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Energieberater

Gut im Geschäft – schlecht im Verdienen

Da ist so viel Geld im Spiel: Doch eine neue "Energieeffizienzexpertenliste" schreckt Betriebe ab, die ihre Kunden energetisch beraten und gleichzeitig auf Aufträge aus sind. Wer als Energieberater auf Umsätze hofft, muss umdenken.

Die energetische Sanierung ist ein lukratives Geschäft. Für Handwerker und Kunden kann es aber schnell zum Ärgernis werden. „Wer sich für die falschen Maßnahmen entscheidet, kann leicht 50.000 Euro investieren und nichts für den Energiehaushalt des Gebäudes tun“, sagt Tomas Titz, Geschäftsführer der Tomas Titz Gebäudeenergieberatung UG.

Titz ist Energieberater aus Überzeugung und Vorsitzender des Vereins der Gebäudeenergieberater, Ingenieure und Handwerker Niedersachsen. Er kennt die Tugenden und Tücken seiner "Kaste" und weiß: Die pauschale Vorliebe für bestimmte Standard-Maßnahmen und Standard-Produkte sind häufig für schlechte Resultate verantwortlich. Dagegen ist kein Berufsstand immun, egal ob der Berater Architekt, Bauingenieur oder Handwerker ist.

Das Al Bundy-Syndrom: Sogar Schuhverkäufer können als Energieberater auftreten – lesen Sie Seite 2.

 

Die Schattenseite der Qualitätssicherung

Weil „Energieberater“ keine geschützte Berufsbezeichnung ist, könnte er sogar Schuhverkäufer sein. Das macht es schwer, die Qualität der Beratung zu sichern.

Dieses Problem sind nun die Deutsche Energie-Agentur Dena und die KfW-Förderbank angegangen. Die KfW finanziert viele Sanierungen mit Geld vom Staat über Zuschüsse oder günstige Darlehen. Dafür erwartet sie hochwertige Ergebnisse. Das soll die Energieeffizienzexpertenliste sichern, die Dena und KfW geschaffen haben. Fördergelder der KfW stehen damit ab Februar 2014 nur noch Projekten zu, die von einem Experten aus dieser Liste betreut wurden.

Ein Vorhaben, das nicht nur Lob erntet. „Für die Gebäudeenergieberater im Handwerk verschlechtert sich die Situation“, sagt Anne Schuette, Beauftragte für Innovation und Technologie bei der Handwerkskammer Hildesheim-Südniedersachsen.

Die Handwerkskammern bieten Lehrgänge an, die Handwerker sowie Architekten und Bauingenieure zu Gebäudeenergieberatern weiterbilden. Diese spezielle Weiterbildung wird im Gegensatz zum einfachen Energieberater mit einer Zertifikatsprüfung abgeschlossen. Sie genügt jedoch nicht immer, um in die neue Dena-Liste aufgenommen zu werden. Die Anforderungen an einen Dena-Energieeffizienzexperten sind etwas umfangreicher: 240 Stunden nimmt die Erstausbildung zum Energieexperten in Anspruch. Wer schon ein Zertifikat hat, kommt mit einer Nachschulung über 16 Stunden aus. Auch diese Schulungen bieten die Handwerkskammern an.

Isolationshaft für Energieberatung: Wichtige Einnahmequellen werden ausgesperrt – lesen Sie Seite 3.

Schlüsselkompetenzen entzogen

Der zusätzliche Schulungsaufwand steht auf der einen Seite, auf der anderen soll energieberatenden Handwerksunternehmen ab 2014 eine wichtige Einnahmequelle wegbrechen: Bisher durfte ein einzelner Betrieb etwa bei der Modernisierung der Fenster oder der Installation einer neuen Heizungsanlage den Kunden gleichzeitig beraten und die Maßnahme umsetzen. Nach Abschluss der Arbeiten hat er die Wirksamkeit der erledigten Arbeiten bestätigt – das ist nötig, um den Förderzuschlag der KfW-Bank zu erhalten.

Das ist künftig nicht mehr möglich, stattdessen ist ein externer Sachverständiger für Beratung und Kontrolle zuständig – die Beratung wird strikt von der Realisierung getrennt. Die Reaktionen ließen - laut Anne Schuette von der Handwerkskammer Hildesheim-Südniedersachsen - nicht lange auf sich warten: „Wir haben große Probleme, die Gebäudeenergieberater im Geschäft zu halten. Sie kritisieren, dass der zusätzliche Aufwand keinen Effekt auf ihre Aufträge hat. Je weniger man mit dem Zertifikat anfangen kann, desto geringer ist die Nachfrage.“

Energieberater Tomas Titz dagegen begrüßt zumindest generell den Qualitätsvorstoß. Doch für ihn soll die Beratung auch kein Beibrot sein. Stattdessen gehört der Berater als Bindeglied zwischen die ausführenden Gewerke und den Kunden. Titz hat sich von seinem einstigen Kerngeschäft als Installateur- und Heizungsbauer 2009 verabschiedet und wurde Vollzeit-Gebäudeenergieberater. Mittlerweile ist sein Ein-Mann-Betrieb auf drei Mitarbeiter gewachsen. „Beides zusammen wäre kein Fisch und kein Fleisch gewesen“, sagt Titz. Die zertifizierte Weiterbildung zum Energieberater kostet etwa 2.000 Euro. Dafür gibt es den berühmten Blick über den Tellerrand. Und das lohnt sich selbst im Tagesgeschäft jenseits der gewerblichen Energieberatung. Denn wer über sein eigenes Gewerk hinaus denkt, wirkt auf den Kunden souveräner als der Wettbewerb. Das schafft Vertrauen – und Vertrauen schafft Aufträge.

von Denny Gille


Mehr Hintergründe über die Chancen und Tücken der Energieeffizienz, finden Sie hier:

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