Handwerk Archiv
Foto: handwerk.com

Archiv

Führen ohne DruckFühren ohne Druck

Wer Angst zum Führungsstil erhebt, verschenkt wertvolle Ressourcen. Denn Repressalien gehen zu Lasten der Leistungsfähigkeit.

Unter Druck arbeite ich am besten wer kennt diesen Satz nicht? Und findet ihn sogar bestätigt, wenn es darum geht, eine wichtige Aufgabe im allerletzten Moment erfolgreich zu erledigen. Als Führungselement taugt Druck hingegen wenig, warnt Hirnforscher Gerald Hüther von der Universität Göttingen. Denn Druck bedeutet, Angst zu erzeugen. Die ist in bestimmten Situationen nützlich, weil sie kurzfristig Leistungsreserven freisetzt, erläutert Hüther. Doch was auf der Flucht oder bei der Selbstverteidigung den entscheidenden Antrieb liefert, wirke sich auf die Dauer negativ aus: Mitarbeiter, die Angst haben, sind weniger produktiv, ist sich Hüther sicher. Angst um den Job, Angst vor dem Markt, dem nächsten Fehler oder dem Chef. Ein solches Klima lähmt nicht nur Kreativität und Problemlösungskompetenz. Es zerstört auch die Einsatzfreude und erzeugt negative Gefühle gegenüber Betrieb und Chef, sagt Hüther.

Dass sich auch ohne Angst erfolgreich wirtschaften lässt, bestätigt Wolfgang Germerott. In seinem Unternehmen für den erweiterten Innenausbau in Gehrden hat der 53-Jährige vor fast vier Jahren einen Kurswechsel gewagt. Ein lohnender Schritt: Unsere wirtschaftlichen Ergebnisse schwanken zwischen hervorragend und sehr gut, freut sich der Unternehmer. Germerott führt das darauf zurück, dass sich die Mitarbeiter anders einlassen und sich mehr zum Betrieb bekennen.

Dabei war die Stimmung in dem Unternehmen zur Jahrtausendwende nicht die beste. Ich konnte den Mitarbeitern ansehen, dass sie nicht mehr so viel Lust hatten wie früher. Anfangs führte er die Stimmung auf den Druck vom Markt zurück. Bis ihm klar wurde, dass er selbst auch unter diesem Druck stand: Das hat mein Verhalten beeinflusst. Ich konnte den Mitarbeitern nicht mehr meine Wertschätzung zeigen. Germerott suchte nach neuen Wegen und konzentrierte sich dabei auf die Mitarbeiter: Der richtige Mann an der richtigen Stelle, ist seitdem sein Ziel. Wir setzen auf die Grundkompetenzen jedes Einzelnen und setzen ihn nach seinen Stärken ein. Die Folge: Die Mitarbeiter sind zufriedener, erfahren mehr Wertschätzung und setzen sich entsprechend für das Unternehmen und seine Kunden ein. Schnelles Feedback und flache Hierarchien die Tür des Chefs steht für alle offen tragen ebenfalls zu diesem angstfreien Klima bei Germerott bei.

Als Supportive Leadership, als unterstützende Führung, beschreibt Hüther diesen Führungsstil. In diesem Modell lasse sich der Chef mit einem Bergführer vergleichen, der die ganze Mannschaft auf den Berg bringen will, verdeutlicht der Hirnforscher. Der Bergführer müsse motivieren und die Angst davor nehmen, das Ziel nicht zu erreichen. Dazu muss er sich die Potenziale jedes einzelnen anschauen und die Lasten so verteilen, dass jeder sein Potenzial maximal nutzen und seine Aufgaben bewältigen kann, weil alle auf den Berg wollen. Angstfrei zu führen bedeute, als Unternehmer alles zu tun, um die Potenziale der Mitarbeiter zu entfalten. Doch Vorsicht: Wer einmal damit anfängt, kann nicht so schnell wieder aufhören, sagt Hüther: Wer anderen zeigt, dass sie bedeutsam sind, wer sie ehrlich wertschätzt, bekommt das zurück. Vielleicht nicht beim ersten oder zweiten Mal, aber auf die Dauer ist das unvermeidlich.

