Die Bundesregierung hat am 30. November ihre Eckpunkte zur Fachkräfteeinwanderung aus Drittstaaten beschlossen. Ziel sei es, das Einwanderungsrecht für Fachkräfte zu modernisieren, um die Personallücke unter anderem im Handwerk auch mit Fachkräften aus dem Ausland schließen zu können. Dazu sieht das Papier drei Säulen vor: die Fachkräftesäule, die Erfahrungssäule und die Potenzialsäule.
Fachkräftesäule
Mit einem anerkannten Abschluss und einem Arbeitsvertrag sollen ausländische Fachkräfte zu gleichwertigen Beschäftigungsbedingungen wie Inländer eingestellt werden können. Neu sei, dass Fachkräfte künftig jede qualifizierte Beschäftigung ausüben dürften: So könne eine Kauffrau für Büromanagement auch im Bereich Logistik arbeiten, nennen die Macher des Papiers als Beispiel. Das sorge für mehr Flexibilität in einer dynamischen Arbeitswelt.
Um die Bildungsmigration zur Gewinnung von Fachkräften zu stärken, will die Regierung es für Menschen zudem attraktiver machen, für die Aufnahme einer Berufsausbildung oder eines Studiums nach Deutschland zu kommen und hier zu bleiben.
Erfahrungssäule
Die Erfahrungssäule ermögliche Drittstaatsangehörigen die Einwanderung, wenn sie mindestens zwei Jahre Berufserfahrung haben und einen im Herkunftsland staatlich anerkannten, mindestens zweijährigen Berufsabschluss vorweisen können.
Für diese Gruppe werde in nicht reglementierten Berufen künftig darauf verzichtet, dass ihr Abschluss in Deutschland formal anerkannt sein muss. Das soll zu einer deutlichen Vereinfachung und kürzeren Verfahren führen. Zu den nicht reglementierten Berufen zählen etwa die meisten dualen Ausbildungsberufe, inklusive der Handwerksberufe. Ein Meistertitel dagegen wird zu den reglementierten Berufsarten gezählt.
Für faire Arbeitsbedingungen soll eine jeweils angemessene Gehaltsschwelle oder Tarifbindung sorgen.
Potenzialsäule
Die Potenzialsäule richte sich an Menschen, die noch keinen deutschen Arbeitsvertrag haben. Sie erhielten eine Chancenkarte zur Arbeitssuche, auf der beispielsweise fachliche Qualifikation, Sprachkenntnisse, Berufserfahrung und Alter hinterlegt werden könnten.
Das soll die Suche nach einem Arbeitsplatz aus dem Ausland erleichtern und Möglichkeiten etwa zur Probearbeit bieten. Dafür will die Regierung eine zweiwöchige Probebeschäftigung während der Arbeitsplatzsuche und eine Nebenbeschäftigung von 20 Wochenstunden zulassen.
Akutmaßnahmen und Westbalkanregelung
Bei akutem Arbeitskräftemangel in Bereichen ohne spezielle Qualifikationsanforderungen soll ein neuer Weg in kurzzeitige Beschäftigung geöffnet werden. Tarifverträge und eine Sozialversicherungspflicht sollen vor Lohndumping schützen. Auch will die Regierung die Westbalkanregelung entfristen, das Kontingent deutlich erhöhen und die Regelung auf weitere Länder ausweiten.
Damit die Säulen zum Erfolg führen, plane die Bundesregierung über die rechtlichen Aspekte hinaus die Rahmenbedingungen zu verbessern. So solle weltweit Werbung für Deutschland als Einwanderungsland gemacht und offene Stellen international bekannter gemacht werden. Auch soll die Sprachförderung im In- und Ausland ausgebaut werden. Zudem plant die Regierung schnellere und digitalisierte Verwaltungsverfahren.
Die zur Umsetzung benötigten Gesetzentwürfe sollen im ersten Quartal 2023 vom Bundeskabinett beschlossen werden. Das PDF „Eckpunkte zur Fachkräfteeinwanderung aus Drittstaaten“ finden Sie hier.
Handwerk mahnt: Komplexität abbauen
Hans Peter Wollseifer, Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks (ZDH) begrüßt den Beschluss. Denn um dauerhaft die Fachkräftebasis für die deutsche Wirtschaft und das Handwerk zu sichern, seien Betriebe immer stärker auch auf ausländische Arbeits- und Fachkräfte angewiesen.
„Die neuen Regelungen werden jedoch nur dann zu mehr Zuwanderung führen, wenn die vielen kleinen und mittleren Betriebe und Unternehmen diese Regelungen in der Praxis auch nutzen“, sagt Wollseifer. Und mahnt: Bei der Umsetzung der Eckpunkte dürfe sich die bestehende Komplexität des Zuwanderungsrechts keinesfalls erhöhen. Stattdessen müsse sie abgebaut werden. „Es muss alles daran gesetzt werden, das gesamte Zuwanderungsverfahren zu entbürokratisieren und die Verwaltungsverfahren deutlich zu beschleunigen.“ Die Visumsvergabe müsse deutlich schneller werden und die Ausländerbehörden sollten sich in „echte Welcome Center“ wandeln, forderte Wollseifer.
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