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Gläserner Unternehmer trifft GEZ

Was sich die "Stasi mühsam erarbeiten" musste, gibt’s heute auf Knopfdruck. Das sagt der Handwerksmeister Thomas Richter-Mendau: "Ein Überwachungsstaat hat den anderen abgelöst." Behörden wie die GEZ profitieren davon.

Er ist Tischlermeister in Sachsen-Anhalt. Er beschäftigt 20 Mitarbeiter. Und es ist für ihn "hart gefühlte Realität", dass die "Gängelbänder der Gesetzesbürokratie" sich gegenseitig mit Daten versorgen. Gängelband? Der Duden definiert den Begriff so: "Band, an dem ein Kind beim Laufenlernen geführt und zugleich festgehalten wird." Streiche Kind, setze Unternehmer.

Richter-Mendau ist keiner, der Tränen vergießt, wenn er an die DDR denkt. Er verweist lediglich auf einen Unterschied zur BRD der Gegenwart, der ihm nicht gefällt. "Was sich die Stasi mühsam erarbeiten musste, gibt’s heute auf Knopfdruck." Der Datenaustausch sei im Jahre 2012 demokratisch legitimiert und gesetzlich verbrieft. Die Folge: "Die Leistungsträger werden aus der Menge herausgefiltert und zur Kasse gebeten."

Was die GEZ damit zu tun hat? Lesen Sie Seite 2.

Schnüffelparagraf der Gebührenjäger

Beispiel Einwohnermeldeamt: Ohne konkrete Anfrage werden Personendaten an das Straßenverkehrsamt und andere öffentliche Stellen verschickt. Dazu gehört auch die Gebühreneinzugszentrale (GEZ). Und wer weiß schon, wer alles mitliest, wenn er eine Baugenehmigung unterschreibt. "Der Finanzbeamte ist dabei, natürlich, das Arbeitsamt, die Berufsgenossenschaft und das Katasteramt sowieso", sagt Richter-Mendau.

Alles halb so wild? Schon möglich, aber mit jedem neuen Jahr kommen neue Regeln hinzu, der Datentransfer wird verschärft. Beispiel Schnüffelparagraf: Vermieter und Wohnungsverwalter sollen künftig per Gesetz dazu gezwungen werden, der Gebühreneinzugszentrale genaue Angaben über ihre Mieter zu melden. Das sieht der Paragraf 9 des neuen Rundfunkstaatsvertrages vor, Anfang 2013 wird der Gesetzestext in Kraft treten.

Die Lübecker Nachrichten schreiben dazu: "Die Auskunftspflicht beinhaltet unter anderem Namen der Bewohner und deren Geburtsdaten, Beginn des Mietverhältnisses oder – im Falle von Firmen – die Zahl der Beschäftigten."

Auch Sie sind zur Allwissenheit verpflichtet – lesen Sie Seite 3.

Richtig nackt – richtig teuer

Irgendwann ist der Unternehmer richtig nackt ist, alle wissen alles über ihn. Und dann steht er "stets weitergebildeten Fachleuten" gegenüber. Auch das nervt Richter-Mendau: "Sachbearbeiter einer Behörde pflegen in der Regel ein einziges Fach- und Sachgebiet. Der zur Allwissenheit verpflichtete Unternehmer kann das wiederum nur ansatzweise erfassen. Aber bei vollem Haftungsrisiko."

Der Mann vom Gewerbeaufsichtsamt weiß alles über Gewerberecht. Der Berufsgenossenschaftler alles über Arbeitsschutz, Arbeitszeiten, medizinische Untersuchungen. Die Finanzämter haben wiederum Sachbearbeiter für jede Steuerart: Umsatzsteuer, Einkommenssteuer, Lohnsteuer. Richter-Mendau: "Das sind alles Fachleute, die Strafen verhängen dürfen, wenn irgendetwas nicht ganz korrekt ist." Übrigens: Auch die GEZ darf in Zukunft ein "Verwaltungszwangsverfahren" anleiern, wenn Hauseigentümer die Auskunft über den "Lebenssachverhalt" der Mieter verweigern.

Dabei könnte das Leben so schön sein. Man stelle sich einmal vor, die Sachbearbeiter der Behörden würden ihr Wissen und den Datenstrom positiv einsetzen. Als Dienstleister: "Wir haben dies und das kontrolliert und einen Fehler entdeckt. Das könnten Sie verbessern, wir hätten da einen Vorschlag." Aber so etwas, sagt Richter-Mendau, denken sich nur harmoniesüchtige handwerk.com-Redakteure aus. Seine Befürchtung: "Wenn Jonny Controlletti nicht mehr kontrollieren kann, würde er sich ja überflüssig machen."

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(sfk)

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