Robert Dreyer baut seinen Familienbetrieb mutig aus.
Foto: Denny Gille
Robert Dreyer baut seinen Familienbetrieb mutig aus.

Inhaltsverzeichnis

Holzhelden

Gewagt gewinnt: Mit mutigem Plan zu doppelter Stärke

Für die Übernahme eines neuen Standortes musste Robert Dreyer Aufträge und Mitarbeiterzahl in kurzer Zeit verdoppeln. Wie hat er das angestellt?

Auf einen Blick

  • Tischlermeister Robert Dreyer hatte sich in den letzten Monaten einige Mammutaufgaben gestellt. Ziel: Im laufenden Betrieb einen zweiten Standort übernehmen und schnell auslasten.
  • Die einfache Bierdeckelkalkulation für dieses Vorhaben hieß: „Wir müssen Umsatz und Mitarbeiter verdoppeln“, sagt Robert Dreyer. Hier verrät er, wie er das geschafft hat.

Herausforderungen zu meistern, das war für die Tischlerei Dreyer zuletzt eine Daueraufgabe. Mit der Entscheidung zum Kauf einer zweiten Produktionsstätte hat sich Unternehmer Robert Dreyer einigen Mammutaufgaben gestellt, die er alle gleichzeitig bewältigen musste. Inzwischen kann Dreyer sagen: „Die Arbeit hat sich gelohnt!“ Am alten wie am neuen Standort westlich von Magdeburg laufen die Produktionen und der junge Unternehmer hat etwas Luft, um an Details wie der Büro-Renovierung im hinzugekauften Bestandsbau zu arbeiten.

Wie viel Dynamik am neuen Fertigungsstandort in Wanzleben bei Magdeburg herrscht, zeigt sich in der ersten Minute beim vereinbarten Termin Ende September: Da unterschreiben Robert Dreyer und ein neuer Mitarbeiter gerade einen frischen Arbeitsvertrag. Das war Vertrag Nummer 15 – in Worten: Fünfzehn! – für einen neuen Mitarbeiter innerhalb eines Jahres. Bis Redaktionsschluss im November kamen noch zwei dazu. Und das zu Zeiten des Fachkräftemangels.

Der Plan: Umsatz und Mitarbeiter verdoppeln

Die To-Do-Liste, die Dreyer für die erfolgreiche Übernahme des neuen Standortes abhaken musste, war nicht lang, aber sie hatte es in sich. „Die einfache Bierdeckelkalkulation lautete: Wir müssen Umsatz und Mitarbeiter verdoppeln“, sagt der 32-Jährige Unternehmer. Seinen Entschluss, sich mit der Übernahme eines zweiten Standortes zu verdoppeln, fasste der Tischlermeister und Wirtschaftsingenieur im Herbst 2021. Objekt der Begierde war Fertigungshalle, die nach Insolvenz des Eigentümers seit 2015 brachlag. Zur Ausstattung der geräumigen Halle gehörten eine auf Fensterbau spezialisierte CNC-Technik, eine Lackierstraße und eine große Photovoltaikanlage, durch die die Produktion kaum zugekauften Strom benötigt.

Robert Dreyer schrieb seinen Businessplan und stellte ihn der Bank vor. Größter Kopfschmerzfaktor: Wann muss was erledigt sein? Bezogen auf Personalwachstum und Auftragswachstum lautete Dreyers Antwort: „Ich brauchte alles gleichzeitig.“ Also ging er Auftragsakquise und Mitarbeitergewinnung parallel an. Vorteil: „Ich konnte im laufenden Betrieb einstellen und manche Auftragsspitze mit unserem Bestandsbetrieb in Wulferstedt abfangen“, sagt Dreyer.

Zwei wesentliche Mitarbeitergewinnungsstrategien

Dass der Standort Wulferstedt zwischenzeitlich personell etwas aus den Nähten platzte, lag in der Natur der Sache: Den Kaufvertrag unterschrieb der Unternehmer im April dieses Jahres; er musste jedoch lange vorher einstellen, um die 15 neuen Mitarbeitenden für den neuen Standort rechtzeitig zu gewinnen. Dass das überhaupt gelang, lag vor allem an zwei Mitarbeitergewinnungsstrategien:

  1. „Wir haben sämtliche ehemalige Mitarbeiter der alten Tischlerei kontaktiert“, sagt Dreyer. So konnten mehrere Teammitglieder gewonnen werden – darunter beispielsweise ein 60-Jähriger Facharbeiter.
  2. Online-Werbung – aber richtig. Robert Dreyer hat mit Leon Thiepold jemanden eingestellt, dessen Aufgaben vorrangig die Social-Media-Strategie und Online-Kampagnen sind und ausdrücklich nicht das Tagesgeschäft. Dafür bekommt er ein monatliches Werbebudget, das in die Auftrags- und Mitarbeitergewinnung und digitale Präsenz des Betriebs investiert wird. Ein Ergebnis: „In sieben Monaten haben wir über 100 Bewerbungen bekommen“, sagt Dreyer. Die interessantesten Kandidaten lud der Unternehmer zum Gespräch ein.

