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Krise - Überblick

Gefahr erkannt, Gefahr gebannt

Eine Pleitewelle rollt über Deutschland. Die Wirtschaftsauskunftei Creditreform erwartet in diesem Jahr 40 000 Unternehmensinsolvenzen. Das würde einen Anstieg um fast 24 Prozent gegenüber dem Vorjahr bedeuten. Für so manchen Unternehmer kommt die Krise überraschend. Selbst kostenlose professionelle Hilfe nutzen viele erst, „wenn das Kind schon in den Brunnen gefallen ist".

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14.10.2002

Krise - Überblick

Gefahr erkannt, Gefahr gebannt

Eine Pleitewelle rollt über Deutschland. Die Wirtschaftsauskunftei Creditreform erwartet in diesem Jahr 40 000 Unternehmensinsolvenzen. Das würde einen Anstieg um fast 24 Prozent gegenüber dem Vorjahr bedeuten. Für so manchen Unternehmer kommt die Krise überraschend. Selbst kostenlose professionelle Hilfe nutzen viele erst, „wenn das Kind schon in den Brunnen gefallen ist".

Eine Pleitewelle rollt über Deutschland. Die Wirtschaftsauskunftei Creditreform erwartet in diesem Jahr 40 000 Unternehmensinsolvenzen. Das würde einen Anstieg um fast 24 Prozent gegenüber dem Vorjahr bedeuten. Für so manchen Unternehmer kommt die Krise überraschend. Selbst kostenlose professionelle Hilfe, etwa durch die Handwerkskammern (HWK), nutzen viele Betroffene erst, wenn das Kind schon in den Brunnen gefallen ist, sagt Dietmar Rokahr, Betriebsberater der HWK Hannover.

Krisenfrüherkennung in Unternehmen soll in erster Linie vor Firmenpleiten schützen. Es geht darum, entsprechende Maßnahmen zur Krisenvermeidung beziehungsweise zur Sicherung des Fortbestandes des Betriebes einzuleiten, erklärt Wolfgang Miethke, Betriebsberater der HWK Hildesheim. Dabei wird in der Praxis häufig auf so genannte operative und strategische Früherkennungsmaßnahmen zurückgegriffen, erläutert Jörg Petersen, Betriebswirt bei der Controllingberatung Hannover.

Operative Systeme orientieren sich an kurzfristig verfügbaren betrieblichen Kennzahlen. Erste Anhaltspunkte bietet der Jahresabschluss. Bilanzdaten, Gewinn- und Verlustrechnung müssen genau analysiert und möglichst mit den Branchenwerten verglichen werden. Keinesfalls reiche es aus, so warnen Betriebsberater immer wieder, dass der Steuerberater den Jahresabschluss einer Firma für das Finanzamt erstellt, und der Unternehmer danach nie wieder einen Blick in das Zahlenwerk wirft.

Bilanzkennzahlen und Betriebsvergleiche sind nur der erste Schritt. Die frühen Anzeichen einer Krise wahrzunehmen helfen so genannte strategische Systeme. Mit ihrer Hilfe können Unternehmen auf Marktentwicklungen schnell reagieren und langfristig an den Schwachstellen in der Firmensstruktur arbeiten.

Betriebe, die sich am Markt orientieren, richten ihre Angebote an dessen Bedürfnissen aus und sind somit wettbewerbsfähiger, erklärt Rainer Meier, Betriebsberater der HWK Lüneburg-Stade. Diese Firmen haben selten oder gar keine Liquiditätsprobleme. Dadurch hätten sie auch sehr oft einen unkomplizierten Zugang zu Krediten.

Doch so nützlich Krisenfrüherkennung ist in der Praxis bleibt sie die Ausnahme. Meistens fehlt es einfach an der Zeit: In die Produktion eingebunden sehen viele Unternehmer oftmals nicht die Notwendigkeit, sich im Thema Krisenfrüherkennung weiterzubilden, sagt Horst Dieter Wiedermann, Betriebsberater der HWK Magdeburg.

Ein zweites Hindernis nennt Betriebswirt Petersen: die Kosten. Die Häufigkeit und Intensität solcher Methoden richte sich nach Größe und Entwicklungsziel eines Unternehmens, sagt der Experte. Daher ließen sich die anfallenden Kosten schwer beziffern. Fakt sei aber: Wer sich einen freien Unternehmensberater ins Haus hole, müsse mindestens 1000 Euro Honorar pro Tag einkalkulieren.

Methoden der Krisenfrüherkennung

Unternehmen nutzen in der Praxis meist operative Früherkennungssysteme. Das sind Bilanzen, bei denen die Vermögenswerte eines Betriebes geprüft und Gewinn- und Verlustrechnungen aufgestellt werden. Dazu wird auf hard facts das heißt Kennzahlen, die sich aus feststehenden Rechenformeln ergeben - zurückgegriffen. Geprüft werden zum Beispiel die Eigenkapitalquote und die Anlagedeckung einer Firma. Gleichzeitig werden Betriebs- und Branchenvergleiche ähnlich strukturierter Betriebe durchgeführt. Operative Methoden sind maximal auf ein Jahr angelegt (Jahresbilanzen). Berücksichtigt werden muss, dass die Prüfer stets mit den Zahlen des vergangenen Jahres arbeiten. So können Krisen oft nicht rechtzeitig erkannt werden. Eine gute Alternative dazu bieten die monatlichen betriebswirtschaftlichen Auswertungen (BWA).

Der strategische Ansatz ist eine zweite Möglichkeit von Krisenfrüherkennung. Er umfasst die Planung, Koordination und Kontrolle aller auf die aktuellen Markte ausgerichteten Firmenaktivitäten, sagt Rainer Meier, Betriebsberater der Handwerkskammer Lüneburg-Stade. Auch Themen wie zum Beispiel die Einhaltung rechtlicher Rahmenbedingungen, die Qualifikation von Mitarbeitern, die Ausbildung von Nachwuchs und die Betriebsnachfolge gehören dazu. Beispiel: Tischlermeister F. hat sich auf die Herstellung von Möbeln spezialisiert. Der Absatz boomt. Folge: Eine größere Werkhalle muss her. Sie soll den aktuellsten Umweltbestimmungen angepasst werden. Gleichzeitig muss Herr F. an die Ausbildung neuer Fachkräfte denken, die er nun dringend benötigt.

Betriebswirt Jörg Petersen von der Controllingberatung Hannover weist darauf hin, dass das Zusammenwirken von operativem und strategischem Früherkennungssystem entscheidend für das dauerhafte Fortbestehen eines Unternehmens ist. Einer dieser Ansätze allein biete langfristig nicht genug Schutz.

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