Handwerk Archiv
Foto: handwerk.com

Zusatzkosten statt Entlastung

EU: Tachografenpflicht schon ab 2,8 Tonnen

Wenn dieser EU-Beschluss umgesetzt wird, müssen Zehntausende Handwerker ihre Transporter nachrüsten: Fahrzeuge ab 2,8 Tonnen brauchen künftig einen digitalen Fahrtenschreiber, sobald sie sich mehr als 100 Kilometer vom Betrieb entfernen.

Gegen jede Erwartung hat das Europäische Parlament eine Verschärfung der Tachografenpflicht für das Handwerk beschlossen. Einerseits soll die Ausnahmeregelung von der Pflicht für Betriebe, die eigene Materialien, Ausrüstungen und Maschinen befördern, zwar auf einen Umkreis von 100 – statt bisher 50 – Kilometern um den Unternehmenssitz erweitert werden. Zugleich soll aber bereits in allen Fahrzeugen ab 2,8 Tonnen ein Fahrtenschreiber zum Einsatz kommen (bisher gilt dies bei Fahrzeugen mit einem Gesamtgewicht von 3,5 Tonnen).

"Es ist unfassbar, was da jetzt im Europäischen Parlament beschlossen wurde", Norbert Bünten ist empört. Knapp ein Viertel des Fahrzeugbestandes der Handwerksbetriebe liegt laut dem Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Braunschweig-Lüneburg-Stade in der Gewichtsklasse 2,8 bis 3,5 Tonnen. "Die Transporter oder Sprinter müssten alle nachgerüstet werden, wenn sie auch nur ein einziges Mal weiter als 100 Kilometer vom Betrieb zum Einsatz kommen." Hinzu kämen aufwendige Dateiverwaltungen. Das alles werde die Betriebe viel Geld kosten.

"Eine ausführliche Debatte hat es nicht gegeben" – lesen Sie die nächste Seite.

"Das ist völlig unnötige Bürokratie"

Ein Betrieb aus Eichstätt kann nach der Regelung keine Baustelle in München anfahren, ein Helmstedter Betrieb erreicht nicht den gesamten Großraum Hannover und ein Betrieb aus Rendsburg (Schleswig-Holstein) muss vor Hamburg umkehren, wenn die Fahrt nicht über einen digitalen Fahrtenschreiber aufgezeichnet wird. "Das ist absurd", meint Bünten und bemängelt, dass es dazu keine ausführliche Debatte im Plenum gegeben habe. Zudem habe das EU-Parlament entgegen dem Votum des fachlich zuständigen Transportausschusses entschieden. Dieser hatte einen Umkreis von 150 Kilometern um den Unternehmenssitz gefordert. "Die Mehrheit der Europaabgeordneten ist offenbar von den strukturellen Besonderheiten im ländlichen Raum genauso weit entfernt wie von den Problemen der kleinen und mittleren Betriebe", kritisiert Bünten.

Tischlermeister Detlef Krüger aus dem niedersächsischen Alfeld fährt seine Baustellen mit einem VW-Crafter an. Nach der neuen Regelung müsste er diesen nachrüsten lassen: "Das ist eine völlig unnötige Bürokratie und Geldschneiderei", schimpft der Chef von 10 Mitarbeitern. "Ich verstehe nicht, wo der Sinn einer Kilometerbegrenzung überhaupt liegen soll. Da fährt man einmal eine Baustelle in Bayern an – und schon muss man einen digitalen Fahrtenschreiber einbauen?" Der 55-Jährige meint: "Am besten wäre es, alle Regeln abzuschaffen und noch einmal völlig neue, und dann sinnvolle, zu machen."

Die EU verliert weiter an Akzeptanz, warnt Edmund Stoiber. Lesen Sie Seite 3.

"Die EU könnte dadurch weiter an Akzeptanz verlieren"

Auch für den Vorsitzenden der Expertengruppe zum EU-Bürokratieabbau Edmund Stoiber sind die Beschlüsse des Europäischen Parlaments "nicht mehr nachvollziehbar und ein schwerer Schlag gegen den Bürokratieabbau." Den Betrieben gebe man so "Steine statt Brot".

Anlässlich der Entwicklung bei der Tachografenpflicht habe Stoiber im Europäischen Parlament vor einem weiteren Akzeptanzverlust der EU bei den Bürgern und Unternehmen gewarnt. "Ich erwarte, dass der Ministerrat und insbesondere der deutsche Verkehrsminister Ramsauer eine Ausweitung der Tachografenpflicht auf Fahrten mit Fahrzeugen zwischen  2,8 und 3,5 Tonnen klar ablehnen."

Auch die Handwerksorganisationen setzen sich dafür ein, dass die Absenkung der Gewichtsgrenze wieder zurückgenommen wird. Verhandlungen mit der EU-Kommission und dem Europäischen Rat stehen noch aus.

(bw)

Frustriert von der Mitarbeitersuche?

handwerk.com und die Schlütersche helfen Ihnen Ihre offenen Stellen einfach, zeit- und kostensparend mit den richtigen Kandidaten zu besetzen! Mehr als 500 Betriebe vertrauen uns bei der Mitarbeitersuche!

Jetzt Bewerber finden!

Wir haben noch mehr für Sie!

Praktische Tipps zur Betriebsführung und Erfahrungsberichte von Kollegen gibt es dienstags und donnerstags auch direkt ins Postfach: nützlich, übersichtlich und auf den Punkt.
Melden Sie sich jetzt für unseren Newsletter an - schnell und kostenlos!
Wir geben Ihre Daten nicht an Dritte weiter. Die Übermittlung erfolgt verschlüsselt. Zu statistischen Zwecken führen wir ein anonymisiertes Link-Tracking durch.
Der Ford E-Transit bietet volle Nutzbarkeit mit elektrischem Antrieb – zum Startpreis von 59.890 Euro netto. 

Praxistest

Ford E-Transit: Elektrisch im Tonnenbereich

Der Ford E-Transit bietet bis zu 1,6 Tonnen Nutzlast und entweder 184 oder 269 Elektro-PS. Die L3H2-Variante im Praxistest.

    • Fuhrpark
Im Winter drohen steigende Energiekosten. Für viele Energiesparmaßnahmen muss jedoch erstmal Geld ausgegeben werden.

Energiekosten

Energie sparen? Kleine Betriebe sehen ihre Möglichkeiten erschöpft

Vor dem Winter rücken die Energiepreise wieder in den Blickpunkt. Doch viele Unternehmen haben einfache Energiemaßnahmen bereits umgesetzt. Was verhindert weitere Einsparungen?

    • Energiekosten
Strenge Regeln ab Juli: Die Mautpflicht greift dann auch für Fahrzeuge ab 3,5 Tonnen – allerdings gibt es Ausnahmen.

Fuhrpark

Maut: Was Sie über die Handwerkerausnahme wissen müssen

Ab dem 1. Juli 2024 gilt die Lkw-Maut für Fahrzeuge ab 3,5 Tonnen. Bei der Ausweitung der Mautpflicht gibt es aber eine Handwerkerausnahme.

    • Fuhrpark
verkehrsschild maut auf weißem hintergrund - 3d illustration

Politik und Gesellschaft

Neuerung bei Lkw-Maut: Was Betriebe jetzt prüfen sollten

Sie haben Ihre Fahrzeuge abgelastet, damit Ihre Firmenwagen unter das Gewicht von 7,5-Tonnen fallen? Dann kann es sein, dass Sie jetzt Lkw-Maut zahlen müssen.

    • Politik und Gesellschaft, Fuhrpark