Als einen Schlüssel zum Erfolg bei der Personalsuche gilt für Robert Dreyer auch die Spezialisierung der neuen Halle. In Wulferstedt ist das Unternehmen auf den handwerklichen Fensterbau unter anderem für den Bereich Denkmalschutz spezialisiert und bedient vielfältige Anfragen rund um das Tischlerhandwerk.

Qualifikation: Quereinsteiger willkommen

Solche Mitarbeiter braucht man: Werkstattmeister Andreas Tüfer (links) leitet eigenverantwortlich das Team am neuen Standort.
Foto: Denny Gille
Solche Mitarbeiter braucht man: Werkstattmeister Andreas Tüfer (links) leitet eigenverantwortlich das Team am neuen Standort.

Ganz anders sah der Plan für den neuen Standort aus: eine hochspezialisierte Serienfertigung. „Wir produzieren in Wanzleben nur Fenster und nichts anderes“, sagt Dreyer. Vorteil bei der Personalsuche: „Ich kann die Qualifikationen breiter streuen – es muss hier nicht jeder ein Profi in jedem Bereich des Tischlerhandwerks sein.“ So habe sich mancher Quereinsteiger zum wertvollen Teammitglied gemausert.

Über die zwei Standorte kann der Unternehmer das Team je nach persönlichem Interesse und Fähigkeiten unterbringen und weiterentwickeln. „Wir haben mit Claus Cynybulk zum Beispiel einen Kfz-Mechaniker umgeschult, der macht jetzt die Meisterschule und ist ein absolut leidenschaftlicher Tischler geworden. Seine Zukunft sehe ich in Wulferstedt bei besonders anspruchsvollen handwerklichen Arbeiten.“

Als Ausbildungsbetrieb sorgt die Tischlerei auch kontinuierlich für Nachwuchs – aktuell mit fünf Azubis im Tischlerhandwerk und manchem Erfolgserlebnis: „Unsere Gesellin Isabel Neutsch hat ihre Ausbildung bei uns im Sommer als zweitbeste des Landes abgeschlossen.“

Letzte Hürde: die Maschinen

Herzstück der Fensterfertigung ist diese CNC-Maschine von Biesse.
Foto: Denny Gille
Herzstück der Fensterfertigung ist diese CNC-Maschine von Biesse.

Als sich abzeichnete, dass Auftragseingänge und Mitarbeiterzahl wie gewünscht wuchsen, blieb vor der Übernahme nur noch eine kritische Frage zu klären: Funktionieren die Maschinen? „Die auf Fensterbau spezialisierte CNC-Maschine war eine der ersten ihrer Baureihe – und es war unklar ob sie nach Jahren des Stillstands noch zuverlässig arbeiten würde“, berichtet der Unternehmer.  

Seine Lösung für das Maschinenproblem lag in einer Aufgabe an die Vorbesitzer. Die lautete: „Konstruiert mir zehn komplexe Fenster vom Bogen bis zum Dreieck und ich kaufe die Halle“, erzählt Dreyer. Die Alteigentümer willigten ein. „Das war ein spannender Freitag“, erinnert sich der 32-Jährige. Es lief nicht alles glatt, doch am Ende wurden die Fenster wie vorgegeben gebaut. Um noch die letzten Kinderkrankheiten der CNC-Maschine auszumerzen, musste der Unternehmer noch einmal richtig Geld in die Hand nehmen. „Der Maschinenmonteur des Herstellers war hier drei Wochen beschäftigt – aber jetzt läuft sie genau wie wir es uns wünschen“, sagt Dreyer.

Erste Erfolge

Reiner Dreyer hat den Betrieb 2019 an Sohn Robert übergeben. Er arbeitet noch aktiv im Betrieb mit und steht dem Sohn mit Rat und Tat zur Seite.
Foto: Denny Gille
Reiner Dreyer hat den Betrieb 2019 an Sohn Robert übergeben. Er arbeitet noch aktiv im Betrieb mit und steht dem Sohn mit Rat und Tat zur Seite.

Ein finanzielles Polster habe der Unternehmer trotz solcher zusätzlichen Ausgaben aufrechthalten können. „Schon unter der Leitung meines Vaters habe ich gelernt, dass es wichtig ist Liquidität für plötzliche Ausfälle oder größere Investitionen aufzubauen“, sagt Robert Dreyer. Auch sonst ist der Jungunternehmer für den Rückhalt in der Familie dankbar. „Ich erfahre eine unglaubliche Unterstützung durch meine gesamte Familie, insbesondere durch meine Eltern“, sagt Dreyer. Der Senior arbeitet noch an der Seite des Unternehmers, das Steuer aber hat er 2019 komplett an den 32-Jährigen übergeben.

Der steuert das Unternehmen nun auf ganz neue Umsatzziele zu. Erste Großaufträge hat das neue Team am neuen Standort dafür schon bewältigt. „Ende September haben wir den ersten richtig großen Auftrag in der neuen Fertigungshalle mit über 140 Fenstern für ein Berliner Projekt abgeschlossen. In Wulferstedt wäre das nicht möglich gewesen“, berichtet Dreyer stolz. Ein großes Lob gelte seinen Mitarbeitenden, die den gesamten Prozess mit viel Engagement, Selbstständigkeit und Organisationstalent erleichtert hätten. „Ohne mein großartiges Team hätte dieses ganze Vorhaben nicht funktioniert.“

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