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Foto: handwerk.com

Das etwas andere Bier

Frisch gezapftes vom Craftbeer-Brauer

Die Einheits­geschmäcker der Super­markt-Biere langweilen Marc Brammer. Er liebt am Bier vor allem seine Vielseitigkeit. Die kostet seine Brauerei voll aus.

Der Herr der Dachs Brauerei
Craftbeer-Dachs-Brammer02

Gutes handwerkliches Bier braucht vor allem eines: viel Ruhe zum Reifen. Und Ruhe gibt es in Klein Sommerbeck im Überfluss. In dem Örtchen zwischen Lüneburg und Dannenberg teilen sich 20 Einwohner eine Handvoll Landhäuser. Drumherum dichte Laubbäume und mittendrin eine alte Scheune: stilecht mit fahrtüchtigem Traktor und Empfangshündin Frida.

Willkommen im Dachsbau
Im Innern des ländlichen Backsteinbaus füllen glänzende Edelstahlarmaturen die weißen Räume. Es ist die Geburtsstätte des Dachs Biers. Die hat sich seit ihrer Gründung 2009 zu einer ambitionierten Brauerei entwickelt. Neun Sorten handwerklich gebrautes Craftbeer bieten die Unternehmer Marc Brammer und Frank Pischke heute an. 30.000 Liter verlassen jedes Jahr ihren Dachsbau, wie die Firmengründer ihre Zentrale nennen.

Mit ihrem Firmenkonzept liegen sie voll im Trend: Immer mehr Craftbeer-Brauereien beleben den deutschen Biermarkt mit Produkten, die erfrischend anders sind, als das Standardgebräu der Bierkonzerne.

Craftbeer aus der Scheune
Craftbeer-Dachs-Brauerei01

Für Marc Brammer hat alles ganz klein angefangen. Mit 19 Jahren und einem Besuch beim Arbeitsamt. „Eigentlich wollte ich Lebensmitteltechniker werden“, erzählt er. Als das Amt eine freie Lehrstelle zum Brauer und Mälzer vorschlug, hat sich der heutige Braumeister spontan umentschieden. Seinen Entschluss hat er nie bereut. „Bier ist super vielfältig“, sagt Brammer.

Und er nutzt die Vielfalt, die das Gebräu zu bieten hat, voll aus. Das beginnt schon bei der Auswahl der geeigneten Malzsorte. Gerste und Weizen sind die häufigsten Ausgangsgetreide für das Malz. Malz heißen die Getreidekörner, wenn sie im Wasser gequollen, angekeimt und anschließend unter Heißluft getrocknet wurden. Es gibt Dutzende Malzsorten. Sie können mal süßlich, mal kräftig schmecken und lassen sich für das Brauereierzeugnis gegebenenfalls untereinander kombinieren. Dazu kommt die passende Hopfensorte, Wasser, Hefe – fertig ist das Bier.

Erstversuche im 20-Liter-Bottich
Brauen lässt sich das sogar im Einkochtopf. Mit so einem 20-Liter-Bottich hat Marc Brammer seine ersten Brauversuche zu Beginn seiner Ausbildung gemacht. „Eines der Rezepte haben wir sogar übernommen und an unsere große Brauanlage angepasst“, sagt der Brauer.

Was ein gutes Craftbeer ausmacht sehen Sie hier im Video.


Brauereianlage im Eigenbau
Heute fasst das Brauereiequipment pro Braugang 500 Liter. Edelstahlbottiche, Lagertanks, Kühlraum und Abfüllanlage prägen die Ausstattung des Dachsbaus. Entworfen hat sie der Brauer zum Teil selbst. Für ihn eine leichte Übungen: Nach seiner Lehre hat Marc Brammer Verfahrenstechnik studiert. Heute entwirft er als Projektmanager beim Anlagenbauer GEA ­Brauereianlagen in sämtlichen Größenordnungen für Kleinunternehmen bis zur Bierindustrie.

Auf allzu viel Automation hat Brammer im eigenen Betrieb verzichtet. „Abgesehen vom Rührwerk, ist unser Brauprozess komplett manuell.“ Malz und Hopfen kommen direkt aus dem Sack. Gepumpt wird über Schläuche statt Rohre. Und das ist nicht der einzige Unterschied zur Industrie. „Wir karbonisieren nicht nach“, sagt Brammer. Heißt: Die Menge an sprudelnder Kohlensäure im Bier bestimmt der Brauer allein über Temperatur und Druck während der Gärung, anstatt die letzten Sprudelprozente künstlich in das Gebräu zu pumpen.

Biere für jeden Geschmack
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Sechs Wochen zum Reifen
Und während das klassische Supermarktbier für die Bildung des Geschmacks nur zwei bis drei Wochen für Gärung und Lagerung bekommt, reift das Dachs sechs bis sieben Wochen. Auch auf das Filtrieren und Pasteurisieren des Bieres verzichten die Brauer. „Das geht zwar zu Lasten der Haltbarkeit, aber so bleiben die Geschmacksträger erhalten“, sagt Brammer.

Ein halbes Jahr hält sich das verkaufsfertige Dachs. Verkauft wird es in Fässern an Gaststätten, Campingplätze und für private Anlässe an Feuerwehr oder Hochzeitsgesellschaften. Abgefüllt in Flaschen geht es in den Online-Handel und in das regionale Spezialitätensortiment nahegelegener Supermarktfilialen.

Als nächsten Schritt planen die Gründer ihre Expansion. „Wir wollen auf 100.000 Liter im Jahr aufrüs­ten“, sagt Brammer. Dafür müssen neue Anlagen her. Und neues Personal. Denn als unternehmerisches Hobby neben dem Hauptberuf bringt die Brauerei ihre Inhaber gerade an die Leistungsgrenzen.

Die Lagertanks
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Jenseits aller Konventionen
Missen will der Brauer es aber nicht. „Es bleibt unser Hobby und wir haben viel Spaß dabei“, sagt Brammer. Und am meisten Spaß hat er, wenn er sich vom deutschen Reinheitsgebot – dem Biergesetz von ’93 – entfernt und süffige Biere kreiert, die für konservative Bierbrauer undenkbar wären.

So entsteht etwa ein obergäriges, schwarzes Stout mit den intensiven Röstaromen von dunklem Gers­tenmalz, oder das Navidachs, ein aromatisches Weihnachtsbier mit Zimt, Nelke, Muskatblüte und Ingwer. Und weil derartige Genüsse in Deutschland streng reglementiert sind, hat der Brauer für seine Kreationen keine bürokratischen Hürden gescheut. „Wir machen das alles mit Sondergenehmigung“, erklärt Brammer. Na dann: Prost!

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(deg)

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