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Gefährlich hohe Beiträge

Gefährlich hohe Beiträge

Die Explosion der Beiträge zur Bauberufsgenossenschaft bleibt ein Thema. "Wie soll es weitergehen? Sollen wir auswandern?", fragt der niedersächsische Bauunternehmer Heinrich Wiebe in einem Brief BG Bau-Verantwortliche.

Wiebe hat sich durch die Unterlagen der vergangenen Jahre gewühlt. Das Ergebnis erschreckt ihn. In seinem Fall ist der durchschnittliche Beitragssatz, der sich auf die Lohnsumme und die Gefahrenklasse eines Betriebes bezieht, innerhalb von sechs Jahren um mehr als 50 Prozent gestiegen. "2000 lagen wir noch bei 4,4 Prozent, 2006 sind das schon 6,64 Prozent."

Wie sehr die Beiträge einen Betrieb schmerzen können, verdeutlichen die Zahlen in harter Währung. Wiebes Leute haben im vergangenen Jahr 740.000 Euro verdient. An die BG Bau waren 41.000 Euro geflossen. Der Beitragsvorschuss für 2006 ist - auf Basis der identischen Lohnsumme - um 8.100 Euro höher.

Sieht Wiebe einen Ausweg aus dem Beitragsdilemma? Die Wegeunfälle müssen raus aus dem Leistungskatalog der Berufsgenossenschaften, antwortet der Ingenieur und gelernte Maurer wie aus der Pistole geschossen. Mit dieser Forderung steht Wiebe nicht alleine dar, sie wird diskutiert, seit die Pendlerpauschale mit dem Steueränderungsgesetz 2007 gekappt worden ist (wir berichteten). Dann darf die versicherte Arbeitszeit auch erst auf der Baustelle beginnen, meint nicht nur Wiebe.

Anteil der Wegeunfälle 13,5 Prozent

Wirtschaftszeitungen hatten einen Sprecher der Berufsgenossenschaften so zitiert, dass die BG-Beiträge nicht nennenswert sinken würden, wenn die BGen nicht mehr für die Folgen von Verkehrsunfällen auf dem Weg zur Arbeit aufkommen müssten. Das kann nur ein Missverständnis sein. Schließlich muss man das langfristig sehen, die BGen zahlen heute für Autounfälle, die vor 30 Jahren passiert sind, meint Wiebe.

Deshalb noch einmal und konkret gefragt: Wie hoch ist der derzeitige Anteil der BG-Zahlungen, die aus Wegeunfällen resultieren, an den gesamten BG-Zahlungen? 2005 haben die Berufsgenossenschaften 1,4 Milliarden Euro an Entschädigungsleistungen gezahlt. 13,5 Prozent davon sind durch Wegeunfälle entstanden, sagt Wolfgang Specht, Beitragsexperte der BG Bau Hamburg. Keine Kleinigkeit, das meint auch Specht.

Wie sich Wiebes Forderung auf den durchschnittlichen Beitragssatz der Betriebe exakt auswirken würde, sei allerdings kaum beantwortbar, viel zu viele Faktoren würden in diese Berechnung einfließen, meint Specht. Der entscheidende Unsicherheitsfaktor in der Kalkulation: Wenn immer weniger Betriebe immer weniger Leute einstellen, wird der einzelne Arbeitgeber immer tiefer in die Tasche greifen müssen.

Bauindustrie entzieht sich ihrer Verantwortung

Diesen Punkt bestätigt Wiebe mit einem bitteren Nicken. Inclusive seiner Auszubildenden beschäftigt er gemeinsam mit seinem Sohn Karsten Jahr für Jahr "24 oder 25 Mitarbeiter". Vor dem Hintergrund der explodierenden Lohnkosten treibt dem Senior der Ausblick in die Zukunft die Sorgenfalten auf die Stirn: "Die Bauindustrie hat sich mittlerweile von ihren gewerblichen Mitarbeitern verabschiedet. Sollen wir die mittelständischen Unternehmer den selben Weg gehen?"

Es könne kein Zweifel daran bestehen, dass die Folgen verheerend wären, sagt Wiebe. Schließlich würden viele Großbetriebe nur noch Subunternehmer und einen relativ kleinen Mitarbeiterstab beschäftigen: "Bürokräfte, Ingenieure, Bauführer, Bauleiter, vielleicht noch einen Kranfahrer. Die Arbeiter sind Billigkräfte aus Ungarn oder Polen. Wie das rein berufsgenossenschaftlich läuft, interessiert niemanden."

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