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Abzocke

Fast jeder zahlt zu hohe Zinsen!

Sie haben gut zu tun und sind dennoch ständig knapp bei Kasse? Das könnte an Ihrer Hausbank liegen. Wie Sie Bankenfehler erkennen und sich wehren, verrät Kontenprüfer Ralph Hans Brendel von zinspruef.de.

Herr Brendel, Banken und Sparkassen gelten hierzulande vielen Menschen als vertrauenswürdige Institutionen. Wozu sollten Handwerker da einen Kontenprüfer benötigen?
Zahlreiche Gerichtsurteile beweisen, dass Banken und Sparkassen durchaus nicht so vertrauenswürdig sind. Kreditinstitute bereichern sich durch zu hohe Zinsen, falsche Wertstellungen und ungerechtfertigte Gebühren. Blindes Vertrauen ist in Geldfragen völlig unangebracht.

Was sind die häufigsten Rechtsverstöße von Kreditinstituten?
Bei fast allen Instituten sind die Zinsen für den Kontokorrentkredit hoffnungslos überteuert.

Davon sind besonders häufig selbstständige Handwerker betroffen. Weil sie sich oft auf eine einzige Hausbank verlassen, sind sie besonders abhängig und damit anfällig für überteuerte Zinsen.

Um welche Größenordnungen geht es?
In der Regel liegen die Zinsen um mindestens 3 Prozent über der zulässigen Grenze. Oft geht das bis 5 Prozent.

Das klingt aber nicht gerade nach viel Geld...
Das kommt ganz darauf an, um welchen Betrag und welchen Zeitraum es geht. Immerhin können Bankkunden zu viel gezahlte Zinsen für Kontokorrentkonten für viele Jahre zurückfordern, da laut Bundesgerichtshof die Verjährung erst mit Schließung des Kontos beginnt.

Nehmen wir als Beispiel einen Handwerker mit einem Kontokorrentrahmen von 100.000 Euro, den er seit zehn Jahren ständig voll ausschöpft und nur 3 Prozent Zinsen zu viel zahlt. Für den geht es um nicht nur um 30.000 € sondern mit Zinseszins sogar um 48.330,54 Euro. (Beispiel abgerechneter Zinssatz der Bank 12 Prozent, monatliche Kontoabschlüsse). Das heißt, der Kontokorrent beträgt nicht mehr 100.000 Euro, sondern nur noch 51.560,51 Euro..

Hinzu kommt, dass es auch Banken und Sparkassen gibt, die wesentlich mehr berechnen. Aktuell betreuen wir einen Fall, in dem die Bank eigentlich nur 8 Prozent Zinsen für den Kontokorrentkredit nehmen dürfte, jedoch 18 Prozent kassiert, getarnt als Überziehungszins.

Warum Banken in solchen Fällen nicht mit einem schlechten Rating argumentieren können und woran Sie erkennen, ob Ihr Zinssatz zu hoch ist, erfahren Sie auf der nächsten Seite.

Aber laut Bürgerlichen Gesetzbuch ist es Sache der Banken, Zinsen nach eigenem Ermessen festzulegen.
Ganz genau heißt es in Paragraf 315 BGB, dass Banken den Zins nach "billigem Ermessen" festlegen dürfen, nicht "nach Belieben" oder Gutsherrrenart. Es gibt inzwischen eine Reihe von Urteilen, unter anderem vom OLG Celle und vom Landgericht Köln, wie das auszulegen ist.

Demnach müssen Kreditinstitute reagieren, wenn sich ihre Refinanzierungszinsen innerhalb des Quartals um 0,25 bzw. 0,3 Prozentpunkte ändern. Wird die Refinanzierung günstiger, dann muss die Bank die Zinsen ihrer Kunden entsprechend senken.

Die Bank muss sich die Ersparnisse der Refinanzierung anrechnen lassen, selbst wenn sie in ihren Geschäfts- oder Vertragsbedingungen etwas anderes stehen hat. Die sind dann in diesem Punkt ungültig.

Banker begründen hohe Zinsen ja gerne mit dem schlechten Rating eines Handwerksbetriebs. Ist das nicht eine rechtliche Hintertür?
Damit kommen Kreditinstitute in der Regel nicht durch. Wir argumentieren, dass sich das Rating ohne die überhöhten Zinsen nicht dermaßen verschlechterte hätte. Wenn die Hausbank zu viel Zinsen kassiert, ist sie mit dafür verantwortlich, wenn ein Kontokorrent dauernd überzogen wird, wenn Lastschriften platzen und die Kapitaldecke eines Betriebs immer dünner wird.

Selbst bei dem genannten Beispiel, in dem die Bank nur einen um 3 Prozent zu hohen Zinssatz auf dem Kontokorrent berechnete, bedeutet das, dass der Betrieb tatsächlich ein um 48.330,54 Euro höheres Eigenkapital ausweist als im Rating eingeflossen ist, ferner der Handwerksbetrieb nie die Konten überzogen hätte. Das echte Rating unter Berücksichtigung der unberechtigten Belastungen der Bank ist damit um Klassen besser, oft sogar richtig gut.

Abgesehen davon müssten Banker ihr Rating offenlegen, wenn sie damit hohe Zinsen begründen wollen. Dazu sind die meisten Kreditinstitute aber nicht bereit.

Und woran erkennt ein Handwerker, ob die Hausbank zu viele Zinsen kassiert?
Das ist etwas komplizierter. Der Handwerker muss den Zinssatz bei Vertragsabschluss kennen, seinen aktuellen Zinssatz und den Refinanzierungszinssatz.

