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Foto: handwerk.com

Mini-Shitstorm

Handlangerin der Hintergedanken?

Claudia M. macht munter weiter. Auch ein Mini-Shitstorm im Internet kann die Rechtsanwältin nicht von ihrer Arbeit abhalten. Sie vertritt weiter ein – um es mal vorsichtig auszudrücken – spezielles Online-Branchenverzeichnis. Ein aktuelles Beispiel.

Der Bremer Rechtsanwalt Gernot W. Borchert ist ein Weggefährte der handwerk.com-Redaktion, er verteidigt seit Jahren und mit viel Erfolg Betriebe gegenüber zweifelhaften Auftragsvermittlern. Derzeit befasst sich Borchert mit einem anderen Thema. Das spezielle Online-Branchenverzeichnis setzt einen seiner Mandanten unter Druck.

Einer der Mitarbeiter des Unternehmers hatte gutgläubig ein Fax unterzeichnet, das einem Behördenschreiben glich. Jetzt soll der Chef 1138,12 Euro bezahlen.

In einem Telefonat hat uns Borchert vor einigen Tagen von der Kölner Anwältin der Gegenseite erzählt. Deren Methoden seien ungewöhnlich forsch. Eine Anwältin aus Köln? Ungewöhnlich forsch? Da war doch was. Und tatsächlich, es handelt sich um dieselbe Juristen, über die handwerk.com bereits Ende 2012 berichtet hatte. Offenbar hat Claudia M. ihre Methoden noch einmal verfeinert.

Guter Vergleich: Als würde ein Brötchen 8 Euro kosten – lesen Sie Seite 2.

Hintergedanken offensichtlich

Borchert schockiert es, dass sich Kollegen seiner Zunft nicht mit den „offensichtlichen Methoden“ auseinandersetzen, auf denen solche Forderungen basieren: „Meiner Meinung nach ist es standesrechtlich mehr als bedenklich, sich von solchen Mandanten als Geldeintreiber instrumentalisieren zu lassen.“

In einem Verfahren gegen die Auftraggeberin von Claudia M. hat das Amtsgericht Düsseldorf unlängst entschieden, dass „der Beklagten keinerlei Ansprüche finanzieller Art […] zustehen, insbesondere nicht aus einem angeblich abgeschlossenen Vertrag über die Aufnahme der klagenden Partei in die Onlinedatenbank der Beklagten“. (Az. 47 c 12104/12) Zudem hatte der Bundesgerichtshof Formulierungen aus ähnlichen Verträgen für unwirksam erklärt. (Az. VII ZR 262/11)

Claudia M. können solche Kleinigkeiten nicht bremsen. Das „äußere Erscheinungsbild“ des aktuellen Vertrages ihrer Mandantin unterscheide sich deutlich von den Formularen aus dem BGH-Urteil. Auch die Höhe des Geldbetrages sei unter der „fett gehaltenen Überschrift Leistungsübersicht“ gut zu erkennen, schreibt sie. Borcherts Kommentar: „Meiner Meinung müsste die Rechtsanwältin die Argumentation ihrer Mandantschaft hinterfragen.“

Und müssten nicht auch Richter hinterfragen, warum ein Unternehmen eine Dienstleistung anbietet, die ohnehin kostenlos oder für Kleckerbeträge angeboten wird? Und warum das Unternehmen eine Leistung für einen Preis anbietet, der unter normalen Umständen absolut chancenlos wäre? Und mal angenommen, ein Backshop-Betreiber würde für ein Brötchen 8 Euro verlangen, den Preis aber nur sehr klein auf die Brötchentüte schreiben. Und weiter angenommen, der Unternehmer würde den Preis noch mit dem Hinweis ergänzen: "Berühren verpflichtet zum Kauf." Könnte es sein, dass ein Richter dem Backshop-Chef einen Hintergedanken unterstellen würde?

Claudia M. und der Mini-Shitstorm – lesen Sie die nächste Seite.

Gerichte folgen Salami-Taktik

Letztlich, sagt Borchert, sei es das System der Rechtsprechung selbst, das Anwälten wie Claudia M. zu Aufträgen verhilft. Und das begründet der Bremer Rechtsanwalt so: Die Gerichte folgen der "Salami-Taktik" dubioser Unternehmen. Im einzelnen Prozess gehe es immer aufs Neue um einzelne Merkmale strittiger Formulare. Was ist die Alternative? „Die Rechtsprechung muss ein generelles Urteil über die stets gleiche Systematik der unaufgefordert verschickten, behördenähnlichen Schreiben fällen“, meint Borchert.

Der Jurist ist nicht der einzige Rechtsanwalt, der es bedenklich findet, wenn sich Angehörige eines rechtsberatenden Berufes zum Handlager dubioser Unternehmen machen. Seit 2012 bläst Claudia M. eine Art Mini-Shitstorm ins Gesicht, verschiedene Kanzleien haben ihren Namen und ihre Methoden im Internet veröffentlicht.

Aber das hält Claudia M. nicht von ihrer Arbeit ab, sie formuliert weiter verbale Daumenschrauben. In einem Brief an Borchert steht: „Unsere Mandantin gibt Ihrer Mandantschaft […] letztmalig Gelegenheit, die Angelegenheit außergerichtlich zu bereinigen.“ Der Vergleichsvorschlag: 450 Euro. Der Betrag sei nicht verhandelbar. Aber verhandeln wird auch Borchert nicht: „Vor dem Hintergrund der derzeitigen Rechtsprechung kann ich das Schreiben der Kollegin nicht ernst nehmen. Mein Mandant wird jedenfalls keinen Cent bezahlen.“

Eine Presseanfrage zu den Vorhaltungen gegen sie hat Claudia M. nicht beantwortet. Unter anderem hatten wir sie darauf hingewiesen, dass sie als Rechtsanwältin jederzeit das Recht hat, ihr Mandat niederzulegen. Leider hat die Frau, die so viele Dokumente verschickt, in diesem Fall auf eine Antwort verzichtet.

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(sfk)

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