denn die Kernaufgaben eines Unternehmers?
Merath: Unternehmer, ob im Handwerk oder in anderen Branchen, sollten sich auf ihre wirklichen Aufgaben konzentrieren. Dazu gehören die Visionen, die Strategie, die Kontrolle, die Übergabe. Ganz wichtig ist aber auch dieser Punkt: das Entrümpeln von Überflüssigem. Wer das begriffen hat, kann gelassen auf Hürden reagieren – und gelassen in die Zukunft sehen.

Aber Handwerksunternehmer müssen kreativ sein, Mitarbeiter motivieren und Entscheidungen treffen. Wenn der Chef Sorgen hat, fällt das natürlich schwer. Wie bekommt er in solchen Situationen wieder eine klare Sicht auf die Dinge?
Merath: Auch im Akutfall ist es essenziell wichtig, Überflüssiges zu entrümpeln und sich Zeit und Freiraum für ein effektives Handeln zu schaffen. Jede Veränderung beginnt genau damit: Solange man keinen Freiraum hat, kann man nichts Neues beginnen. Als Erstes sollte der Unternehmer deshalb eine möglichst genaue Liste darüber erstellen, was er in einer durchschnittlichen Woche tut. Dann kann er sich die Frage stellen, was er davon nicht mehr tun wird, weil es ihn nicht weiterbringt. Zum Beispiel der E-Mail-Abruf alle 2 Minuten. Oder die permanente Zugangsmöglichkeit der Mitarbeiter zu seinem Büro. Die Tätigkeiten, die er nicht mehr tun wird, kann er mit einem dicken roten Filzstift durchstreichen.

Ein einfacher Trick für die Umsetzung – lesen Sie Seite 3.

Störungsquellen trockenlegen

Die Umsetzung dürfte den meisten Chefs ziemlich schwerfallen.
Merath: Da gibt es einen einfachen Trick. Der Chef kann das Blatt als Verpflichtungserklärung an die Wand neben seinen Schreibtisch hängen. Denn all diese überflüssigen Dinge haben eines gemeinsam: Sie werden den Unternehmer nicht zu dem Leben führen, das er sich erträumt. Vielleicht weiß er noch gar nicht genau, was er sich wirklich erträumt, weil er vermutlich gar keine Zeit hat, um zu träumen! Solange man aber nicht weiß, wo man hin möchte, wird man dort auch niemals ankommen.

Geben Sie mal ein Beispiel, was bewirkt diese besondere Form der "Müllentsorgung"?
Merath: Ein Seminarteilnehmer von mir hat eine Firma mit 15 Mitarbeitern. Über Jahre hinweg hatte sich überall Überflüssiges angesammelt. Er bekam zum Beispiel 90% seiner E-Mails von Mitarbeitern, die sich eigentlich nur bei jeder Kleinigkeit absichern wollten. Nach dem Seminar hat er das und vieles andere abgeschafft. Und als er einmal damit begonnen hatte und sah, wie einfach manches geht, wurde er immer radikaler. Nach weniger als 3 Monaten hatte er 80 % seiner bisherigen Tätigkeiten einfach gestrichen. Noch nicht einmal übergeben, sondern die Quellen der Störungen trockengelegt und dann einfach gestrichen! Vielleicht können Sie sich nun vorstellen, welche Energien das freisetzen kann.

Nur keine Angst! Lesen Sie die nächste Seite!

Einfach richtig entscheiden

Dennoch reagieren auch erfolgreiche Handwerksunternehmer, die plötzlich in Schwierigkeiten kommen, oft wie gelähmt und mit Schlafstörungen.
Merath: Viele Unternehmer, mit denen ich zu tun habe, sind von einer gewissen Angst oder von Sorgen getrieben. Beispielsweise von der Angst, seine Rechnungen nicht bezahlen zu können, von der Angst, dass jemand die Idee stiehlt, der Angst, von Mitarbeitern oder Kunden übers Ohr gehauen und von den Banken im Regen stehen gelassen zu werden. Oder von der Angst zu scheitern.

Nun fühlt sich Angst nicht nur wenig angenehm an, sie führt auch im Unternehmen permanent zu Fehlentscheidungen. Beispielsweise geht es mir, wenn ich Angst habe, zuallererst um meinen Gewinn und erst danach um den Nutzen für meine Kunden. Berücksichtigt man noch, dass laut verschiedenen Studien 70 bis 99 Prozent unserer Entscheidungen unbewusst und emotional fallen, dann hat das schlicht zur Folge, dass 70 bis 99 Prozent unserer Entscheidungen automatisch falsch sind, wenn wir von Angst beherrscht werden.

Die finanzielle Rücklage sorgt für ruhigen Schlaf – lesen Sie Meraths letzten Tipp.

Ausgaben reduzieren

Angst essen Erfolg auf?
Merath: Ja, wer Angst hat, wird niemals auf Dauer erfolgreich werden. Interessanterweise verschwinden solche Ängste mit steigendem Vermögen nur kurzfristig. Nach einer kurzen Entspannungsphase werden die alten Ängste dann meist durch neue ersetzt. Wir können solche Ängste also nicht besiegen, indem wir äußere Umstände ändern, sondern wir müssen etwas in uns ändern. Dazu gibt es meiner Meinung nach zwei ganz besonders wichtige Wege. Der eine ist, zu handeln und sich der Angst beziehungsweise der Situation so schnell und so bewusst wie möglich zu stellen. Und der zweite Weg ist ganz einfach – Dankbarkeit. Viele große Unternehmer leben das – wer sich täglich in Dankbarkeit übt, kann nicht gleichzeitig Angst haben.

Dankbarkeit wofür? Den finanziellen Erfolg?
Merath: Im Großteil meiner Coachingfälle war immer auch die private und die unternehmerische Finanzsituation ein Thema. Ich habe es kein einziges Mal erlebt, dass jemand, der privat kein Vermögen hat, eines in der Firma aufbauen konnte. Die finanzielle Kompetenz gilt für beide Bereiche gleichermaßen und ist ein Schlüsselfaktor auf dem Weg zu einem erfolgreichen Unternehmen. Eine der wichtigsten Regeln dabei ist: Die Ausgaben kann ein Unternehmer jetzt sofort und direkt kontrollieren. Die Einnahmen kann er nur über Positionierung, Vertriebspartner und so weiter beeinflussen. Der entscheidende Punkt, ein Betriebsvermögen aufzubauen, beginnt also nicht bei der Erhöhung der Einnahmen, sondern bei der Reduktion der Ausgaben unter die Einnahmen. Dazu gehört die Etablierung eines Systems, mit dem die Differenz automatisch gespart und als Rücklage angelegt wird. Es gibt eine zentrale Kennzahl: die finanzielle Reichweite. Wie lange können die fixen Kosten bestritten werden, wenn die Umsätze morgen auf 0 abfallen würden? In den meisten kleinen und mittleren Unternehmen liegt das bei maximal zwei Monaten, das ist Alarmstufe dunkelrot. Ideal sind 6-10 Monate. Und schon kann der Unternehmer ruhiger schlafen.
www.unternehmercoach.com

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(sfk)

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