Der Zinssatz bei Vertragsabschluss steht im Darlehensvertrag. Der aktuelle Zinssatz steht entweder im Kontoauszug, sonst muss ihn der Unternehmer bei seiner Bank erfragen. Als üblicher Refinanzierungszinssatz gilt seit 1999 der 3-Monats-Euribor. Den findet man im Internet unter www.bundesbank.de .

Nehmen wir als Beispiel einen im Dezember 2000 abgeschlossenen Kreditvertrag. Damals lag der 3-Monats-Euribor bei 4,94 Prozent.
Hatte der Handwerker damals einen Kontokorrentkredit mit einem Zinssatz von 10 Prozent vereinbart, dann lag die Marge der Bank damals bei 5,06 Prozent (= 10 - 4,94).

Wenn der Kunde sein Konto zum Beispiel im Juni 2009 überprüft, dann lag der Euribor in dem Monat bei 1,23 Prozent. Nimmt man nun den Euribor plus die Marge von 5,06, so ergibt sich als angemessener Kontokorrentzins ein Satz von 6,92 Prozent. Der Vergleich mit dem tatsächlich im Juni 2009 gezahlten Zinssatz zeigt nun, ob die Bank zu viel kassiert.

Überzogene Zinsen sind aber nicht die einzigen Fehler, die Banken und Sparkassen machen. Worauf sollten Kreditkunden noch achten?
Sehr gut selbst erkennen können Kunden Wertstellungsfehler: Wenn Wertstellungs- und Buchungstag voneinander zulasten des Kunden abweichen, dann ist das meist ein Fehler.

Schwerer zu erkennen sind ungerechtfertigte Gebühren. Und nicht zuletzt machen Kreditinstitute immer wieder Formfehler in Kreditverträgen.

Wie Sie Ihre Forderungen gegen die Bank durchsetzen, eine Umschuldung zustande bekommen und drohende Zwangsversteigerungen abwehren können, erfahren Sie auf der nächsten Seite.

Nun geht es bei einem Unternehmer ja in der Regel nicht nur um ein Konto. Wie soll ein Handwerker da einen möglichen Schaden einschätzen?
Das ist Aufgabe von Kontenprüfern oder Kreditsachverständigen.

Bei Vergütung nach Stunden oder Buchungszeilen sollten nicht gleich alle Kontoauszüge und Kredite ab Anbeginn geprüft werden, sondern erst einmal Stichproben gezogen werden. Das kostet eine kleine Aufwandpauschale und dann kann der Kunde entscheiden, ob es sich wirklich lohnt, die Konten komplett durchzuprüfen.

Aber auch wenn der Kontenprüfer fündig wird: Mit Banken und Sparkassen ist nicht zu spaßen. Wie setzt man seine Forderungen durch?
Ein Betroffener sollte nicht gleich mit dem Anfangsverdacht zur Bank gehen. Entweder wird er dort mit einem kleinen finanziellen Trostpflaster abgespeist oder die Bank wird Gegenmaßnahmen entwickeln.

Daher planen wir mit unseren Kunden erst eine Strategie, bauen gemeinsam mit ihnen neue Bankverbindungen auf, organisieren bei Bedarf eine Umschuldung und für die Immobilien eine Umfinanzierung. Wir kümmern uns auch um einen Experten für Bankrecht, denn mit dem Hausanwalt kommt man da nicht weiter.

Und erst wenn das alles steht, dann schlagen wir richtig zu.

Das klingt alles so einfach. Erfahrungsgemäß bekommen Handwerker mit einem dicken Minus im Kontokorrent nicht so leicht eine Umschuldung zustande.
Häufig gleichen sich nach einer Prüfung der Kontokorrent-Betrag und die Forderungen des Handwerkers an seine Bank gegenseitig aus. Das heißt, der Unternehmer steht nicht mehr im Minus. Selbst wenn sich die Hausbank dagegen wehrt, bekommt man unter solchen Bedingungen bei einer anderen Bank viel leichter einen neuen Kontokorrent.

Und vergessen Sie eins nicht: Wenn die hohen monatlichen Belastungen durch den alten Kontokorrent wegfallen, dann steht Ihnen viel mehr Geld zur laufenden Finanzierung Ihres Betriebs zur Verfügung.

Lassen sich Hausbanken das so einfach gefallen? Die sind doch sehr schnell mit Kreditkündigung und Zwangsversteigerung bei der Hand, wenn jemand seine Zinsen nicht zahlt.
Das funktioniert hier nicht. Wenn sich ein Kreditinstitut zulasten des Kreditnehmers verrechnet hat, dann hat er ein Rückbehaltungsrecht. Das heißt, er zahlt gar nichts, oder nur die reduzierten angemessenen Zinsen, bis die Bank richtig rechnet. Sie wird natürlich mit Zwangsversteigerung drohen, aber da gibt es ja schon entsprechende Urteile, die dies der Bank untersagen.

Da geht dann nichts ohne Sachverständigen und rechtliche Auseinandersetzungen.

Ein Verfahren kann sich dann einige Jahre hinziehen und durch mehrere Instanzen gehen. Darum ist es so wichtig, jeden Schritt genau zu planen. Mit einer funktionierenden zweiten Bankverbindung, einem kompetenten Anwalt und sachverständiger Unterstützung stört die lange Prozessdauer nicht.

Kommt es denn immer so weit?
Nicht jedes Kreditinstitut geht auf Konfrontationskurs. Manchen bemühen sich um eine einvernehmliche Lösung. Da wird natürlich auch gepokert, aber man findet doch eine Lösung.

Aber es gibt auch Banken, die ihre finanzielle Macht ausspielen wollen, alles bestreiten, Druck aufbauen ... In solchen Fällen kommt es meistens erst im Gerichtsverfahren zu einem Vergleich.

www.zinspruef.de

Das Gespräch führte Jörg Wiebking

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