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Produktsicherheitsgesetz

Gesetz mit vielen Fragezeichen

Sind die Produkte sicher, die Ihr Betrieb an Kunden weitergibt? „Na klar“, sagen Sie. Aber können Sie wirklich für alle Dinge, die Sie verbauen oder verkaufen die Hand ins Feuer legen? Ein neues Gesetz verlangt das.

Schauen Sie einmal in Ihren Ehering. Da steht der Name Ihrer Frau oder Ihres Mannes. Schön. So soll es sein. Legt man das neue Produktsicherheitsgesetz – kurz ProdSG – zugrunde, müssten neben dem Namen Ihres Partners auch noch der Name und die Anschrift des Betriebes eingraviert sein, der den Ring hergestellt hat. Eine eigenwillige Vorstellung.

„Aber gar nicht so abwegig“, sagt Lutz Gathmann. Der Graveurmeister und  Industrie-Designer kennt sich mit dem ProdSG aus. Seit Jahren berät er Unternehmen in Fragen der Produktsicherheit. Was ihn den Kopf schütteln lässt: Das Gesetz ist Ende des vergangenen Jahres in Kraft getreten, aber die Unternehmen und Organisationen haben sich kaum damit auseinandergesetzt. „Die schwimmen alle noch“, sagt Gathmann.

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Was das Gesetz regelt

Das Gesetz ist am 8. November 2011 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht worden und damit gültig. Grob zusammengefasst besagt es:

  • An einem Produkt muss klar ersichtlich sein, wer es auf den Markt gebracht hat
  • Das Wirtschaftsgut muss sicher sein
  • Es muss rückverfolgbar sein, wer das Produkt hergestellt hat.

Was heißt das für's Handwerk? Wenn ein Unternehmer, der Produkte „auf dem Markt bereitstellt“ die Kriterien nicht erfüllt, drohen Strafen. Betroffen seien alle Betriebe, die etwas herstellen und Produkte vertreiben, stellt Gathmann klar. Ausgenommen von den Auflagen sind bisher nur die Nahrungsmittel- und die Gesundheitshandwerke, für die gesonderte Bestimmungen gelten.

„Für Optiker wird es besonders kompliziert“, merkt der Experte an. Wenn eine Brille mit Korrekturstärke verkauft wird, greift das neue Gesetz nicht, wohl aber, wenn sein Kunde das gleiche Gestell mit Fensterglas oder getönten Gläsern ohne Korrekturfunktion als Accessoire erwirbt.

Kritisch wird das Gesetz auch von verschiedenen Handwerksorganisationen gesehen. So moniert der Rechtsexperte des Zentralverbandes der Deutschen Elektro- und Informationstechnischen Handwerke (ZVEH), Alexander Neuhäuser, die Belastung der Handwerksbetriebe. „Im Gegensatz zu Industrieprodukten, die in standardisierten Massen-Fertigungsprozessen standardisierte Massen-Produkte hervorbringen, weisen Handwerksprodukte oft individuelle Merkmale auf“, verdeutlicht Neuhäuser. Besonders kritisch sieht Neuhäuser, dass der Handwerker sogar dann die geforderten Nachweise erbringen müsste, wenn er CE-zertifizierte Produkte zusammenfügt.

 Kleine Betriebe werden unter den Folgen leiden – lesen Sie Seite 3.

Ist ein Anschlusskabel ein eigenes Produkt?

„Das Gesetz wirft schwierige Abgrenzungsfragen auf“, sagt Neuhäuser. So unterliege zum Beispiel ein PC als Verbraucherprodukt der Niederspannungsrichtlinie. Als solches ist der PC als Ganzes mit dem CE-Kennzeichen zu versehen, ehe das Gerät verkauft wird. Dies gilt auch für einen PC, der aus Bauteilen zusammengesetzt wird und dem Kunden dann als Komplettgerät verkauft wird.

Unklar sei aber, ab wann eine individuelle Kennzeichnung erforderlich ist. „Verkauft ein IT-Betrieb nur ein Gehäuse mit eingebautem Netzteil, ist es derzeit noch fraglich, ob es sich im Sinne des ProdSG bereits um ein selbstständiges Produkt handelt. „Individuell konfektionierte Netzanschlusskabel, die separat verkauft werden, sind prinzipiell eigenständige Produkte. Als solche müssten sie die gesamte Prozedur durchlaufen, inklusive Gefährdungsbeurteilung, Prüfung, CE-Kennzeichnung, Typenschild und gegebenenfalls mit eigener Bedienungsanleitung“, schildert der ZVEH-Justiziar.

Produktsicherheitsexperte Gathmann hofft auf die Leitlinien, die der Gesetzgeber derzeit noch erarbeitet. „Ausnahmegenehmigungen für einzelne Wirtschaftszweige wie das Handwerk wird es nicht geben. Schließlich werden hier Vorgaben der EU umgesetzt“, stellt der Fachmann klar. „Wir brauchen eine Art Handlungsempfehlung, an die sich Betriebe, die kleine Produktserien und Ähnliches fertigen, halten können“, appelliert der Fachmann in Richtung Berlin. Gathmann befürchtet, dass gerade die kleinen und mittleren Betriebe ausbaden müssen, was andere verbockt haben. Denn: Die Haftung trägt nach dem ProdSG der, der das zweifelhafte Produkt verkauft hat.

(ha)

Haben Sie sich mit den Folgen des ProdSG auseinander gesetzt? Wir sind gespannt auf Ihre Meinung.

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