Der Wechsel lässt sich nicht von heute auf morgen vollziehen. Und fängt ganz oben an. Angstfrei zu führen, das bedeutet für manchen Unternehmer einen kompletten Wechsel des Führunsgstils. Das geht nur Schritt für Schritt, rät Coach Gianni Liscia aus Paderborn.

1. Einstellung: Wer seinen Führungsstil ändern will, muss an seiner persönlichen Einstellung arbeiten. Nachhaltige persönliche Veränderungen dauern nach Liscias Erfahrung rund ein Jahr

2. Kommunikation: Die Veränderung im Betrieb braucht einen Rahmen, eine Kommunikationskultur, deren Regeln die Mitarbeiter nicht reglementieren, sondern ihnen Orientierung im Wandel geben sollen. Liscia rät, die Mitarbeiter einzubeziehen, wenn dieser Rahmen entwickelt wird.

3. Handeln: Glaubwürdig kann der Wechsel erst werden, wenn er gelebt wird. Das betrifft alle Handlungsfelder, vom Feedback-Verhalten bis zum Wechsel des Beurteilungssystems.

4. Eigenverantwortlichkeit: Die Mitarbeiter sollen in dem neuen System Eigenverantwortung entwickeln. Dazu brauchen sie Feedback, Kompetenzen und die notwendigen Ressourcen.

5. Vorbildfunktion: Bis der neue Führungsstil zur Selbstverständlichkeit wird, vergeht einige Zeit, meist zwei bis drei Jahre, schätzt Liscia. Denn anfangs werden die Mitarbeiter misstrauisch reagieren. Um so wichtiger sei es, dass sich Unternehmer und leitende Mitarbeiter ihrer Vorbildfunktion bewusst sind und nicht in alte Muster zurück-fallen.

Frustriert von der Mitarbeitersuche?

handwerk.com und die Schlütersche helfen Ihnen Ihre offenen Stellen einfach, zeit- und kostensparend mit den richtigen Kandidaten zu besetzen! Mehr als 500 Betriebe vertrauen uns bei der Mitarbeitersuche!

Jetzt Bewerber finden!

Wir haben noch mehr für Sie!

Praktische Tipps zur Betriebsführung und Erfahrungsberichte von Kollegen gibt es dienstags und donnerstags auch direkt ins Postfach: nützlich, übersichtlich und auf den Punkt.
Melden Sie sich jetzt für unseren Newsletter an - schnell und kostenlos!
Wir geben Ihre Daten nicht an Dritte weiter. Die Übermittlung erfolgt verschlüsselt. Zu statistischen Zwecken führen wir ein anonymisiertes Link-Tracking durch.
Von der Werkhalle auf die Baustelle: Vorfertigung im Bauhandwerk soll Bauzeit und Kosten senken. 

Strategie

Effizienz mit Vorfertigung: Output hoch, Kosten runter

Mit den jetzigen Ressourcen könnten hierzulande 15 Prozent mehr Gebäude errichtet und Baukosten reduziert werden, meint eine Studie. Was wäre dazu nötig?

    • Strategie
Erfolgreiche Transformation zum Innenausbauer: „Die Präsentation ist unser wichtigstes Verkaufstool“, sagt Henning Vetter.

Holzhelden

Per Punktewolke zur Auftragsgarantie?

Kundengewinnung ist harte Arbeit. Die Tischlerei Vetter verwendet darauf viele Ressourcen. So gelang dem Unternehmen der Aufstieg zum modernen Möbelbauer.

    • Holzhelden
Eine von vielen Neuerungen für den Mercedes e-Sprinter: Den Elektro-Transporter gibt es in nächster Generation auch als Fahrgestell.

Elektro-Transporter

Deutlich flexibler: Mercedes renoviert den e-Sprinter

Heckantrieb, mehr Leistung, größere Akkus – und endlich auch ein Fahrgestell. Mercedes wertet den e-Sprinter zum Jahresende deutlich auf.

    • Fuhrpark
Einen

Recht

Bauvertrag: Keine Rechnungskürzung für spätere Fertigstellung

Ein Vertrag sah eine Ausführungszeit von 12 Monaten vor. Die Leistungszeit war nicht so genau definiert. Wer hat Recht, wenn der Bau länger dauert und die Mahnung vergessen wurde?

    • Recht